Die Tat (oder zumindest eine von mehreren Taten) muss im Rausch begangen worden sein oder auf den Hang des Angeklagten zurückgehen, wobei der Hang insoweit den Oberbegriff darstellt; die Tatbegehung im Rausch ist ein Unterfall (BGH NStZ-RR 2016, 169).
Diese sog. Symptomatizität muss positiv festgestellt werden, für die Anwendung des Zweifelssatzes ist hier kein Raum (BGH, Beschl. v. 27.6.2019 – 3 StR 443/18). Können entsprechende sichere Feststellungen nicht getroffen werden, scheidet eine Unterbringung aus.
Hinweis:
Das Gericht hat die Grundlagen, aufgrund derer es die Symptomatizität, also den symptomatischen Zusammenhang zwischen Hang und Tat, bejaht, in den Urteilsgründen sorgfältig darzulegen. Dem ist nicht Genüge getan, wenn lediglich festgestellt wird, dass der Angeklagte vor der Tat erhebliche Mengen Alkohol zu sich genommen habe und es zu deutlich wahrnehmbaren Ausfallerscheinungen gekommen sei (BGH NStZ 2013, 37). Derartiges kann auch bei einem einmaligen Rausch auftreten.
1. Tatbegehung "im Rausch"
Eine Tat ist "im Rausch" begangen, wenn sich der Täter während ihrer Begehung in dem für das jeweilige Rauschmittel typischen, die geistig-psychischen Fähigkeiten beeinträchtigenden Intoxikationszustand befand (BGH NStZ-RR 2012, 739).
2. Tatbegehung aufgrund des Hangs/Symptomatizität
Die Symptomatizität liegt nach ständiger Rechtsprechung des BGH vor, wenn der Hang zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln allein oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu erwarten ist. Die konkrete Anlasstat muss in dem Hang ihre Wurzeln finden, also Symptomwert für diesen haben, indem sich in ihr die hangbedingte Gefährlichkeit des Täters äußert (vgl. BGH, Beschl. v. 27.6.2019 – 3 StR 443/18 m.w.N.).
Hinweis:
Die Symptomatizität kommt nicht nur bei typischen Betäubungsmitteldelikten in Betracht, sondern kann grds. bei jeder Straftat gegeben sein. In Betracht kommen insb. unter Rauschmitteleinfluss begangene Taten gegen Leib und Leben, hier wird oftmals eine rauschbedingte Enthemmung (mit-)ursächlich für die Tat sein. Aber auch bei Sexualdelikten kann, wenngleich eher selten, ein symptomatischer Zusammenhang zwischen Hang und Tat gegeben sein (vgl. BGH, Beschl. v. 20.12.2018 – 1 StR 600/18).
Insbesondere in Fällen der sog. Beschaffungskriminalität liegt die Symptomatizität regelmäßig nahe (BGH NStZ-RR 2017, 198). Dabei muss es sich nicht zwingend um reine Drogendelikte nach dem BtMG handeln. Vielmehr kann "mittelbare" Beschaffungskriminalität genügen, etwa wenn sich der Angeklagte durch Diebstähle Wertgegenstände verschafft, um sich durch deren spätere Veräußerung Mittel u.a. für den Rauschgifterwerb zu besorgen (BGH NStZ-RR 2018, 273).
Hinweis:
Einen Automatismus dahingehend, dass bei Betäubungsmitteltaten immer von einem Hang bzw. von der Symptomatizität auszugehen sei, gibt es indes nicht. Dient etwa der Drogenhandel ausschließlich der Beschaffung von Geldmitteln zur Bestreitung des allgemeinen Lebensunterhalts, ist für die Anwendung des § 64 StGB kein Raum (vgl. BGH, Beschl. v. 27.6.2019 – 3 StR 443/18).
Der Hang muss nicht die alleinige Tatursache sein. Es ist deshalb verfehlt, den symptomatischen Zusammenhang allein deshalb zu verneinen, weil die Tat "nicht unmittelbar" auf eine Suchterkrankung zurückgeht, sondern daneben auch auf allgemeine charakterliche Mängel oder auf eine dissoziale Verhaltensbereitschaft des Angeklagten (BGH NStZ-RR 2018, 273 und Beschl. v. 21.3.2019 – 3 StR 81/19) oder auf eine Persönlichkeitsdisposition (BGH, Beschl. v. 27.8.2019 – 4 StR 330/19). Auch kann es genügen, wenn der Hang "nur" Einfluss auf die Qualität und Intensität der Anlasstat hatte (Fischer, § 64 Rn 13a). Ein bloßes "Mut-Antrinken" erleichtert dagegen lediglich die Tatausführung und begründet die Symptomatizität nicht (BGH, Beschl. v. 17.7.2018 – 4 StR 173/18).