Kaum ein Problem beschäftigt die Gestaltung von Franchise-Verträgen so, wie die der Widerrufsbelehrung bzw. richtigen Widerrufsbelehrung. Die unterschiedliche Rechtsprechung sowie Gesetzesänderungen haben immer wieder – auch heute – dazu geführt, dass die „richtige Widerrufsbelehrung” sich zu einem „Kunststück der Vertragsgestaltung bei Franchise-Verträgen” entwickelt hat (umfassend dazu: Flohr in Festschrift für Michael Martinek, München 2020, S. 187 ff. m. umf. Nachw.).
1. Notwendigkeit der Widerrufsbelehrung
Durch die geänderte Verbraucherschutz-Gesetzgebung hat sich wieder einmal mehr die Widerrufsbelehrung seit dem 13.6.2014 geändert. Dies ist für das Franchise-System allerdings nur dann von grundsätzlicher Bedeutung, soweit der Franchise-Vertrag mit Existenzgründungs-Franchise-Nehmern abgeschlossen wird.
Ohne Bedeutung ist die Neufassung der Widerrufsbelehrung dann, wenn mit einem bestehenden Franchise-Nehmer ein neuer Franchise-Vertrag abgeschlossen wird, der zeitlich an den abgeschlossenen aber durch Ablauf der Vertragsdauer beendeten Franchise-Vertrag anschließt. Dann ist eine solche Widerrufsbelehrung nicht mehr notwendig, da ein solcher Franchise-Nehmer Unternehmer i.S.v. § 14 BGB und nicht mehr Verbraucher (= Existenzgründer) i.S.v § 13 BGB ist.
In entsprechender Weise kommt dann einer etwaigen Widerrufsbelehrung keine Bedeutung zu, wenn der Franchise-Nehmer bereits bei Abschluss des Franchise-Vertrags Unternehmer i.S.v. § 14 BGB ist (s.a. insoweit: Flohr, a.a.O., S. 192 ff. mit Rspr.-Nachweisen). Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Franchise-Nehmer bereits unternehmerisch tätig ist und sich mit dem Abschluss des Franchise-Vertrags ein „weiteres berufliches Standbein” erschließt oder sein Unternehmen um einen weiteren Zweig erweitern will.
2. Einzelfragen
Zwei Aspekte sind dabei gesondert zu beachten: die angegebene Telefonnummer und die Widerrufsfrist.
a) Verfügbarkeit der Telefonnummer
Während die Rechtsprechung ursprünglich davon ausging, dass die Angabe einer Telefonnummer zu einer Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung (so noch OLG Frankfurt, Urt. v. 17.6.2004 – 6 U 158/03; OLG Hamm ZAP 2009, 1238) führt, hat sich nun die Rechtsprechung aufgrund der Gesetzesänderung um 180 Grad gewendet. Da es de lege lata auch möglich ist, den Widerruf telefonisch zu erklären, muss in die Widerrufsbelehrung eine Telefonnummer aufgenommen werden.
Dies hört sich noch ganz einfach an. Die Rechtsprechung sieht dies mittlerweile aber auch wieder viel komplizierter. Es geht nämlich um die Frage der „Verfügbarkeit der Telefonnummer”, d.h. es muss sich um eine Telefonnummer handeln, die auch für die Entgegennahme zu Widerrufserklärungen genutzt wird. Dies ist die Konsequenz der Entscheidung des BGH vom 24.9.2020 (I ZR 169/17) und einer vorangegangenen Entscheidung des EuGH vom 14.5.2020 (C-266/19).
Es muss also bei der in der Widerrufsbelehrung angegebenen Telefonnummer darauf geachtet werden, dass diese i.S.d. Rechtsprechung „verfügbar” ist, es sich also nicht nur um einen Telefonanschluss handelt, der geschäftlich genutzt wird, sondern auch um einen Telefonanschluss, der zur Entgegennahme von Widerrufserklärungen vorgehalten wird – also tatsächlich durch eine natürliche Person besetzt ist und bei der z.B. nicht nur ein Anrufbeantworter geschaltet ist.
b) Beginn Widerrufsfrist
Zu beachten ist zudem der Beginn der Widerrufsfrist. Die üblichen Widerrufsbelehrungen legen für den Beginn der Widerrufsfrist den Tag des Vertragsschlusses fest – und dies, obwohl bislang gem. § 187 BGB davon ausgegangen wurde, dass die Widerrufsfrist erst um 0.00 Uhr des darauffolgenden Tages beginnt (umfassend zu diesem Problemkreis: Flohr, a.a.O., S. 195 ff. und aus der Rspr. v.a. LG Halle BB 2006, 1878; LG Münster ZGS 2006, 436).
Der jetzt festgelegte Beginn der Widerrufsfrist (Tag des Vertragsschlusses) geht aber auf EU-Richtlinie und die damit verbundene Neufassung von § 355 II 2 BGB zurück, wenn es dort heißt:
Zitat
„(...) Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist. (...)”
Der Nachsatz „soweit nichts anderes bestimmt ist” bezieht sich allerdings nicht auf § 187 BGB, sondern andere gesetzliche Regelungen zur Widerrufsbelehrung, z.B. in § 356 II, III BGB für außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge und Fernabsatzverträge oder für Verbraucherdarlehensverträge in § 356 I – III BGB oder Ratenlieferungsverträge in § 356c I BGB und für unentgeltliche Darlehensverträge in § 356d BGB. Die Fristregelung in § 355 II 2 BGB ist damit lex specialis gegenüber § 187 BGB.
Dabei ist auch der frühere Gesetzestext zur Widerrufsbelehrung zu sehen, in dem allgemein auf eine Widerrufsfrist von zwei Wochen hingewiesen wurde. Dadurch kam dann § 187 BGB zur Anwendung; eine Vorschrift, mit der der Beginn einer nach Wochen bestimmten Frist festgelegt wird. Im Gegensatz dazu wird nunmehr ausdrücklich in § 355 II 2 BGB der Fristbeginn für den Widerruf festgelegt. Für eine Anwendung von § 187 BGB ist damit kein Raum mehr.