Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die Frage, ob die Klägerin nach § 932 BGB gutgläubig Eigentum an dem Fahrzeug erwerben konnte. Demnach wird der Erwerber durch eine nach § 929 BGB erfolgte Veräußerung auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. An dieser Gutgläubigkeit fehlt es nach Abs. 2, wenn dem Erwerber bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.
Der gutgläubige Erwerb beruht auf dem Prinzip der Vertrauenshaftung. Er setzt einen Rechtsscheintatbestand voraus, den der Alteigentümer zurechenbar veranlasst hat und auf den der Erwerber in schutzwürdiger Weise vertrauen darf (MüKoBGB/Oechsler, 8. Aufl. 2020, § 932 Rn 4). Seine Rechtfertigung findet der gutgläubige Erwerb darin, dass es in der Verantwortlichkeit des Eigentümers liegt, Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit derjenigen zu überprüfen, denen er seine Sache überlässt (Soergel/Höpfner, 14. Aufl. 2023, § 932 Rn 2). Seine Grenze findet das Vertrauensprinzip allerdings bei Bösgläubigkeit des Erwerbers (§ 932 Abs. 2 BGB) sowie bei abhanden gekommenen Sachen (§ 935 Abs. 1 BGB).
Als Rechtsscheingrundlage knüpft § 932 BGB grds. an den Besitz des Veräußerers an, da gem. § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB zugunsten des Besitzers vermutet wird, dass dieser Eigentümer der Sache sei. Ist – wie im vorliegenden Fall – streitig, ob die Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs erfüllt sind, so ist darüber Beweis zu erheben (vgl. § 138 ZPO). Grundsätzlich trägt im Zivilprozess jede Partei die Darlegungs- und Beweislast der jeweils für sie günstigen Tatsachen.
§ 932 Abs. 1 S. 1 BGB stellt jedoch eine Ausnahme von diesem Grundsatz dar. Der Wortlaut – „es sei denn” – verdeutlicht, dass derjenige die Darlegungs- und Beweislast für den fehlenden guten Glauben trägt, der den Eigentumserwerb bestreitet (vgl. BGH NJW 2019, 3147 Rn 39; BGH NJW 1982, 38; BGH NJW 1952, 219; Baumgärtel/Laumen/Prütting/Schuschke, Handbuch der Beweislast, 4. Aufl. 2019, § 932 Rn 2; Grüneberg/Herrler, BGB, 82. Aufl. 2023, § 932 Rn 15; jurisPK-BGB/Beckmann, 9. Aufl., § 932 Rn 55; Staudinger/C. Heinze, BGB, 16. Aufl. 2020, § 932 Rn 104). Dem gutgläubig Erwerbenden wird deswegen nur die Beweislast für die Erwerbsvoraussetzungen des § 929 S. 1 BGB auferlegt.
Grund für diese gesetzliche Wertung ist das Verkehrsinteresse. Es ist für den ehemaligen Eigentümer relativ einfach, einzelne Verdachtsmomente aufzuführen und diese zu beweisen; dem (vermeintlich) gutgläubigen Erwerber wird es dagegen sehr schwerfallen, das Nichtvorliegen aller einschlägigen Momente und damit negative Tatsachen nachzuweisen (MüKoBGB/Oechsler, 8. Aufl. 2020, § 932 Rn 70).
Die Beweislast für die Bösgläubigkeit des Erwerbers nach § 932 BGB trägt daher der ehemalige Eigentümer. Da sich allerdings für diesen i.R.d. Beweisführung erhebliche Schwierigkeiten ergeben, weil dieser weder Kenntnis von den Umständen noch eine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, trifft den Erwerber regelmäßig eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich seines guten Glaubens (vgl. BeckOK BGB/Kindl, 63. Ed. 1.8.2022, § 932 Rn 20; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl. 2020, Rn 4765a; Gerdemann/Helmes, JA 2019, 856, 858). Der Erwerber ist sodann verpflichtet, in zeitlicher, räumlicher und inhaltlicher Weise (vgl. BGHZ 188, 43 Rn 12) substantiiert zu den Umständen und Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs vorzutragen. Legt der Erwerber dabei hinreichend dar, dass er die gebotene Sorgfalt beachtet hat und ihm kein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen ist, ist es die Pflicht des ursprünglichen Eigentümers, den Gegenbeweis über dessen Bösgläubigkeit zu führen.
Hier trug die Klägerin, als (angeblich) gutgläubige Erwerberin, somit die Beweislast für die Erwerbsvoraussetzungen nach § 929 S. 1 BGB an dem Kraftfahrzeug sowie eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Gutgläubigkeit nach § 932 BGB. Die Beklagte war demgegenüber beweispflichtig für die Bösgläubigkeit der Klägerin (§ 932 BGB).
Den Anforderungen für den Erwerb nach § 929 S. 1 BGB hat die Klägerin hier genügt, indem sie wahrheitsgemäß erklärte, das Autohaus habe sich mit ihr bzw. ihrem Vermittler geeinigt und diesem den Besitz an dem Kraftfahrzeug verschafft. Beweiserheblich sind lediglich die das Eigentum begründenden Tatsachen, weshalb ein zusätzlicher Beweis über die Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II i.R.d. Beweislast über § 929 S. 1 BGB nicht zu führen war. Die Bescheinigung verbrieft das Eigentum nicht, sondern ist vielmehr eine öffentliche Urkunde über die Einzelbetriebserlaubnis des Fahrzeugs (vgl. BGH MDR 2013, 707 Rn 14; BGH NJW 2006, 3488 Rn 13; BGH NJW 1978, 1854).
Für die i.R.d. sekundäre Darlegungslast vorzutragende Bösgläubigkeit hat die Rechtsprechung die Anforderungen für den Autokauf in vielen Fällen konkretisiert. So reicht nach Auffassung des V. Zivilsenats des BGH der bl...