Viele Leserinnen und Leser werden sich sicher noch daran erinnern, als auch ihre Hausbanken vor einigen Monaten begannen, sie mit umfangreichen Schreiben zu „beglücken”, in denen explizit um Zustimmung zur Änderung verschiedener AGB-Klauseln gebeten, ja geradezu gedrängt wurde. Hintergrund war eine Entscheidung des Bankensenats des BGH aus dem Jahr 2021, in der die bisherige Bankpraxis für rechtswidrig erklärt worden war, der zufolge AGB-Änderungen seitens der Geldinstitute jeweils bereits dann wirksam werden konnten, wenn der Bankkunde nicht jedes Mal ausdrücklich widersprochen hatte (BGH, Urt. v. 27.4.2021 – XI ZR 26/20; vgl. Anwaltsmagazin ZAP 2021, 528).
Die BGH-Entscheidung hat zwar den Verbraucherschutz gestärkt, erschwert es den Banken aber nun, Änderungen in ihren AGB durchzusetzen. Zudem laufen Bankkunden, die nicht rechtzeitig einer Änderung zustimmen, Gefahr, dass ihr Geldinstitut ihnen die Geschäftsbeziehung aufkündigt. Aus diesem Grund hat die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag nun einen Vorstoß gemacht, der die Wiedereinführung einer Zustimmungsfiktion zum Gegenstand hat. Dies soll allerdings im Einklang mit den BGH-Vorgaben geschehen; deshalb wird eine ausdrückliche Klarstellung in § 675g BGB dahingend vorgeschlagen, „dass dessen Regelung von Zustimmungsfiktionsklauseln ein gesetzliches Leitbild für die AGB-Kontrolle vorgibt”. Während einer Anhörung von Experten im Rechtsausschuss des Bundestages Ende März ergab sich allerdings ein uneinheitliches Meinungsbild zu dem Vorschlag.
So wurde die Befürchtung, dass es künftig vermehrt zur Kündigung von Geschäftsbeziehungen durch die Banken kommen könnte, von einem Bankmanager durchaus geteilt. Er berichtete, dass bei seiner Bank zwar 95 % der Kunden inzwischen den nötigen Vertrags- oder Entgeltänderungen zugestimmt hätten; die fehlende Zustimmung von 5 % der Kunden sei für seine Bank aber ein Problem. Die Folge seien nämlich „unterschiedliche AGB-Bestände”, es gebe also Kunden, die für ein und dieselbe Leistung unterschiedliche Gebühren bezahlten. Das sei aus Fairness-Gründen nicht hinnehmbar: „Als ultima ratio können wir Kündigungen nicht ausschließen”, erläuterte er.
Auch der Experte des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands erklärte, dass das BGH-Urteil in der Konsequenz zu Vertragslücken in den Beziehungen zu den Kunden geführt habe. Dieser Weg sei im „Massengeschäft” aber nicht dauerhaft gangbar, gebe es doch rd. 110 Mio. Girokonten in Deutschland. Der vom BGH erzwungene Prozess sei „aufwändig, ressourcenintensiv und sehr teuer”. Hier könne nur der Gesetzgeber mit einer Neuregelung Abhilfe schaffen.
Der Vertreter vom Bundesverband deutscher Banken unterstützte die Initiative der Union ebenfalls. Der Gesetzgeber habe jetzt die Chance, im Interesse der Institute und der Kunden für eine rechtssichere und massengeschäftstaugliche AGB-Anpassung für auf Dauer angelegte Bankverträge wie etwa Giroverträge zu sorgen. Das Urteil des BGH sei für die Kreditwirtschaft überraschend gekommen, habe es doch eine seit mehr als 70 Jahren akzeptierte und unangefochtene Praxis der Banken für unzulässig erklärt.
Auch eine geladene Professorin für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und Bankrecht an der Universität Frankfurt a.M. unterstützte die Forderung nach gesetzgeberischer Klarstellung. Eine AGB-Änderung auf dem Wege einer Zustimmungsfiktion sei seit Langem etabliert und mit Blick auf die Schonung von „Ressourcen und Papier” auch nicht anders möglich. Allerdings äußerte sie Bedenken hinsichtlich des Ziels, die AGB-Inhaltskontrolle auszusetzen. Die vorgeschlagene Formulierung greife zu weit und berge die Gefahr einer europarechtlich unzulässigen Einschränkung des Verbraucherschutzes, warnte die Juristin in ihrer Stellungnahme. Dieser Gefahr lasse sich einfacher durch eine gesetzgeberische Korrektur von § 307 Abs. 3 BGB begegnen, so die Empfehlung der Sachverständigen.
Demgegenüber kritisierte eine Juniorprofessorin für Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht an der Universität Rostock die vorgeschlagene Regelung im Ganzen: Eine Zustimmungsfiktion passe nur schwer in das BGB, argumentierte sie. Diese sei auch nicht mit dem EU-Recht vereinbar und stelle Grundprinzipien des Verbraucherschutzes infrage. Die Funktion der AGB-Inhaltskontrolle als Korrektiv, um Marktmissbrauch und Informationsdefizite der Verbraucher zu verhindern, werde geschwächt.
Ähnlich kritisch äußerte sich eine Vertreterin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, die eine Änderung der derzeitigen Rechtslage rundweg ablehnte: Die vorgeschlagenen Änderungen dienten nicht der Rechtssicherheit, die das BGH-Urteil gerade geschaffen habe, monierte die Expertin. Der Vorschlag würde zudem neue, unbestimmte Rechtsbegriffe ins Gesetz einzuführen, die auslegungsbedürftig wären. Alles in allem würde das die Situation der Verbraucher verschlechtern.
Für eine vermittelnde Lösung warb der Experte des Deutschen Anwaltvereins (DAV): Ein rechtsbefriedendes Ergebnis könne seiner Meinung nach nicht über eine AGB-Inhaltskontroll...