a) Annahme der Verfassungsbeschwerde, Entscheidung durch die Kammer
Die Annahme der Verfassungsbeschwerde erfolgte nach § 93a Abs. 2 Buchst. b BVerfGG, weil dies zur Durchsetzung des als verletzt gerügten Rechts des Beschwerdeführers auf Gleichbehandlung gem. Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt ist. Die Entscheidung konnte von der Kammer getroffen werden, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden sind. Der vorliegende Fall betrifft die Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG (das Gericht verweist insoweit auf BVerfGE 129, 49 [68 f.]; 130, 240 [252 ff.]) aufgrund der Ungleichbehandlung wegen der sexuellen Orientierung (insoweit werden die früheren Entscheidungen BVerfGE 124, 199 [218 ff.] = NJW 2010, 1439; BVerfGE 133, 377 [407 ff. Rn 73 ff.] = NJW 2013, 2257 mit Anm. Sanders, S. 2236 angeführt).
Die Verfassungsbeschwerde ist zudem offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 S. 1 BVerfGG). Die angegriffenen Urteile verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG, soweit sie im Zeitraum vor November 2006 einen Anspruch auf Neuberechnung der Rente unter Verweis auf den fehlenden Antrag verneinen.
b) Begründung der Entscheidung
aa) Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab
Die Prüfung des Vorbringens des Beschwerdeführers erfolgt an Hand des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich, sowie wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird.
Es gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach-und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reicht er vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Die Anforderungen verschärfen sich umso mehr, je mehr die Merkmale sich den in Art. 3 Abs. 3 GG ausdrücklich benannten annähern. Für die Kontrolle, ob ein hinreichend gewichtiger Differenzierungsgrund vorliegt, der eine Ungleichbehandlung von verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern zu rechtfertigen vermag, gilt danach ein strenger Maßstab, da die unterschiedliche Behandlung von Menschen in einer Ehe und in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft an das in Art. 3 Abs. 3 GG erwähnte personenbezogene Merkmal der sexuellen Orientierung anknüpft. Der Beschwerdeführer erhält im vorliegenden Fall für einen bestimmten Zeitraum keine Rentennachzahlung, weil er keinen Antrag gestellt hat, was wiederum darauf beruht, dass er nicht verheiratet war, sondern in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebte.
bb) Kein Antragserfordernis vor dem 7.7.2009
Das BVerfG entscheidet, die uneingeschränkte Anwendung der Vorschrift zum Antragserfordernis auf verpartnerte Versicherte benachteilige jedenfalls im Zeitraum vor dem 7.7.2009 (Erlass der Entscheidung BVerfG – 1 BvR 1164/07, a.a.O., s.o. unter 2) den Beschwerdeführer in nicht gerechtfertigter Weise und die angegriffenen Urteile verkennen insofern die Anforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG an die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts. Im Ausgangspunkt zutreffend gehen die Fachgerichte allerdings davon aus, dass verpartnerte Versicherte in Bezug auf die bei der Berechnung der Zusatzrente heranzuziehenden Steuerklasse in gleicher Weise zu begünstigen sind, wie verheiratete Versicherte. Dies entspricht der Rechtsprechung des BVerfG (s. insb. BVerfGE 133, 377, wonach weder der in Art. 6 Abs. 1 GG verankerte besondere Schutz der Ehe noch die im Steuerrecht bestehende Typisierungsbefugnis eine Differenzierung zwischen den Instituten der Ehe und der eingetragenen Lebenspartnerschaft rechtfertigt).
Hinweis:
Mit dem zum 1.1.2005 in Kraft getretenen Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15.12.2004 wurde das Recht der eingetragenen Lebenspartnerschaft noch näher dem Eherecht angeglichen und auf die Normen zur Ehe im weitem Umfang (hinsichtlich Güterrecht, Unterhaltsrecht, Scheidungsrecht, Stiefkinderadoption, Versorgungsausgleich, Hinterbliebenenversorgung) Bezug genommen. Zum Teil hat man in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, die Mehrzahl der für die eheliche Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch konstitutiven Merkmale seien erst mit jenem Gesetz auf die eingetragene Lebenspartnerschaft ausgedehnt worden, weshalb diese bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. 1.2005 nicht als eine der Ehe vergleichbare Gemeinschaft ausgestaltet war, sodass die Privilegierung der Ehe durch Art. 6 Abs. 1 GG vor dem Jahre 2005 eine Ungleichbehandlung rechtfertigte.
So etwa das BAG (Urt. v. 11.12.2012 – 3 AZR 684/10), das in Rn 21 f. ausführt, hinterbliebene eingetragene Lebenspartner befänden sich jedenfalls seit dem 1.1.2005 hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung in einer Eheleuten vergleichbaren Situation, nicht aber bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des LPartG am...