Die zentrale Norm des § 536 Abs. 1 BGB befreit den Mieter von der Pflicht zur Zahlung des Mietzinses in dem Umfang, in dem die vermietete Sache zur Zeit der Überlassung mit einem Sach- oder Rechtsmangel behaftet ist, der die Tauglichkeit zum mietvertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mehr als nur unerheblich mindert. Gleiches gilt auch dann, wenn ein solcher Mangel nach der Überlassung des Mietobjektes auftritt (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 536 BGB Rn 1). § 536 Abs. 2 BGB stellt sodann das Fehlen oder den Wegfall einer vermieterseits zugesicherten Eigenschaft der Mietsache einem Mangel gleich. § 536 BGB stellt damit die zentrale Norm des Mietrechts dar, in welcher die Störung des Äquivalenzverhältnisses von Leistung (§ 535 Abs. 1 BGB) und Gegenleistung (§ 535 Abs. 2 BGB) behoben wird (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 536 BGB Rn 3).
1. Mangelbegriff
Zentrale Voraussetzung der §§ 536 ff. BGB ist der Mangel der Mietsache, worunter nach dem subjektiven Fehlerbegriff der ganz h.M. jede für den Mieter nachteilige Abweichung der tatsächlichen Ist-Beschaffenheit von der vereinbarten Soll-Beschaffenheit der Mietsache zu verstehen ist, welche die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache beeinträchtigt (zuletzt BGH, Urt. v. 15.12.2010 – XII ZR 132/09, NJW 2011, 514 Rn 12; Müko-BGB/Häublein, a.a.O., § 536 BGB Rn 3). Als Konsequenz des subjektives Fehlerbegriffs kommt es nicht darauf an, ob der Mieter die Mietsache tatsächlich in der vertragsgemäßen Art und Weise nutzt und ihn der Mangel daher subjektiv beeinträchtigt (st. Rspr., zuletzt BGH, Urt. v. 22.8.2018 – VIII ZR 99/17, NZM 2018, 1020 Rn 19). Fehlen – wie i.d.R. – konkrete Beschaffenheits- oder Verwendungsabreden der Mietparteien und erweist sich der Mietvertrag hierdurch – wie ebenfalls i.d.R. – nicht als lückenhaft (anderenfalls muss der Mietvertrag ergänzend ausgelegt werden, BGH, Urt. v. 29.4.2015 – VIII ZR 197/14, NJW 2015, 2177), ist der entscheidende Maßstab für die Mangelhaftigkeit der übliche oder gewöhnliche Mietgebrauch (BGH, Urt. v. 23.9.2009 – VIII ZR 300/08, NJW 2010, 1133 Rn 11; BGH, Urt. v. 5.12.2018 – VIII ZR 17/18, NZM 2019, 140).
2. Erheblichkeit der Beeinträchtigung
§ 536 Abs. 1 S. 3 BGB statuiert, dass eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit außer Betracht bleibt. Hintergrund dieser Gesetzesnorm ist es sicherzustellen, dass sich die Mietvertragsparteien nicht in kleinlichen Streitigkeiten verlieren, die den Frieden der Hausgemeinschaft stören und dadurch den notwendigen konstruktiven Austausch im Dauerschuldverhältnis Miete ggf. tiefgehend beeinträchtigten können (BT-Drucks IV S. 2195, 2). Ein solcher unerheblicher Mangel liegt immer dann vor, wenn er leicht erkennbar ist und schnell und mit geringen Kosten beseitigt werden kann (BGH, Urt. v. 30.6.2004 – XII ZR 251/02, WuM 2004, 531; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 536 BGB Rn 47). Bei der Bewertung der erheblichen Gebrauchsbeeinträchtigung kann auch der jeweilige Standard der Mietsache und die vereinbarte Höhe des monatlichen Mietzinses berücksichtigt werden (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 536 BGB Rn 48 m.w.N.). Ebenfalls zu berücksichtigen ist, ob eine konkrete Beeinträchtigung nach § 906 Abs. 2 BGB als ortsüblich und damit zumutbar hinzunehmen ist, oder ob sie darüber hinaus geht, sodass eine nicht mehr nur unerhebliche Beeinträchtigung vorliegt (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 536 BGB Rn 11a m.w.N.).
Praxishinweise:
- Beispiele für solche nur unerheblichen Beeinträchtigungen der Gebrauchstauglichkeit aus der mietgerichtlichen Praxis können z.B. sein, wenn die Heizung einer Wohnung in den Wintermonaten nur eine maximale Raumtemperatur von 20 Grad Celsius erreicht und nicht eine vom Mieter behauptete Wohlfühltemperatur von 22 Grad Celsius. Ein weiteres Beispiel ist, wenn der in der Nachbarwohnung lebende Hund jeden Tag zwischen 9 Uhr und 18 Uhr ungefähr 2-3 Mal laut bellt oder der Nachbar in den Sommermonaten insgesamt 3-4 Mal auf dem Balkon mit Holzkohle grillt und sodann Rauchgeruch in die vermietete Wohnung dringt.
- Die Einschränkung des § 536 Abs. 1 S. 3 BGB für nur unerhebliche Beeinträchtigungen gilt ausdrücklich nur beim Recht des Mieters auf Mietminderung und betrifft ausdrücklich nicht den Mängelbeseitigungsanspruch aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB, welcher auch bei nur unerheblichen Mängeln uneingeschränkt geltend gemacht werden kann. Der Mieter kann daher bei einem nur unerheblichen Mangel den Mietzins nicht mindern, sehr wohl aber sein Zurückbehaltungsrecht auf Mängelbeseitigung gem. § 320 i.V.m. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB geltend machen (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 536 BGB Rn 11 u. 409 ff. m.w.N.).
3. Pflicht zur Mängelanzeige
§ 536c Abs. 1 BGB statuiert eine Pflicht des Mieters, während der Mietzeit auftretende Mängel dem Vermieter unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (vgl. die Legaldefinition in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) anzuzeigen. Verstößt der Mieter gegen seine Pflicht zur Mängelanzeige, so ist er dem Vermieter gem. § 536c Abs. 2 S. 1 BGB zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Nach § 536c Abs. 2 S. 2...