Hinweis:
Der Arbeitskreis IV des 61. Deutschen Verkehrsgerichtstag hat sich mit dem Ersatz der Reparaturkosten beim Kfz-Haftpflichtschaden befasst (hierzu Engel, DAR 2023, 9; Moser, NZV 2023, 18). Zum VGT 2023 zusammenfassend Wehrl, DAR 2023, 121.
a) Fiktive Abrechnung
Ein Geschädigter hat grds. die Wahl, ob er nach einer Beschädigung seines Pkw die tatsächlich angefallenen oder die ausweislich eines Sachverständigengutachtens erforderlichen Reparaturkosten als Schadenersatz geltend macht. Der Geschädigte, der statt der wirtschaftlich gebotenen Reparatur ein Ersatzfahrzeug erwirbt, kann die tatsächlich angefallenen Kosten der Ersatzbeschaffung bis zur Höhe der – hypothetisch erforderlichen – Reparaturkosten beanspruchen. Wählt der Eigentümer eines durch einen Verkehrsunfall beschädigten Kanalinspektionsfahrzeugs den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, sind, wenn ein Markt für die Ersatzbeschaffung eines Gebrauchtwagens mit Kanalinspektionsausrüstung nicht existiert, die Umrüstung eines im Übrigen gleichwertigen Gebrauchtwagens zu einem Kanalinspektionsfahrzeug jedoch mit verhältnismäßigem Aufwand möglich ist, die (fiktiven) Umrüstungskosten als zusätzlicher Rechnungsposten in die Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts einzustellen und damit i.R.d. Anspruchs des Geschädigten auf Naturalrestitution ersatzfähig. Ist die Grenze der Verhältnismäßigkeit hingegen im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitspostulat überschritten, kann nur auf Reparaturkostenbasis abgerechnet werden (OLG Hamm NJW 2023, 227 = zfs 2022, 681). Ein Abzug der Mehrwertsteuer beim Wertminderungsanspruch des Vorsteuerabzugsberechtigten erfolgt nicht (AG München DAR 2022, 627 m. Anm. Bauer; zum Werkstattverweis näher Lange/Holthoff, NZV 2023, 106).
b) Werkstattrisiko
Übergibt der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug an eine Fachwerkstatt zur Instandsetzung, ohne dass ihn insoweit ein (insb. Auswahl- oder Überwachungs-)Verschulden trifft, so sind die dadurch anfallenden Reparaturkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger deshalb auch dann vollumfänglich ersatzfähig, wenn sie aufgrund unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt im Vergleich zu dem, was für eine entsprechende Reparatur sonst üblich ist, unangemessen sind (sog. Werkstattrisiko); in einem solchen Fall ggf. bestehende Ansprüche des Geschädigten gegen den Werkstattbetreiber spielen nur insoweit eine Rolle, als der Schädiger i.R.d. Vorteilsausgleichs deren Abtretung verlangen kann (BGH NJW 2022, 2840 m. Anm. Heßeler = DAR 2022, 554 m. Bespr. Engel 552 = zfs 2022, 439 = VRR 11/2022, 9 [Nugel]). Diese Grundsätze gelten auch für das sog. Hakenrisiko (AG Tettnang DAR 2023, 43; näher Moser, NZV 2022, 454).
c) Nutzungsausfall
Die Verletzung des Eigentums an einer Sache bzw. die Beschädigung kann nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache selbst erfolgen, die deren Benutzung objektiv verhindert. Voraussetzung ist stets, dass die Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache ihren Grund in einer unmittelbaren Einwirkung auf die Sache selbst hat. Werden die Eigentümerbefugnisse durch eine tatsächliche Einwirkung auf die Sache derart beeinträchtigt, dass deren Verwendungsfähigkeit vorübergehend praktisch aufgehoben ist, bedarf es für die Annahme einer Eigentumsverletzung bzw. einer Sachbeschädigung grds. nicht zusätzlich der Überschreitung einer zeitlich definierten Erheblichkeitsschwelle (hier: Blockade einer Schiene durch ein verunfalltes Kfz, die dazu führt, dass das Gleis deshalb an der blockierten Stelle nicht befahren werden kann, BGH NJW 2022, 3789 = DAR 2022, 681 = NZV 2023, 42 m. Anm. Greger = zfs 2022, 677 m. Anm. Scholten). Aus der vorübergehenden Entziehung der Gebrauchsmöglichkeit eines Kfz kann sich zwar ein ersatzfähiger Vermögensschaden ergeben. Ein Anspruch auf Schadensersatz besteht nicht, wenn dem Geschädigten ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung steht, dessen ersatzweise Nutzung ihm zumutbar ist. Die Unzumutbarkeit der Nutzung lässt sich nicht mit dem Argument begründen, dass das Fahrzeug, dessen Nutzung vorübergehend entzogen ist, gegenüber dem Zweitfahrzeug eine höhere Wertschätzung des Geschädigten erfahre, etwa weil ihm ein höheres Prestige zukomme, es ein anderes Fahrgefühl vermittle oder den individuellen Genuss erhöhe (BGH NJW 2023, 47 = DAR 2023, 80 m. Bespr. Roß 75 = VRR 2/2023, 9 [Nugel]). Ähnlich OLG Frankfurt a.M. NJW 2022, 632 m. Bespr. Ehmer 3043 = DAR 2022, 632: Einem Unfallgeschädigten steht während der Reparaturzeit eines beschädigten Porsche keine Nutzungsausfallentschädigung zu, wenn ihm ein Ford als Zweitfahrzeug zur Verfügung steht. Zur Hinweispflicht bei überlanger Anmietung eines Ersatzfahrzeugs: Den Geschädigten trifft auch bei unklarer Haftung die Obliegenheit, den gegnerischen KH-Versicherer rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass ohne Vorfinanzierung ein Reparaturauftrag nicht erteilt werden kann. Der erstmalige Hinweis im Verhandlungstermin reicht nicht a...