Das BVerfG entscheidet, die uneingeschränkte Anwendung der Vorschrift zum Antragserfordernis auf verpartnerte Versicherte benachteilige jedenfalls im Zeitraum vor dem 7.7.2009 (Erlass der Entscheidung BVerfG – 1 BvR 1164/07, a.a.O., s.o. unter 2) den Beschwerdeführer in nicht gerechtfertigter Weise und die angegriffenen Urteile verkennen insofern die Anforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG an die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts. Im Ausgangspunkt zutreffend gehen die Fachgerichte allerdings davon aus, dass verpartnerte Versicherte in Bezug auf die bei der Berechnung der Zusatzrente heranzuziehenden Steuerklasse in gleicher Weise zu begünstigen sind, wie verheiratete Versicherte. Dies entspricht der Rechtsprechung des BVerfG (s. insb. BVerfGE 133, 377, wonach weder der in Art. 6 Abs. 1 GG verankerte besondere Schutz der Ehe noch die im Steuerrecht bestehende Typisierungsbefugnis eine Differenzierung zwischen den Instituten der Ehe und der eingetragenen Lebenspartnerschaft rechtfertigt).
Hinweis:
Mit dem zum 1.1.2005 in Kraft getretenen Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15.12.2004 wurde das Recht der eingetragenen Lebenspartnerschaft noch näher dem Eherecht angeglichen und auf die Normen zur Ehe im weitem Umfang (hinsichtlich Güterrecht, Unterhaltsrecht, Scheidungsrecht, Stiefkinderadoption, Versorgungsausgleich, Hinterbliebenenversorgung) Bezug genommen. Zum Teil hat man in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, die Mehrzahl der für die eheliche Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch konstitutiven Merkmale seien erst mit jenem Gesetz auf die eingetragene Lebenspartnerschaft ausgedehnt worden, weshalb diese bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. 1.2005 nicht als eine der Ehe vergleichbare Gemeinschaft ausgestaltet war, sodass die Privilegierung der Ehe durch Art. 6 Abs. 1 GG vor dem Jahre 2005 eine Ungleichbehandlung rechtfertigte.
So etwa das BAG (Urt. v. 11.12.2012 – 3 AZR 684/10), das in Rn 21 f. ausführt, hinterbliebene eingetragene Lebenspartner befänden sich jedenfalls seit dem 1.1.2005 hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung in einer Eheleuten vergleichbaren Situation, nicht aber bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des LPartG am 1.8.2001; zustimmend offenbar Ahrendt in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 18. Aufl., § 36 Rn 14 und Vogelsang a.a.O., § 274, Rn 158. s. ferner das abweichende Votum, BVerfG, Beschl. v. 7.5.2013 – 2 BvR 909/06 u.a., BVerfGE 133, 377, Rn 116 ff. Die Mehrheit des Senats ist dem jedoch im Jahre 2013 nicht gefolgt. Sie entschied, dass Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG vermöge allein die Ungleichbehandlung der familienrechtlichen Institute der Ehe und der Lebenspartnerschaft nicht zu rechtfertigen, da beide in vergleichbarer Weise rechtlich verbindlich verfasste Lebensformen darstellen und in ihren Grundstrukturen bereits seit Einführung der Lebenspartnerschaft im Jahre 2001 nur wenige Unterschiede aufweisen (s. Rn 90 der Entscheidungsgründe). Das BVerfG geht aktuell auf diese unterschiedliche Auffassung nicht ein.
Wird die Lebenspartnerschaft wie die Ehe behandelt, gilt damit auch für verpartnerte Versicherte grds. das Antragserfordernis. Die Zivilgerichte haben jedoch verkannt, dass eine formal gleiche Anwendung einer Bestimmung auf Lebenssachverhalte, die in diskriminierender Weise ungleich geregelt waren, diese Diskriminierung fortschreiben kann. Die Anwendung des Antragerfordernisses vor Juli 2009 bewirkt hier eine Ungleichbehandlung. Zwar scheint es formal gleich, sowohl verheiratete als auch verpartnerte Anspruchsberechtigte an das Antragserfordernis zu binden. Tatsächlich war die Situation der Betroffenen jedoch in dem hier streitigen Streitraum in einer Weise unterschiedlich, dass die formale Gleichbehandlung tatsächlich einer Ungleichbehandlung in der Sache bewirkt.
Im Unterschied zu Eheleuten konnten verpartnerte Versicherte im fraglichen Zeitraum nach damals geltenden Recht nicht erkennen, dass sie ebenso wie Eheleute einen Antrag hätten stellen müssen, um von der für Eheleute positiven Regelung zu profitieren. Zunächst galt die Regelung zum Antragserfordernis für sie tatsächlich bereits nach dem Wortlaut nicht, weil – soweit hier von Interesse – eine Rentenberechnung auf Grundlage der günstigeren Steuerklasse III/0 nur für verheiratete Versorgungsberechtigte vorgesehen war. Zudem waren die Rechtsprechung und auch die Fachliteratur damals mehrheitlich der Auffassung, eine Gleichstellung zugunsten des Beschwerdeführers mit der Ehe sei nicht geboten. Geändert hat sich dies erst mit dem Beschluss des Ersten Senats des BVerfG vom 7.7.2009 (BVerfGE 124, 199, s.o. unter I 3). Erst ab diesem Zeitpunkt war für verpartnerte Versicherte erkennbar, dass sie ebenso wie Eheleute einen Antrag stellen müssen, um von den daraus folgenden positiven Berechnungsfolgen zu profitieren.