a) Teilgläubigerschaft
Besteht die erstattungsberechtigte Partei aus mehreren Personen, so besteht grundsätzlich keine Gesamtgläubigerschaft. Vielmehr besteht nach § 420 BGB grundsätzlich Teilgläubigerschaft. Mehrere Streitgenossen sind hinsichtlich der auf ihrer Seite insgesamt angefallenen Anwaltskosten dann als Anteilsgläubiger anzusehen (BGH, MDR 2023, 395 = Rpfleger 2023, 250 = VersR 2023, 676 = JurBüro 2023, 257). Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich aus der gerichtlichen Kostenentscheidung oder aus dem Vergleich etwas anderes ergibt, also wenn z.B. in einem Vergleich geregelt wird, dass den Klägern die Kostenerstattung als Gesamtgläubiger oder als Gesamthandsgläubiger zustehen soll. Das kommt in der Praxis allerdings kaum vor.
Diese Teilgläubigerschaft hat dann zur Folge, dass im Kostenfestsetzungsantrag angegeben werden muss, welcher Teil der Gesamtvergütung für welchen Erstattungsgläubiger zur Festsetzung angemeldet wird. Ein von ihnen gemeinsam gestellter Kostenfestsetzungsantrag muss erkennen lassen, zugunsten welchen Antragstellers welcher Erstattungsbetrag verlangt wird. Eine pauschale Festsetzung der insgesamt entstandenen Kosten kommt nicht in Betracht. Da einer Partei Kosten nur dann i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO „erwachsen” sind, wenn feststeht, dass sie diese tatsächlich bezahlen muss, ist das Innenverhältnis der Streitgenossen auch für die Kostenfestsetzung maßgeblich (OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.3.2012 – 18 W 48/12; AGS 2020, 299 = JurBüro 2020, 254; OLG Bremen, Beschl. v. 23.11.2023 – 1 W 24/23).
Ein pauschaler Festsetzungsantrag ist als unzulässig zurückzuweisen, unbeschadet der Möglichkeit, nachträglich einen neuen zulässigen Antrag zu stellen (OLG Brandenburg, AGS 2024, 77 = JurBüro 2024, 30 = NJW-Spezial 2024, 123; OLG Köln, Beschl. v. 22.2.2024 – 17 W 218/23).
Das gleiche gilt, wenn nur einer von mehreren Streitgenossen einen Erstattungsanspruch hat. Der obsiegende Streitgenosse kann dann grundsätzlich nur den seiner Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteil der Anwaltskosten von dem Prozessgegner erstattet verlangen (BGH, NJW-RR 2003, 1217 = MDR 2003, 1140 = VersR 2004, 489 = JurBüro 2004, 197; OLG Bremen, Beschl. v. 1.9.2023 – 2 F 107/23).
b) Die anteilige Berechnung
aa) Innenverhältnis maßgebend
Maßgebend ist in einem solchen Fall das Innenverhältnis, das – entgegen einer häufig anzutreffenden Auffassung – allerdings kein vollständiges Gesamtschuldverhältnis ist, sondern ein sog. „eigenartiges Gesamtschuldverhältnis” darstellt (OLG Düsseldorf, AGS 2011, 534 = JurBüro 2011, 592).
bb) Gleiche Beteiligung
Unproblematisch ist der Fall, dass alle Streitgenossen gleichermaßen am Streitgegenstand beteiligt sind. Dann kann eine Quote nach Kopfteilen angemeldet werden, was zugleich ja auch einer streitwertanteiligen Quote entspricht.
Beispiel 5:
Die beiden durch denselben Rechtsanwalt vertretenen Kläger hatten gegen den Beklagten auf Zahlung i.H.v. 20.000 EUR geklagt. Der Beklagte ist antragsgemäß verurteilt worden. Zugleich sind ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt worden.
Hier bietet es sich an, dass jeweils die Hälfte der auf Klägerseite entstandenen Kosten zugunsten des Klägers zu 1) und zugunsten des Klägers zu 2) gegen den Beklagten zur Erstattung angemeldet und festgesetzt wird.
Beispiel 6:
Der Kläger hatte beantragt, die durch denselben Rechtsanwalt vertretenen Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 20.000 EUR zu verurteilen. Der Beklagte zu 1) ist antragsgemäß verurteilt worden. Die Klage gegen den Beklagten zu 2) ist abgewiesen worden. Die Kosten des Beklagten zu 2) sind dem Kläger auferlegt worden.
Auch hier bietet es sich an, die Hälfte der auf Beklagtenseite entstandenen Kosten zugunsten des Beklagten zu 2) zur Erstattung anzumelden.
cc) Ungleiche Beteiligung
Bei ungleicher Beteiligung stellt sich die Berechnung komplizierter dar. Hier ist die unterschiedliche Beteiligung der jeweiligen Beteiligten zu berücksichtigen.
Beispiel 7:
A und B werden gemeinsam verklagt, und zwar der A auf Zahlung von 10.000 EUR und der B auf Zahlung von 20.000 EUR. Die Klage wird abgewiesen. Der Streitwert wird auf 30.000 EUR festgesetzt. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Insgesamt steht dem gemeinsamen Anwalt der Beklagten eine Vergütung aus 30.000 EUR zu. Die Werte der einzelnen Klageanträge sind zu addieren. Eine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV kommt mangels gemeinschaftlicher Beteiligung nicht in Betracht.
Insgesamt kann der Anwalt also netto wie folgt abrechnen:
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 30.000 EUR) |
1.241,50 EUR |
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 30.000 EUR) |
1.146,00 EUR |
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
Gesamt netto |
2.407,50 EUR |
Hier bieten sich verschiedene Berechnungsmethoden an.
2.1.2.3.1 aaa) Aufteilung nach Verhältnis der Gegenstandswerte
Zum einen wird vertreten, die Gesamtkosten streitwertanteilig zu verteilen und anzumelden (so OLG Bremen, Beschl. v. 23.11.2023 – 1 W 24/23).
1. Verteilungsmethode
Da der A mit 10.000 EUR am Gesamtstreitwert beteiligt war, wäre danach ein Drittel der Kosten, also (2.407,50 : 3 =) 802,50 EUR, zu seinen Gunsten anzumelden. Der B war mit 20.000 EUR am Gesamtstreitwert beteilig...