Wie kaum eine Entscheidung in den letzten Jahren hat das Urteil des OLG München vom 17.11.2019 (29 I 4165/18 Kart ZVertriebsR 2020, 193; ausführlich zu dieser Entscheidung: Billing/Metzlaff ZVertriebsR 2020, 165) Diskussionen ausgelöst, insb. deswegen, weil die viel diskutierte erstinstanzliche Entscheidung des LG München I vom 26.10.2018 (37 O 10335/15, ZVertriebsR 2019, 34 = ZAP F. 6, 598 f.) aufgehoben und damit die Klage eines Burger-King-Franchise-Nehmers kostenpflichtig abgewiesen wurde.
a) Leitsätze der Entscheidung
Die Entscheidung des OLG München hat grundsätzliche Bedeutung für die Verwendung der von Franchise-Nehmern geleisteten monatlichen Werbegebühren bzw. der i.R.v. Verkaufsförderungsaktionen ausgesprochenen Höchstpreisbindungen. Dies wird schon deutlich an den Leitsätzen, die der Entscheidung vorangestellt sind:
Zitat
„1. Die absprachewidrige Verwendung eines Werbekostenbeitrags durch den Franchise-Geber kann zwar den Franchise-Vertrag verletzen, jedoch nicht ohne Weiteres einen vertraglichen oder gesetzlichen Unterlassungsanspruch des Franchise-Nehmers begründen.
2. Bei Werbekostenbeiträgen, die in einem Werbefond zusammengefasst werden, entscheiden die konkreten Vertragsbestimmungen darüber, ob diese finanziellen Mittel einer treuhänderischen Bindung unterliegen oder nicht.
3. Werbemaßnahmen eines Franchise-Gebers können eine "abgestimmte Verhaltensweise" i.S.v. § 1 GWB darstellen.""
4. Die mit einer Werbemaßnahme einhergehende Preisbindung kann als Höchstpreisbindung über Art. 4 Vertikal-GVO i.V.m. § 2 II GWB vom Kartellverbot freigestellt sein. (...)”
Die Entscheidung des OLG München ist deswegen von grundsätzlicher Bedeutung, weil drei Fragen angesprochen werden, die sowohl in der Praxis eines Franchise-Systems als auch bei der Gestaltung eines jeden Franchise-Vertrages von grundsätzlicher Bedeutung sind:
- zum einen die Frage der Verwendung der Werbegebühren und deren möglicherweise treuhänderische Bindung;
- zum anderen die Frage der Gestaltung von Werbemaßnahmen und der mit den Werbemaßnahmen verbundenen Preispolitik;
- und der kartellrechtlichen Zulässigkeit von vom Franchise-Geber vorgegebenen Höchstpreisen in Abgrenzung zu kartellrechtswidrigen Festpreisen.
Nach dem vom OLG München zu beurteilenden Sachverhalt ging es zum einen um die Frage, ob der beklagte Franchise-Geber Werbekostenbeiträge vertragsrechtlich auch für solche Werbemaßnahmen verwenden darf, die mit dem Hinweis „in allen teilnehmenden Restaurants. Solange der Vorrat reicht. Unverbindliche Preisempfehlung” gekennzeichnet wurden und in welcher lesbaren Weise dieser Zusatz erfolgen muss. Zum anderen war die Frage zu beurteilen, ob eine Werbung dann gegen das Preisbindungsverbot verstößt, wenn es sich nicht um eine zeitlich begrenzte Werbe-/Verkaufsaktion handelt, sondern um eine andauernde Preiswerbung, bei der sich nur die Produkte ändern – nicht aber die Werbe-/Verkaufsaktion als solche – und drittens, ob es sich bei den in der Werbe-/Verkaufsaktion vom Franchise-Geber vorgegebenen Verkaufspreisen um kartellrechtlich zulässige Höchstpreise oder mangels einer Spanne der Franchise-Nehmer um kartellrechtswidrige Festpreise handelt.
b) Verwendung vom Franchise-Geber vereinnahmter Werbegebühren
Bislang ist davon ausgegangen worden, dass von einem Franchise-Nehmer an den Franchise-Geber geleistete Werbegebühren treuhänderisch gebunden sind, d.h. diese dem Franchise-Geber zufließenden finanziellen Mittel ausschließlich für die überregionale Werbung des Franchise-Systems verwendet werden dürfen. Daraus wurden allgemein Unterlassungsansprüche im Hinblick auf eine vertragswidrige Verwendung der Werbegebühren gem. § 823 II BGB i.V.m. § 266 StGB hergeleitet (s. dazu: Giesler in Giesler/Nauschütt, Franchise-Recht, 3. Aufl., Köln 2016, Kap. 5, Rn 300; Flohr, Franchise-Vertrag, 4. Aufl., München 2010, S. 214).
Dies wird man vor dem Hintergrund der Entscheidung des OLG München zukünftig nicht mehr in dieser Absolutheit behaupten können. Vielmehr stellt das OLG München darauf ab, dass eine treuhänderische Bindung eines Werbekostenbeitrags nur dann gegeben ist, wenn sich dies unter einer Würdigung der konkreten franchisevertraglichen Ausgestaltung ergibt. Für eine solche treuhänderische Bindung hätte an und für sich die vertragliche Regelung des zu beurteilenden Burger-King-Franchise-Vertrages gesprochen, wenn es dort heißt, dass der Werbekostenbeitrag „zum allgemeinen Nutzen des Franchise-Restaurants für Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit” verwendet werden darf. In entsprechender Weise hatten dies bereits das LG Köln in seinem Urt. v. 17.8.2012 (24 O 331/11, Juris Rn 47) sowie das OLG Düsseldorf in seinem Urt. v. 6.4.2011 (VI U Kart 20/10, Juris Rn 62) festgestellt.
Misst man nunmehr die Leistung einer Werbegebühr an den Grundsätzen der Entscheidung des OLG München, so liegt dann keine treuhänderische Bindung der Werbegebühren vor, wenn der Franchise-vertrag neben der laufenden Franchise-Gebühr keine separate Werbegebühr ausweist und kein separates Konto für Einzahlungen in einen Werbefond vorsieht, sondern lediglich ...