Die Differenzen zwischen dem fünften und dem siebten Zivilsenat des BGH zur Behandlung fiktiver Mängelbeseitigungskosten werden weiterhin nicht durch den Großen Senat für Zivilsachen geklärt. In einer aktuellen Entscheidung vom 12. März hat der V. Senat an seiner Rechtsprechung festgehalten und es abgelehnt, die Sache dem Großen Senat vorzulegen (BGH, Urt. v. 12.3.2021–V ZR 33/19).
In dem aktuellen Fall entschieden die Richter des V. Senats, dass ein kaufvertraglicher Anspruch auf Schadensersatz wegen Mängeln einer erworbenen Immobilie weiterhin anhand der voraussichtlich entstehenden, aber bislang nicht aufgewendeten, d.h. der „fiktiven” Mängelbeseitigungskosten berechnet werden kann.
Gegenstand des Streitfalls war ein Kauf über eine Eigentumswohnung zum Preis von 79.800 EUR unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Nach Übergabe der Wohnung trat Ende 2014 Feuchtigkeit in dem Schlafzimmer der Käufer auf, zu deren Beseitigung sie den Verkäufer erfolglos unter Fristsetzung aufforderten. Mit ihrer Klage verlangten sie anschließend die Zahlung der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten ohne Umsatzsteuer i.H.v. 7.972,68 EUR sowie vorgerichtliche Anwaltskosten; ferner begehrten sie die Feststellung, dass der Beklagte weitere Schäden ersetzen muss. Sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Oberlandesgericht hatten die Kläger Erfolg.
In letzter Instanz hat der V. Zivilsenat jetzt die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt und die Revision des Verkäufers verworfen. In der Begründung seiner Entscheidung bekräftigt der Senat, dass der Käufer im Rahmen des sog. kleinen Schadensersatzes entweder Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts oder Ersatz der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten verlangen kann, wobei es unerheblich ist, ob der Mangel tatsächlich beseitigt wird.
Dass der VII. Zivilsenat dies für werkvertragliche Ansprüche inzwischen anders sieht und hier i.R.d. kleinen Schadensersatzes gem. §§ 634 Nr. 4, 280, 281 Abs. 1 BGB seine langjährige Rechtsprechung, nach der die Schadensbemessung anhand der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten zulässig war, inzwischen aufgegeben hat (Urt. v. 22.2.2018 – VII ZR 46/17), ändert an der Haltung des V. Senats nichts: Die Argumentation des VII. Senats lasse sich auf die kaufrechtliche Sachmängelhaftung nicht übertragen, so seine Begründung. Insbesondere stehe dem Käufer – anders als dem Besteller im Werkvertragsrecht – kein Vorschussanspruch zu. Im Kaufrecht wäre es deshalb nicht vertretbar, wenn der Käufer einer Sache die beabsichtigte Mängelbeseitigung vorfinanzieren müsste. Eine Ausnahme gelte nur im Hinblick auf die Umsatzsteuer, die – wie im Delikts- und Werkvertragsrecht – nur ersetzt werden müsse, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen sei.
Es bleibt daher bis auf Weiteres bei der unterschiedlichen Behandlung fiktiver Mängelbeseitigungskosten durch den Kauf- und den Werkvertragssenat des BGH. Dabei hatte es zunächst so ausgesehen, dass sich beide BGH-Senate einander annähern könnten. Im Laufe des Revisionsverfahrens hatte sich der V. Senat nämlich zunächst an den VII. Senats gewandt, weil er sich wegen dessen geänderter Rechtsprechung an einer abweichenden Entscheidung gehindert sah. Er fragte an, ob der VII. Senat wirklich dauerhaft an seiner geänderten Rechtsprechung festhalten wolle. Die Antwort war aber eindeutig: Die Kollegen hielten die Anfrage schlicht für überflüssig. Ein Gleichlauf der Schadensberechnungen im Kauf- und Werkvertragsrecht sei im Gesetz nicht vorgegeben, so ihre Begründung.
Erwartet worden war daher von Vielen eine Entscheidung des Großen Zivilsenats. Dass es dazu nicht gekommen ist, verwundert langjährige Beobachter allerdings nicht: In den vergangenen zehn Jahren wurde der Große Senat lediglich in einem einzigen Fall einer Divergenz zwischen zwei Senaten angerufen.
[Red.]