Die SGB II-Leistungsträger müssen bei Leistungsberechtigten, die in einer in ihrem Eigentum stehenden Immobilie wohnen, Leistungen für unabwendbare, angemessene Aufwendungen für die Instandhaltung und die Reparatur der Unterkunft übernehmen, § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II. Bei die Angemessenheitsgrenze von zwölf Monaten übersteigenden Aufwendungen kann ein dinglich abgesichertes Darlehen gewährt werden, § 22 Abs. 2 S. 2 SGB II.
Im hier zu besprechenden Fall war strittig, ob die Kosten einer Dachreparatur an dem unangemessen großen Eigenheim des Arbeitslosengeld II beziehenden Klägers i.H.v. 583,77 EUR vom Beklagten nach § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II anzuerkennen waren. Der Beklagte lehnte dies ab. Klage und Berufung hiergegen blieben ohne Erfolg. Mit seiner Revision rügte der Kläger die Verletzung von § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II.
Das BSG entschied in seinem Urt. v. 21.6.2023 (B 7 AS 14/22 R), dass die Kosten der Dachreparatur als Bedarf der Unterkunft anzuerkennen sind (s. auch die Besprechungen von Fischer, NZS 2024, 190; Sommer, jurisPR-SozR 4/2024, Anm. 1). Rechtsgrundlage für die Anerkennung der Aufwendungen für die Instandhaltung und Reparatur einer selbst bewohnten Immobilie ist § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II. Nach dieser Vorschrift werden „unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind”.
Hinweise:
Durch das Bürgergeldgesetz wurde § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II redaktionell geändert. Dies war erforderlich, weil die Verschonung eines sog. kleinen Hausgrundstücks seit Inkrafttreten des Bürgergeldgesetzes nicht mehr in § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II, sondern in § 22 Abs. 2 Nr. 5 SGB II geregelt wird.
Außerdem wurde durch das Bürgergeldgesetz klargestellt, dass die Regelungen zur einjährigen Karenzzeit nach § 22 Abs. 1 S. 2–4 SGB II, während der die tatsächlichen und nicht nur die angemessenen Unterkunftskosten zu übernehmen sind, bei der Übernahme von Instandhaltungs- und Reparaturkosten nicht anzuwenden sind, sodass sie im ersten Jahr des Leistungsbezuges nur zu übernehmen sind, wenn sie unabweisbar und angemessen sind.
Trotz der Beschränkung der Leistung auf angemessenen selbst bewohnten Wohnraum durch den Gesetzeswortlaut entschied das BSG, dass die Instandsetzungs- und Reparaturkosten auch bei dem unangemessenen selbstgenutzten Wohneigentum des Klägers anzuerkennen sind. Es liege eine planwidrige Lücke vor. Dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte, dem systematischen Zusammenhang und dem Sinn und Zweck der Norm.
Mit § 22 Abs. 2 SGB II sollte ausgeschlossen werden, dass auch Aufwendungen für wertsteigernde und damit vermögensbildende Maßnahmen vom SGB II-Leistungsträger zu übernehmen sind (s. insoweit den Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarf und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, BT-Drucks 17/3404, S. 98). Diesem Anliegen trage der Wortlaut von § 22 Abs. 1 SGB II dadurch Rechnung, dass nur unabweisbare und angemessene Aufwendungen zu übernehmen seien. Zugleich sollten die werterhaltenden Maßnahmen nach den Ausführungen des BSG auf Wohneigentum begrenzt werden, das nicht bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Vermögen zu berücksichtigen ist. Der Gesetzeswortlaut von § 22 Abs. 1 SGB II erfasse indessen nicht alle Fälle der Verschonung von der Verwertung, sondern nur die nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F. Das BSG sah im Übrigen in der Gesetzesbegründung von § 22 Abs. 2 SGB II keine Anhaltspunkte dafür, dass über die Vereinheitlichung der als Bedarf anzuerkennenden Aufwendungen der Höhe nach weitere Gesetzesziele verfolgt wurden.
Nach der Gesetzessystematik ist § 22 Abs. 2 SGB II Bestandteil der Vorschriften, die den anzuerkennenden Bedarf festlegen. Bei den Unterkunftskosten geht es nach den Ausführungen um die Frage, welche unterkunftsbezogenen Aufwendungen – ungeachtet dessen, ob die leistungsberechtigte Person zur Miete oder in einer selbstgenutzten Immobilie wohnt – für den Erhalt der Unterkunft oder den Erhalt der Bewohnbarkeit erforderlich sind. Aus § 12 SGB II, der dem Regelungskomplex der Hilfebedürftigkeit zuzuordnen ist, ergeben sich keine Beschränkungen oder Erweiterungen des anzuerkennenden Bedarfes.
Schließlich gebieten nach den Ausführungen des BSG Sinn und Zweck der Regelung, Aufwendungen für die Instandhaltung und Reparatur von selbstgenutztem Wohneigentum auch bei unangemessen großem Wohnraum zu übernehmen. § 22 SGB II diene dem Grundbedürfnis des Wohnens. Die hierbei entstehenden Kosten seien zu übernehmen, solange dies mit vertretbaren Kosten für die Allgemeinheit verbunden ist (Rn 23 der Gründe). Die Verknüpfung des anzuerkennenden Bedarfs mit der Verschonung des Wohneigentums könne bei der Notwendigkeit eines Umzugs sogar zu höheren anzuerkennenden Unterk...