1. „Erzieherische Einziehung” und Allgemeine Einziehung
Gegenüber Tätern eines illegalen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d StGB) kann als weitere Maßnahme die Einziehung des Fahrzeugs des Täters, ggf. sogar eines Dritten angeordnet werden (§ 315f StGB). Der mit § 315d StGB bezweckte Kampf gegen die „Raserszene” soll gerade durch die Ermöglichung des Zugriffs auf das Auto als „Lieblingsspielzeug” der Beteiligten forciert werden (BeckOK StGB/Kulhanek, § 315f Rn 2). Die Einziehung des Tatobjekts ist nur durch eine gesonderte Anordnung möglich (§ 74 Abs. 2 StGB), deren Rechtsgrundlage in § 315f Abs. 2 StGB liegt (MüKoStGB/Joecks, § 74 Rn 20). Erforderlich ist dabei gem. § 74 Abs. 3 StGB, dass das Fahrzeug im zivilrechtlichen Eigentum des Täters, also des Kraftfahrzeugführers i.S.v. § 315d StGB, steht.
Jede Einziehung unterliegt gem. § 74f Abs. 1 StGB der Schranke der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Die 2017 erfolgte Neuformulierung soll der Rechtsprechung des BVerfG Rechnung tragen, wonach jeder Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich – bspw. bezüglich eines Kraftfahrzeugs das Eigentum (Art. 14 GG) – die Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck erfordert (MüKoStGB/Joecks/Meißner, § 74f Rn 2). Um eine unbillige Härte zu vermeiden, muss das Gericht daher eine Ermessensentscheidung treffen (BeckOK StGB/Heuchemer, § 74f Rn 4; BGH, Beschl. v. 11.1.2022 – 3 StR 415/21, BeckRS 2022, 1617 Rn 6). Eine Unverhältnismäßigkeit kommt nur dann in Betracht, wenn die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde (BGH, Urt. v. 26.3.2009 – 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86). Die Ausübung des dem Tatrichter eingeräumten Ermessens erfordert zunächst die Feststellung des Wertes des aus der Straftat Erlangten, um diesem sodann den Wert des noch vorhandenen Vermögens gegenüber stellen zu können (BGH, Urt. v. 2.12.2004 – 3 StR 246/04, NStZ-RR 2005, 104, 105). Je nachdem, ob es sich bei einem (wertvollen) Kraftfahrzeug um das aus der Tat Erlangte oder einen beträchtlichen Teil des noch vorhandenen Vermögens handelt, wäre dies an dieser Stelle zu berücksichtigen.
Als unverhältnismäßig angesehen wurde bereits die Einziehung eines wertvollen Beförderungsmittels wegen eines nur geringfügigen Vergehens (OLG Hamm, Urt. v. 23.7.1974 – 5 Ss 333/74, NJW 1975, 67). Die Einziehung des Tatfahrzeuges (Wert: 14.000 EUR) soll jedenfalls dann nicht unverhältnismäßig sein, wenn für zwei begangene Taten (des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis) Freiheitsstrafen zu verhängen sind und festgestellt wird, dass die Einziehung sich nicht existenzbedrohend für den Täter auswirken wird (OLG Nürnberg, Beschl. v. 30.8.2006 – 2 St Ss 60/06, NJW 2006, 3448). Auch ist eine Einziehung verhältnismäßig, wenn sie sich gegen ein bei einer Vergewaltigung eingesetztes Kraftfahrzeug richtet (NK-StGB/Saliger, § 74f Rn 4). Bei erheblichen Straftaten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln kann auf die Einziehung des Tatfahrzeugs regelmäßig nicht verzichtet werden, sodass in einem derartigen Fall das Urteil nicht auf der Nichtausübung des Ermessens beruht (BGH, Beschl. v. 4.11.2020 – 6 StR 333/20, BeckRS 2020, 35140 Rn 8). Generell ist zwar der nicht unerhebliche Wert eines eingezogenen Gegenstands bei der Strafzumessung strafmildernd zu berücksichtigen (BGH, Beschl. v. 11.2.2020 – 4 StR 525/19, BeckRS 2020, 3644; BGH, Beschl. v. 26.4.2017 – 4 StR 129/17, BeckRS 2017, 111445). Hat das Tatgericht versäumt, die Einziehung eines wertvollen Kraftfahrzeugs als Tatmittel nach § 74 Abs. 1 StGB als bestimmenden Gesichtspunkt bei der Bemessung der Strafe angemessen zu berücksichtigen, so kann das Revisionsgericht gleichwohl die Revision des Angeklagten verwerfen, wenn die Rechtsfolge angemessen i.S.d. § 354 Abs. 1a S. 1 StPO ist (BGH, Beschl. v. 4.11.2020 – 6 StR 333/20, BeckRS 2020, 35140).
2. Beschlagnahme
Die oftmals mit der Einziehung einhergehende Maßnahme der Beschlagnahme (§ 94 StPO) verlangt ebenfalls eine vorherige Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, die sich auch in der Entscheidung niederschlagen muss (BVerfG, Beschl. v. 10.12.2010 – 1 BvR 2020/04, NJW 2011, 1863). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert i.S.d. bei allen staatlichen Eingriffsmaßnahmen zu berücksichtigenden Übermaßverbots, dass die Maßnahme zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich ist und dass der mit ihr verbundene Grundrechtseingriff nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und zur Stärke des bestehenden Tatverdachts steht (BVerfG, Beschl. v. 20.11.2019 – 2 BvR 31/19, NJW 2020, 384; BGH, Beschl. v. 23.10.2008 – 1 StR 535/08, NStZ-RR 2009, 56 = BeckRS 2008, 23604). Auch hier dürfte bei einem Bagatellverstoß die Beschlagnahme eines hochwertigen Kraftfahrzeugs außer Verhältnis stehen (vgl. MüKoStPO/Hauschild, § 94 Rn 24). Auch hinsichtlich der Dauer der Maßnahme ist stets das Prinzip des vorrangigen mildesten Mittels zu wahren, wenn das Kraftfahrzeug bspw. nur Datenträger ist und dem Betroffenen nur zum Zweck der Datenauslese kurzfristig nicht zur Verfügung stehen müsste.
3. StrEG
Schließlich ist der Wert...