1. Reichweite und Ausschluss der Gefährdungshaftung (§ 7 StVG)
Die straßenverkehrsrechtliche Gefährdungshaftung kann von Teilnehmern einer Veranstaltung, bei der Fahrzeuge auf einer geschlossenen Strecke bewegt werden (hier: Hockenheimring), gegenüber dem Veranstalter zugunsten anderer Teilnehmer auch durch AGB des Veranstalters wirksam ausgeschlossen werden. Fahrfehler von Teilnehmern einer Veranstaltung, die darauf zielen, den Grenzbereich der eigenen Fahrzeuge zu erarbeiten und zu verbessern, begründen nicht schon deshalb den Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens, weil besonders hohe Fahrgeschwindigkeiten zu erhöhten Anforderungen an die Fahrzeugbeherrschung führen (OLG Karlsruhe NZV 2015, 126 = VRR 2014, 266 [Küppers]; zur straf- und bußgeldrechtlichen Beurteilung von Rennen mit Kfz näher Deutscher, VRR 3/2015, 3).
Der Betreiber einer Autobahnrastanlage hat aus § 7 StVG keinen Anspruch auf Ersatz von Einnahmeausfällen infolge einer unfallbedingten Sperrung der Autobahn (BGH DAR 2015, 137).
2. Geschwindigkeit als Unfallursache (§ 3 StVO)
Häufig sind Verkehrsunfälle zumindest auch auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen. Ein Geschwindigkeitsverstoß ist für den Schaden auch dann kausal und bei der Haftungsabwägung nach § 17 StVG zu gewichten, wenn der Unfall bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit zwar nicht vermieden, die Unfallfolgen aber wesentlich geringer ausgefallen wären. Ist eine Aufklärung, wie sich der Schaden bei verkehrsgerechtem Verhalten exakt ereignet hätte, mit zumutbarem forensischen Aufwand nicht zu leisten, kann der Verursacherbeitrag in Gestalt einer einheitlichen Haftungsquote angerechnet werden (OLG Saarbrücken NJW 2015, 639 m. Anm. Fölsch).
3. Rangieren auf einem Rastplatz (§ 10 StVO)
Der Beklagte führte auf einem Rastplatz an einer Bundesautobahn Rangierbewegungen mit seinem Lastzug durch und kollidierte dabei mit dem Lastzug des Klägers, der auf der rechten Spur der Durchfahrtsstraße im Bereich der Lkw-Stellplätze geführt wurde. Die Regeln der StVO sind auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz grundsätzlich anwendbar. Einen Vertrauensgrundsatz zugunsten des "fließenden" Verkehrs gegenüber dem wartepflichtigen Ein- oder Ausfahrenden gibt es grundsätzlich nicht. Etwas anderes kann gelten, wenn die angelegten Fahrspuren zwischen den Parkplätzen eindeutig Straßencharakter haben und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergibt, dass sie nicht dem Suchen von Parkplätzen dienen, sondern der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge (OLG Hamm NJW 2015, 413 = VRR 2014, 466 [Türpe]).
Hinweis:
Zur juristischen und technischen Beurteilung von Parkplatzunfällen bei gleichzeitiger Rückwärtsfahrt Schrickel/Nugel VRR 2014, 417.
4. Mitverschulden (§ 254 BGB)
a) Es verstößt gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs, wenn das Gericht die von dem verletzten Fußgänger vorgetragene alternative Möglichkeit der Unfallverursachung, die ein schuldhaftes Verhalten dieses Fußgängers ausschließen oder jedenfalls in günstigerem Licht erscheinen lassen könnte, nicht berücksichtigt (hier: überhöhte Geschwindigkeit des den Fußgänger beim Überqueren eines Fußgängerüberwegs anfahrenden Fahrzeugs). Da den Fußgänger im Gegensatz zu dem Kraftfahrer keine Gefährdungshaftung trifft, darf der Ersatzanspruch des Fußgängers gem. § 254 BGB nur dann gekürzt werden, wenn feststeht, dass er den Schaden durch sein Verhalten mitverursacht oder mitverschuldet hat. Die Darlegungs- und Beweislast für ein Fehlverhalten des Fußgängers trifft dabei den Kraftfahrer (BGH NJW 2014, 3300 = DAR 2014, 696 = zfs 2015, 88).
Ein Busfahrer, der einem Rollstuhlfahrer durch Ausfahren der Rampe Hilfestellung beim Einstieg leistet, ist gehalten, einen erkennbar schwerbehinderten Fahrgast auf die korrekte Positionierung seines Rollstuhls im Bus hinzuweisen, wenn er erkennt, dass der Fahrgast seinen Rollstuhl im Bus quer statt längs zur Fahrrichtung ausrichtet (OLG Saarbrücken NZV 2014, 519).
b) Bereits im letzten Bericht wurde auf die Entscheidung des BGH zur Frage des Mitverschuldens wegen Nichttragens eines Fahrradhelms hingewiesen (BGH NJW 2014, 2493 = DAR 2014, 520 = VRR 2014, 432 [Türpe], hierzu Huber NZV 2014, 489). Bei einem erheblichen, auch hinsichtlich des Verschuldens schwerwiegenden Verkehrsverstoßes einer Radfahrerin (hier: Vorfahrtsverletzung) tritt die Betriebsgefahr des vom Unfallgegner geführten Fahrzeugs vollständig zurück (OLG Oldenburg DAR 2015, 94).
5. Ersatz von Sachschäden (§ 249 BGB)
a) Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte statt der Naturalrestitution den zur Schadensbeseitigung erforderlichen Geldbetrag verlangen. Grundsätzlich kann dabei fiktiv abgerechnet werden auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens. Das vom Geschädigten im Verfahren vorgelegte Schadensgutachten eines von ihm beauftragten Sachverständigen stellt einen substanziierten Parteivortrag dar. Werden Feststellungen im Schadensgutachten bestritten, ist auf Antrag des Geschädigten über die erheblichen Tatsachen Beweis zu erheben (OLG Hamm NZV 2015, 37 = DAR 2014, 326).
Eine fiktive Schadensabrechnung ist nach OLG Stuttgart (NJW 2014, 3317 = DAR 2014, 648) allerdings nicht möglich, wenn ein ausländischer (hier: slowenischer) Fahrzeughalter sein Fahrzeug nach eine...