Entscheidend ist aber auch immer, welche Geheimhaltungsmaßnahmen als angemessen anzusehen sind. Auch insoweit hilft die Entscheidung des OLG Hamm vom 15.9.2020 weiter. Das OLG Hamm hält fest:
- dass die Angemessenheit keinen optimalen Schutz voraussetze,
- es aber nicht ausreiche, wenn durch das Unternehmen bloß ein Minimum an Schutzvorkehrungen ergriffen wird.
Für die Angemessenheit sind entsprechend dem Urteil des OLG Hamm vom 15.9.2020 folgende Wertungskriterien zu berücksichtigen:
- Art und wirtschaftlicher Wert des Geschäftsgeheimnisses,
- Grad des Wettbewerbsvorteils durch Geheimhaltung,
- Schwierigkeit der Geheimhaltung,
- konkrete Gefährdungslage.
Auch diese Kriterien sind, wenn das Know-how eines Franchise-Systems umfassend im Franchise-Handbuch dargestellt wird, gegeben, sodass sich auf der Grundlage des Franchise-Handbuchs auch die Kriterien dafür ergeben, in welcher Weise das Know-how eines Franchise-Systems und dessen wirtschaftlicher Wert zu schützen sind.
Das OLG Hamm betont aber auch, dass die Kosten für die Geheimhaltungsmaßnahmen in einem vernünftigen Verhältnis zum Wert des Geschäftsgeheimnisses stehen müssen, wobei sich kein festes Kosten-Wert-Verhältnis ergibt. Aber auch hier bestehen bei Franchise-Systemen grds. keine Probleme. Die Kosten für die Geheimhaltung beschränken sich i.d.R. darauf, das Know-how in entsprechender Weise im Franchise-Handbuch zu dokumentieren, bei Vertragsverstößen durch Franchise-Nehmer diesen Verstößen nachzugehen, ggf. die fristlose Kündigung des Franchise-Vertrages zu erklären und eine Vertragsstrafe fällig zu stellen und diese, im Falle der Nichtzahlung, auch gerichtlich einzuklagen.
In der Umkehrung kann § 6 GeschGehG dann nicht als Unterlassungsanspruch herangezogen werden, wenn feststeht, dass der Franchise-Geber in der Vergangenheit mit Verstößen gegen die Geheimhaltungsverpflichtung des Know-hows ohne angemessene Reaktion umgegangen ist, d.h. gegenüber dem Verletzer weder Unterlassungsansprüche geltend gemacht noch eine Vertragsstrafe eingefordert oder aber die fristlose Kündigung des Franchise-Vertrages erklärt bzw. eine verwirkte Vertragsstrafe gerichtlich geltend gemacht hat.
Insofern ist es aus Sicht des OLG Hamm – zu Recht – zwingend erforderlich, jedem Hinweis auf eine Umgehung von Geschäftsgeheimnissen sorgfältig nachzugehen und ggf. das Sicherheitskonzept anzupassen und Sanktionen zu ergreifen. Kann dies nicht festgestellt werden, so wird das Vorliegen von angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen verneint, sodass auch kein Unterlassungsanspruch nach § 6 GeschGehG geltend gemacht werden kann.
Dabei stellt eine sog. Catch-all-Geheimhaltungsklausel nach dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 3.6.2020 (12 SaGa 4/20) keine angemessene Geheimhaltungsmaßnahme i.S.d. GeschGehG dar.