a) Geringwertige Sache

Der Wert der Sache und damit auch der des Kraftfahrzeugs kann dann von Bedeutung sein, wenn es um den besonders schweren Fall des Diebstahls geht (§ 243 StGB). Dort kann es sich nach § 243 Abs. 2 StGB zunächst einmal um eine geringwertige Sache handeln, was die Annahme eines besonders schweren Falles ausschließen würde. Die Geringwertigkeitsklausel gelangt dabei nur zur Anwendung, wenn es sich bei dem Diebstahlsobjekt um eine objektiv und subjektiv geringwertige Sache handelt (OLG Hamm, Beschl. v. 23.2.2016 – 4 RVs 15/16, BeckRS 2016, 05563). Dass der bei einem Diebstahl entwendete Gegenstand tatsächlich geringwertig i.S.v. § 243 Abs. 2 StGB war, schließt deshalb die Anwendung von § 243 Abs. 1 StGB noch nicht aus. Dieser kann vielmehr auch dann Anwendung finden, wenn sich der Vorsatz des Täters auf nicht geringwertige Sachen bezog (Fischer, § 243 StGB Rn 26). Der Grenzwert für die Geringwertigkeit liegt nach der Rechtsprechung des BGH bei 25 EUR (BGH, Beschl. v. 9.7.2004 – 2 StR 176/04, BeckRS 2004, 07428; OLG Hamm, Beschl. v. 4.6.2020 – 4 RVs 64/20, BeckRS 2020, 13351). Andere Gerichte befürworten die Grenzziehung erst bei 50 EUR (OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.10.2016 – 1 Ss 80/16, NStZ-RR 2017, 12; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 18.1.2000 – 1 Ss 266/99, NStZ 2000, 536). Entscheidend ist dabei ihr Verkehrswert zum Zeitpunkt der Tat (BGH, Beschl. v. 29.10.1980 – 4 StR 534/80, NStZ 1981, 62, 63). Als Tatobjekt, das die Geringwertigkeitsschwelle tangieren könnte, kommt demnach ein Kraftfahrzeug in Betracht, das nach sachverständiger Ansicht als Restwert nur noch Schrottwert hat (BeckOK StVR/Türpe, § 249 BGB Rn 14–16b). Angesichts der Dominanz von internetbasierten Aufkäufern von Gebrauchtwagen und eines fehlenden Regionalbezugs dürfte nur in seltenen Fällen der Diebstahl eines unfallbedingt schrottreifen Fahrzeugs unter die Geringwertigkeitsklausel fallen.

b) Unbenannter schwerer Fall

Interessanter könnte hingegen eher die Fallgestaltung sein, dass ein sog. unbenannter schwerer Fall zur Anwendung von § 243 StGB führt. Dass eine nicht von den Regelbeispielen erfasste Konstellation auch zur Annahme eines besonders schweren Falles führen kann, ist durch die Formulierung der Norm vorgesehen und auch generell anerkannt (BGH, Urt. v. 21.4.1970 – 1 StR 45/70, BGHSt 23, 254, 257 = NJW 1970, 1196): Die als Regelbeispiel konzipierte Vorschrift ist nicht abschließend, sodass ein besonders schwerer Fall auch dann in Betracht kommt, wenn Umstände vorliegen, die zwar keines der genannten Regelbeispiele erfüllen, mit einem solchen jedoch vergleichbar sind (Matt/Renzikowski/Schmidt, § 243 StGB Rn 18). Für die Annahme eines solchen Falles kommt es darauf an, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des erhöhten Strafrahmens geboten ist (BGH, Urt. v. 28.2.1952 – 4 StR 936/51, BGHSt 2, 181, 182 = NJW 1952, 593; BGH, Urt. v. 28.2.1979 – 3 StR 24/79 (L), BGHSt 28, 318, 319 = NJW 1979, 1666).

Dass der Diebstahl von Sachen besonders hohen Werts unter diese ungeschriebene Variante fällt, war bereits Gegenstand der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 17.9.1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 322 = NJW 1981, 692, 693): „Die Annahme eines besonders schweren Falles kann hier naheliegen, weil einmal Sachen von besonders hohem Wert gestohlen worden sind und weil zum anderen die Täter Amtsträger waren, denen die gestohlenen Sachen in ihrer Eigenschaft als Amtsträger zugänglich waren.” Der BGH hat in seiner Entscheidung also gerade nicht nur die Kombination aus beiden Elementen als begründend für die Annahme eines höheren Strafrahmens anerkannt, sodass auch ein reiner hoher Wert der Sache den unbenannten besonders schweren Fall eintreten lässt.

Wichtig ist allerdings die Einschränkung, dass es für diese Wertung ohne Belang ist, ob zugleich ein hoher Schaden eintritt. Denn zum Tatbestand des Diebstahls gehört die Vermögensbeschädigung eines Dritten gerade nicht; geschütztes Rechtsgut ist vielmehr das Eigentum und der Gewahrsam (BGH, Urt. v. 26.71957 – 4 StR 257/57, BGHSt 10, 400, 401 = NJW 1957, 1933). Dennoch kann es bei der Gesamtwertung, ob ein besonders schwerer Fall des Diebstahls vorliegt, auch darauf ankommen, in welchem Maße das Opfer getroffen wird, sodass der Schaden auch schon auf dieser Stufe (zur Unterscheidung vgl. NK-StGB/Kindhäuser/Hoven, § 243 StGB Rn 4), später aber jedenfalls für die Strafzumessung nicht außer Betracht bleiben wird (vgl. § 46 Abs. 2 S. 1 StGB, „Auswirkungen der Tat”). Ebenso wenig ist wichtig, ob der Täter üblicherweise mit Sachen vergleichbar hohen Werts zu tun hat, sodass sich ihm deshalb eher die Gelegenheit geboten hat, einen entsprechenden Diebstahl zu begehen (BGH, Urt. v. 17.9.1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 322 = NJW 1981, 692, 693).

Obwohl die – in dieser Hinsicht bezogen auf den hohen Wert des gestohlenen Guts einzige – Entscheidung des BGH eindeutig formuliert ist, ist ...

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