a) Vorbemerkung
Der Beschluss des OVG Münster vom 15.2.2021 (13 B 331/21) könnte ein erstes Indiz dafür sein, dass es bald weniger Informationen über EU-DSGVO Bußgelder gibt. Die Bundesnetzagentur darf nach dem vorgenannten Beschluss des OVG Münster ein von einem Bußgeldverfahren betroffenes Unternehmen in einer Pressemitteilung nicht namentlich nennen.
Immer häufiger unterrichten nämlich staatliche Stellen die Presse oder die Bevölkerung – sogar über soziale Medien – über staatliche Maßnahmen gegen namentlich genannte Unternehmen. Die Presse greift solche Informationen häufig direkt auf und berichtet unter Nennung des betroffenen Unternehmens, etwa, wenn die Datenschutzbehörde ein Bußgeld wegen vermeintlicher Gesetzesverstöße verhängt hat. Besonders häufig sind in den Medien zuletzt Berichte über Bußgeldbescheide der Datenschutzbeauftragen der Länder gegen Unternehmen wegen vermeintlicher Verstöße gegen die EU-DSGVO in den Fokus geraten.
b) Grundsätze der Entscheidung
Dem hat nun das OVG Münster jedenfalls für den Bereich des Telekommunikationsgesetzes (TKG) einen Riegel vorgeschoben. Der Sachverhalt könnte weit über den Anwendungsbereich des TKG hinaus Bedeutung erlangen. Insbesondere könnte er auch für den von EU-DSGVO-Bußgeldern oder Aufsichtsmaßnahmen betroffene Unternehmen relevant werden. Das OVG Münster sieht in der namentlichen Nennung des Unternehmens einen Grundrechtsverstoß. Dem Call-Center-Betreiber stehe ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch zu.
Rechtlich knüpft das OVG Münster dabei an eine Verletzung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG an. Dabei verkannte das OVG Münster nicht, dass öffentliche Stellen wie die BNetzA grds. auch ohne besondere Ermächtigung berechtigt sind, im Zusammenhang mit der ihnen jeweils zugewiesenen Sachaufgabe Presse-, Öffentlichkeits- und Informationsarbeit durchzuführen.
Wenn eine solche Informationstätigkeit sachlich-neutral sei, liege hierin auch dann kein Grundrechtseingriff. Hier fehle es aber schon an der „Neutralität”, da das Unternehmen namentlich benannt war.
Die Entscheidung des OVG Münster kann die Rechtsprechung auch über das TKG hinaus prägen. Zum einen dürfte es auch in anderen Rechtsbereichen, namentlich im Datenschutzrecht, an gesetzlichen Ermächtigungen fehlen, die eine amtliche Information über Bußgeldbescheide mit namentlicher Nennung erlauben. Insoweit greift auch in diesem Kontext insb. der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG.
Vor allem aber führt das OVG Münster auf der Ebene der Verhältnismäßigkeit der Berichtserstattung den folgenden Gedanken ein: Öffentliche „Anprangerung” ist kein Ersatz für behördliche Maßnahmen. Wenn eine Aufsichtsbehörde möchte, dass ein Marktteilnehmer in ihrem Zuständigkeitsbereich sein Verhalten ändert, dann bedarf es dazu aufsichtsrechtlicher Maßnahmen. Diese können nicht dadurch ersetzt werden, dass öffentlicher Druck geschaffen werde (umfassend dazu Hillemann Legal Tribune Online v. 16.6.2021).
c) Konsequenzen für Franchise-Systeme
Auch dieser Beschluss des OVG Münster hat grundsätzliche Bedeutung für Franchise-Systeme, sei es für Franchise-Geber oder Franchise-Nehmer wegen datenschutzrechtlicher Verstöße im Hinblick auf geschützte personen- und/oder gesundheitsbezogene Daten. Sollte sich die Rechtsprechung des OVG Münster durchsetzen, so können zukünftig zumindest in der Tagespresse oder in Social Media die Namen der betroffenen Franchise-Geber/Franchise-Nehmer oder des betroffenen Franchise-Systems nicht mehr genannt werden.