Die Symptomatizität liegt nach ständiger Rechtsprechung des BGH vor, wenn der Hang zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln allein oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu erwarten ist. Die konkrete Anlasstat muss in dem Hang ihre Wurzeln finden, also Symptomwert für diesen haben, indem sich in ihr die hangbedingte Gefährlichkeit des Täters äußert (vgl. BGH, Beschl. v. 27.6.2019 – 3 StR 443/18 m.w.N.).
Hinweis:
Die Symptomatizität kommt nicht nur bei typischen Betäubungsmitteldelikten in Betracht, sondern kann grds. bei jeder Straftat gegeben sein. In Betracht kommen insb. unter Rauschmitteleinfluss begangene Taten gegen Leib und Leben, hier wird oftmals eine rauschbedingte Enthemmung (mit-)ursächlich für die Tat sein. Aber auch bei Sexualdelikten kann, wenngleich eher selten, ein symptomatischer Zusammenhang zwischen Hang und Tat gegeben sein (vgl. BGH, Beschl. v. 20.12.2018 – 1 StR 600/18).
Insbesondere in Fällen der sog. Beschaffungskriminalität liegt die Symptomatizität regelmäßig nahe (BGH NStZ-RR 2017, 198). Dabei muss es sich nicht zwingend um reine Drogendelikte nach dem BtMG handeln. Vielmehr kann "mittelbare" Beschaffungskriminalität genügen, etwa wenn sich der Angeklagte durch Diebstähle Wertgegenstände verschafft, um sich durch deren spätere Veräußerung Mittel u.a. für den Rauschgifterwerb zu besorgen (BGH NStZ-RR 2018, 273).
Hinweis:
Einen Automatismus dahingehend, dass bei Betäubungsmitteltaten immer von einem Hang bzw. von der Symptomatizität auszugehen sei, gibt es indes nicht. Dient etwa der Drogenhandel ausschließlich der Beschaffung von Geldmitteln zur Bestreitung des allgemeinen Lebensunterhalts, ist für die Anwendung des § 64 StGB kein Raum (vgl. BGH, Beschl. v. 27.6.2019 – 3 StR 443/18).
Der Hang muss nicht die alleinige Tatursache sein. Es ist deshalb verfehlt, den symptomatischen Zusammenhang allein deshalb zu verneinen, weil die Tat "nicht unmittelbar" auf eine Suchterkrankung zurückgeht, sondern daneben auch auf allgemeine charakterliche Mängel oder auf eine dissoziale Verhaltensbereitschaft des Angeklagten (BGH NStZ-RR 2018, 273 und Beschl. v. 21.3.2019 – 3 StR 81/19) oder auf eine Persönlichkeitsdisposition (BGH, Beschl. v. 27.8.2019 – 4 StR 330/19). Auch kann es genügen, wenn der Hang "nur" Einfluss auf die Qualität und Intensität der Anlasstat hatte (Fischer, § 64 Rn 13a). Ein bloßes "Mut-Antrinken" erleichtert dagegen lediglich die Tatausführung und begründet die Symptomatizität nicht (BGH, Beschl. v. 17.7.2018 – 4 StR 173/18).