1. Überblick
Besteht die erstattungspflichtige gegnerische Partei aus mehreren Streitgenossen, so ist zunächst einmal zu prüfen, ob insoweit eine gesamtschuldnerische Haftung besteht.
2. Gesamtschuldnerische Haftung
a) Gesamtschuldnerische Haftung von Beklagten
aa) Verurteilung als Gesamtschuldner im Urteil
Grundsätzlich kommt eine gesamtschuldnerische Haftung nur bei Beklagten bzw. Widerbeklagten in Betracht. Mehrere Beklagte bzw. Widerbeklagte haften nach § 100 Abs. 4 ZPO für die zu erstattenden Kosten als Gesamtschuldner, wenn sie in der Hauptsache als Gesamtschuldner verurteilt worden sind. In diesem Fall bedarf es hinsichtlich der Kostentragungspflicht nicht auch des Ausspruchs der gesamtschuldnerischen Haftung in der Kostenentscheidung. Die gesamtschuldnerische Haftung auch für die Kosten ergibt sich in diesem Fall vielmehr unmittelbar aus dem Gesetz.
bb) Vergleich
Bei Abschluss eines Vergleichs kommt es darauf an, wie die Kostenregelung lautet.
Haben die Beklagten im Vergleich die Kosten als Gesamtschuldner übernommen, ist die Rechtslage eindeutig.
Fehlt insoweit eine ausdrückliche Regelung, ist es eine Frage der ergänzenden Vertragsauslegung gem. §§ 157, 242 BGB, ob die Kostenübernahme gesamtschuldnerisch oder nach Kopfteilen erfolgen sollte. Nach h.M. ist die Vorschrift des § 100 Abs. 1 ZPO auf den Fall, dass mehrere Beklagte die Kosten des Rechtsstreits in einem Prozessvergleich übernommen haben, nicht anwendbar. Vielmehr greift im Zweifel die Auslegungsregel des § 427 BGB. Ergeben sich bei der Auslegung des Vergleichs und unter Berücksichtigung von dessen Inhalt und Zweck keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass dem mutmaßlichen Willen der Parteien eine analoge Anwendung von § 100 Abs. 1 ZPO und somit eine Kostenerstattung nach Kopfteilen entsprechen würde, verbleibt es bei der nach § 427 BGB im Zweifel begründeten gesamtschuldnerischen Haftung (OLG Bremen, Beschl. v. 8.7.1992 – 2 W 50/92; OLG Karlsruhe, AGS 2013, 595).
cc) Sonstige Verfahrensbeendigungen
In allen übrigen Fällen muss die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten vom Gericht ausgesprochen werden, etwa nach einer übereinstimmend erklärten Erledigung der Hauptsache.
b) Gesamtschuldnerische Haftung von Klägern
Mehrere Kläger haften dagegen grundsätzlich nicht als Gesamtschuldner, da § 100 Abs. 4 ZPO für sie nicht gilt (AG Karlsruhe, NJW-Spezial 2022, 189). Sie haften nur dann für die Kosten als Gesamtschuldner, wenn sie sich durch einen Vergleich hierzu verpflichtet haben oder – was leider allzu oft vorkommt – wenn das Gericht unzutreffender Weise, aber rechtskräftig, eine Gesamtschuldnerschaft für die Kosten ausgesprochen hat.
c) Die Festsetzung
Haften mehrere Streitgenossen als Gesamtschuldner, so kann die gesamte Vergütung der erstattungsberechtigten Partei gegen alle Streitgenossen gesamtschuldnerisch festgesetzt werden. Ein jeder der Streitgenossen haftet dann auf die volle Erstattungssumme.
Beispiel 1:
Die beiden Beklagten sind als Gesamtschuldner auf Zahlung eines Betrages i.H.v. 20.000 EUR verurteilt worden. Gleichzeitig sind ihnen die Kosten des Verfahrens auferlegt worden.
Die Beklagten haften nach § 100 Abs. 4 ZPO für die Kostenerstattung als Gesamtschuldner. Die gesamten auf Klägerseite angefallenen Anwalts-, Gerichts- und Parteikosten können demzufolge gegen die Beklagten als Gesamtschuldner zur Erstattung angemeldet und festgesetzt werden.
3. Teilschuldnerschaft
a) Überblick
Haften mehrere Streitgenossen nicht als Gesamtschuldner, dann haften sie als Teilschuldner. Dabei wiederum ist zu differenzieren.
b) Gericht hat Kosten quotiert
Zunächst einmal ist zu prüfen, ob in der Kostengrundentscheidung bzw. in der vergleichsweisen Regelung eine Quotierung enthalten ist. Ist dies der Fall, dann sind die Kosten der erstattungsberechtigten Partei entsprechend den vom Gericht ausgesprochenen oder den im Vergleich geregelten Quoten zu verteilen.
Beispiel 2:
Die Klage der beiden Kläger ist abgewiesen worden. Die Kosten des Beklagten sind dem Kläger zu 1) zu einem Drittel und dem Kläger zu 2) zu zwei Dritteln auferlegt worden.
Beispiel 3:
Die Parteien schließen einen Vergleich, wonach die Kosten des Verfahrens und des Vergleichs vom Kläger zu 1) zu einem Drittel und vom Kläger zu 2) zu zwei Dritteln übernommen werden.
Die auf Beklagtenseite angefallenen Anwalts-, Gerichts- und Parteikosten sind in beiden Fällen gegen den Kläger zu 1) zu einem Drittel und gegen den Kläger zu 2) zu zwei Dritteln zur Erstattung anzumelden und festzusetzen.
c) Gericht hat Kosten nicht quotiert
Fehlt es in der Kostenentscheidung an einer Quotierung, dann haften mehrere Streitgenossen gem. § 100 Abs. 1 ZPO nach Kopfteilen. Folglich ist zutreffender Weise zu beantragen, dass die zu erstattenden Kosten kopfanteilig gegen jeden der haftenden Streitgenossen festgesetzt werden.
Beispiel 4:
Der Kläger klagt gegen zwei Beklagte auf Zahlung von jeweils 10.000 EUR. Das Gericht verurteilt die Beklagten und erlegt ihnen die Kosten des Verfahrens auf.
Da die Beklagten nicht als Gesamtschuldner, sondern als Einzelschuldner verurteilt worden sind, kommt eine gesamtschuldnerische Haftung nicht in Betracht (arg. e contr. § 100 Abs. 4 ZPO). Der Kläger kann jetzt seine Kosten aus 20.000 EUR gegen die Beklagten zur Festsetzung anmelden, allerdings mit der Maßgabe, dass von seinen Kosten jeweils die Hälfte gegen den Beklagten zu 1) und gegen...