1. Drogenfahrten (§ 24a Abs. 2 StVG, auch § 316 StGB)
a) Für die Beurteilung der Beeinträchtigung der Fahruntüchtigkeit nach § 316 StGB nach Drogenkonsum bestehen keine festgelegten Wirkstoffgrenzen für eine absolute Fahruntüchtigkeit. Die hiernach verbleibende relative Fahruntüchtigkeit kann sich ergeben aus drogenbedingten Fahrfehlern oder einer Gesamtschau psycho-physischer Auswirkungen des Drogenkonsums auf die Fahrtüchtigkeit im Einzelfall (näher auch zu den Schwierigkeiten bei den Feststellungen Deutscher demnächst in StRR 2015; außerdem Krumm NZV 2014, 441). Vielfach bleibt nur der Rückgriff auf den Bußgeldtatbestand des § 24a Abs. 2 StVG. Wird der THC-Gehalt in einer Blutprobe lege artis nach den Richtlinien der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie ermittelt, ist kein "Sicherheitsabschlag" vom gemessenen Wert für unvermeidbare Messungenauigkeiten erforderlich (BVerwG DAR 2014, 711 = StRR 2015, 152 = VRR 3/2015, 13 [jew. Burhoff]).
b) Seit etwa zehn Jahren hat die obergerichtliche Rechtsprechung zu § 24a Abs. 2 StVG eine Fahrlässigkeit bei längere Zeit vor dem Fahrtantritt zurückliegendem THC-Konsum abgelehnt, wenn der im Blut gemessene THC-Gehalt nur geringfügig den analytischen Grenzwert von 1,0 ng/ml übersteigt (aktuell OLG Karlsruhe StV 2014, 622 = VRR 2014, 313/StRR 2014, 509 [jew. Burhoff]; näher m.w.N. demnächst Deutscher, in: StRR 2015). Hier scheint es eine Kehrtwende zu geben: Zunächst der 1. Senat des OLG Bremen (DAR 2014, 588 = NStZ-RR 2014, 257 [Ls.] = VRR 2014, 391/StRR 2014, 507 [jew. Deutscher]), dann auch das KG (VRS 127, 244 = VRR 2/2015, 14/StRR 2015, 37 [jew. Deutscher]) und das OLG Koblenz (NStZ-RR 2014, 322 [Ls.]) haben nunmehr Fahrlässigkeit bei solchen Sachverhalten angenommen (krit. Deutscher a.a.O.)
2. Bußgeldrechtliches Fahrverbot (§ 25 StVG, § 4 BKatV)
Zu Rechtsgrundlagen und Systematik des bußgeldrechtlichen Fahrverbots wird hingewiesen auf Deutscher, in: Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl. 2015, Rn. 1461 ff., 1721 ff.
Hinweis:
Übersicht zur Entwicklung des Fahrverbots im Jahr 2014 bei Deutscher NZV 2015, Heft 4.
a) Ein starker Stuhldrang lässt die Regelwirkung bei einem einschlägigen Geschwindigkeitsverstoß wegen einer notstandsähnlichen Lage nicht entfallen, wenn der Betroffene bereits vor der Messstelle dieses Problem wahrgenommen hatte (AG Lüdinghausen NZV 2014, 481 = DAR 2014, 217 = VRR 2014, 196 [Deutscher]).
b) Zunehmend verneinen die Tatgerichte die Erforderlichkeit des Fahrverbots zur erzieherischen Einwirkung auf den Betroffenen, wenn er eine verkehrspsychologische Schulung absolviert hat (AG Landstuhl VRR 2014, 475 [Deutscher] für MobilPlus des TÜV Süd). Die Erforderlichkeit kann auch bei längerem Zeitablauf zwischen Tat und Ahndung entfallen, wobei die Rechtsprechung einen Richtwert (nicht: verbindlichen Grenzwert) von zwei Jahren annimmt. Das OLG Zweibrücken (NZV 2014, 479 m. Anm. Bergenroth) will sogar einen Zeitablauf von einem Jahr und acht Monaten genügen lassen.
c) Berufliche Nachteile des Fahrverbots muss der Betroffene als typische, selbst verschuldete Folge des Fahrverbots hinnehmen. Unzumutbar ist aber ein konkret drohender Arbeitsplatzverlust bei Arbeitnehmern oder eine Existenzgefährdung bei Selbstständigen. Das kann der Fall sein bei einem alleingeschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH, der das Fahrverbot nicht durch Fahrer aus dem Betrieb oder dritte Fahrer überbrücken kann (AG Lüdinghausen VRR 2014, 476 [Deutscher]).
d) Zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes können bestimmte Fahrzeugarten (nicht: bestimmte Fahrzeuge) vom Fahrverbot ausgenommen werden (§ 25 Abs. 1 StVG). Fahrzeuge der Fahrerlaubnisklassen D1, D, D1 E, DE können unter die Ausnahme fallen, wenn der Betroffene als Busfahrer die Anlasstat mit einem Privat-Pkw begangen hat (AG Lüdinghausen NStZ-RR 2015, 26 = VRR 2/2015, 16 [Deutscher]).
e) In einem Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung hat der Betroffene gerichtlich angeordnete Maßnahmen zu seiner Identifizierung als Fahrer zumindest dann zu dulden, wenn die Verhängung eines Fahrverbots im Raum steht. Die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung des Betroffenen durch die Polizei außerhalb der Hauptverhandlung ist jedoch unverhältnismäßig, sofern ein anthropologischer Sachverständiger in der Lage ist, ein Vergleichsbild des Betroffenen zur Erstellung seines Identitätsgutachtens im Rahmen des Hauptverhandlungstermins zu fertigen und sogleich auszuwerten. Die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffs führt nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, sofern der gerichtlichen Anordnung nicht Willkür oder eine grobe Verkennung der Rechtslage zugrunde liegen (so OLG Stuttgart NJW 2014, 3590 m. Anm. Fikentscher = VRR 2014, 396 [Deutscher]; zu Zwangsmaßnahmen zur Fahreridentifizierung in Speditionen Fromm VRR 2014, 455)
3. Geschwindigkeitsverstöße: Standardisiertes Messverfahren (§ 3 StVO), Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung (§ 147 StPO, § 60 OWiG), Vorsatz
In den Berichtsjahren 2013 und 2014 war dieser Bereich das Schwerpunktthema. Das beruhte zum einen auf der wieder aufgeflammten Diskussion um die Rechtsfigur des standardisierten Messverfahrens speziell mit Blick auf die umstrittenen Messverfahren Poliscan Spe...