1. Grundtatbestand
a) Unfallbegriff
Die Norm des § 142 StGB dient der Feststellung und Sicherung der durch einen Verkehrsunfall entstandenen zivilrechtlichen Ansprüche sowie dem Schutz vor unberechtigten Ansprüchen (BVerfG, Beschl. v. 29.5.1963 – 2 BvR 161/63, BVerfGE 16, 191; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.5.2017 – Rev 35/17, StraFo 2017, 339). Der Wert eines Kraftfahrzeugs kommt dabei an zwei Stellen zur Geltung. Zum einen muss ein Unfall als wesentliches objektives Tatbestandsmerkmal vorliegen. Ein Unfall ist dabei ein plötzliches Ereignis, welches im Zusammenhang mit den typischen Gefahren des Straßenverkehrs steht und einen nicht ganz unerheblichen Schaden verursacht (BGH, Urt. v. 27.7.1972 – 4 StR 287/72, NJW 1972, 1960; BayObLG, Beschl. v. 13.8.1979 – RReg 1 St 216/79, NJW 1980, 299; OLG Hamm, Urt. v. 12.5.1982 – 7 Ss 343/82, NJW 1982, 2456). Die Wertgrenze für die Unerheblichkeit ist zwischen 20 EUR und 50 EUR angesiedelt (BeckOK StGB/Kudlich, § 142 Rn 4.2). Diese Beschränkung des Unfallbegriffs auf „nicht ganz belanglose” Schäden ist weder dem Wortlaut der Norm noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen, trägt aber dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung und entspricht dem Gesetzeszweck (MüKoStVR/Schwerdtfeger, § 142 StGB Rn 29).
Die Berechnung des Schadens richtet sich dabei nach den Grundsätzen des § 249 BGB und erfasst unstreitig jedenfalls alle unmittelbaren Schäden am Kraftfahrzeug, also v.a. Kosten für die Wiederbeschaffung oder die Reparatur (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Burmann, § 142 StGB Rn 5). Ob schon bei der Schadensermittlung (die Problematik ist identisch mit derjenigen in § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB, dazu später) die gesamte Bandbreite zivilrechtlicher Ersatzansprüche zum Tragen kommen muss, also auch mittelbare Ansprüche, die nicht an der Sache selbst entstanden sind, sondern eher mittelbar durch Beschädigung der Sache, kann hier getrost offen bleiben, da die Wertgrenze für den Unfallbegriff in der Regel auch ohne die Heranziehung mittelbarer Schadenspositionen bestimmt werden kann.
b) Tätige Reue
Als weiterer Aspekt der Unfallflucht, der mit dem Wert des Kraftfahrzeugs zu tun hat, kommt § 142 Abs. 4 StGB ins Spiel. Dieser Absatz dokumentiert einen Beispielsfall der tätigen Reue, stellt mithin einen persönlichen Strafmilderungs- und Strafaufhebungsgrund dar, welcher im Falle einer schuldhaften Verwirklichung der § 142 Abs. 1 u. 2 StGB die nachträgliche Meldung durch eine Strafmilderung gem. § 49 Abs. 1 StGB bzw. fakultative Strafbefreiung belohnt (BeckOK StVR/Krenberger, § 142 StGB Rn 58). Die Norm sieht dabei dem Wortlaut nach vor, dass ein Unfall im ruhenden Verkehr stattgefunden hat und „nicht bedeutenden Sachschaden” zur Folge hatte (vgl. BT-Drucks 13/9064, S. 10). In Abgrenzung zur Definition des Unfallbegriffs wird der Bagatellschaden im ruhenden Verkehr (typischerweise Parkplatzunfälle) bei unter 1.300 EUR gesehen, sodass als Konsequenz auch keine Regelvermutung für die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB besteht. Der fehlende bedeutende Schaden ist auch Voraussetzung des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB, sodass die Parallelität der Subsumtion naheliegend ist und sich Rechtsprechungsnachweise üblicherweise auf § 69 StGB beziehen (vgl. z.B. Krumm, in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, § 142 Rn 38). Insofern soll die Frage, in welchem Umfang der „bedeutende Sachschaden” zu bestimmen ist, auf den Folgepunkt verschoben werden.
Zu beachten ist jedoch ein wichtiger Unterschied: Für die Bestimmung der Schadenshöhe i.R.d. § 142 Abs. 4 StGB kommt es – anders als bei § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB – nicht auf die Vorstellung des Täters oder auf die eines objektiven Dritten in der Situation des Unfallbeteiligten an, sondern bei nachträglicher Ermittlung eines höheren Schadens scheidet eine Strafmilderung aus (MüKoStGB/Zopfs, § 142 Rn 131).
2. Rechtsfolgen
Neben den möglichen Rechtsfolgen Geld- oder Freiheitsstrafe sowie der Nebenstrafe Fahrverbot ist bei der Unfallflucht die Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis wegen des Regelbeispiels in § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB maßgeblich von Bedeutung.
Die Norm beinhaltet zwei Komponenten. Einmal verlangt der Wortlaut, dass „der Täter weiß oder wissen kann”, dass an einer fremden Sache ein Schaden entstanden ist, und des Weiteren, dass es ein „bedeutender Schaden” ist, der da entstanden ist. Die seit Jahren schwelende Diskussion zu dieser Norm lautet deshalb: Was gehört denn eigentlich dazu bei dem zu ermittelnden Kfz-Schaden? Und auch wenn viele Kommentierungen, unter wechselseitigem Bezug aufeinander, die Behauptung aufstellen, es sei nur der reine Sachschaden am Fahrzeug zu berücksichtigen (wobei dies dann teilweise doch auch wieder weitere Schadenspositionen wie etwa die Abschleppkosten o.Ä. beinhaltet), so kann dies nicht vollständig überzeugen (vgl. LK-StGB/Valerius, § 69 Rn 127 f. m.w.N.).
Der „bedeutende Schaden” am Kraftfahrzeug ist der unter objektiven wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu ermittelnde, tatsächlich entstandene, erkennbare Fremdschaden, nicht aber der gefährdete Wert des Objekts (BGH...