Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist, § 44 Abs. 1 VwVfG (Evidenztheorie, VG Frankfurt/O., Urt. v. 18.5.2020 – 5 K 2282/17, juris Rn 27 unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 7.10.1964 – VI C 59.63, BVerwGE 19, 284), die auch i.R.d. § 125 AO Anwendung findet).
Beispiele:
- Erlass eines Verwaltungsakts durch eine in jeder Hinsicht unzuständige Behörde,
- inhaltlicher Verstoß gegen zwingende Bauordnungsvorschriften,
- inhaltliche Unbestimmtheit eines Verwaltungsakts.
Ein Verwaltungsakt nicht allein deshalb nichtig, weil er der gesetzlichen Grundlage entbehrt oder weil die in Betracht kommenden Rechtsvorschriften unrichtig angewendet worden sind. Nichtig ist ein Verwaltungsakt nur, wenn er an einem schweren offenkundigen Mangel leidet, der die Fehlerhaftigkeit gewissermaßen auf der Stirn trägt. Es muss sich um einen besonders schwerwiegenden Fehler handeln und dies muss bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig sein. Offenkundig ist ein Fehler, wenn jeder verständige Dritte, dem die Kenntnis aller in Betracht kommender Umstände unterstellt werden kann, in der Lage ist, den Fehler in seiner besonderen Schwere zu erkennen.
Insoweit ist weiter in den Blick zu nehmen, dass nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzhofs die aus Rechtsmängeln abgeleitete Folge der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts stets als eine besondere Ausnahme von dem Grundsatz angesehen worden, dass ein Akt der staatlichen Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trage. Besonders schwerwiegend ist daher nur ein Fehler, der den davon betroffenen Verwaltungsakt als schlechterdings unerträglich erscheinen, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar sein lässt. Dagegen ist die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes nicht schon deswegen anzunehmen, weil er einer gesetzlichen Grundlage entbehrt (sog. gesetzloser Verwaltungsakt) oder die in Frage kommenden Rechtsvorschriften unrichtig angewendet worden sind. Der schwerwiegende Fehler des Verwaltungsaktes muss für einen verständigen Bürger offensichtlich sein. Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist daher nur dann anzunehmen, wenn die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in so erheblichem Maße verletzt werden, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen. Ansonsten steht dem Verwaltungsakt die Vermutung seiner Gültigkeit gegenüber. Die Nichtigkeit ist vor diesem Grundsatz die Ausnahme (vgl. VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 18.5.2020 – 5 K 2282/17 a.a.O. m.w.N. aus der Rspr.).
Demgegenüber ist gem. § 44 Abs. 3 VwVfG ein Verwaltungsakt nicht schon deshalb nichtig, weil Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Abs. 2 Nr. 3 vorliegt, eine nach § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 2–6 VwVfG ausgeschlossene Person mitgewirkt hat, weil ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war, weil die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte, § 44 Abs. 4 VwVfG. Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat, § 44 Abs. 5 VwVfG.