Bis zum Inkrafttreten des InsOÄG am 1.12.2001 (BGBl I, S. 2710; eingehend dazu Pape ZAP F. 14, S. 409; Vallender NZI 2001, 561; ders. MDR 2002, 181) war es dem anwaltlichen Berater häufig nicht möglich, eine sichere Abgrenzung von Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren vorzunehmen. Zunächst gab der Begriff "geringfügige selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit" in § 304 InsO a.F. genügend Anlass zu Auslegungsschwierigkeiten. Darüber hinaus war in Rechtsprechung und Literatur umstritten, auf welchen Zeitpunkt für die Abgrenzung zwischen Regel- und Verbraucherinsolvenzverfahren abzustellen sei (näher dazu Fuchs ZInsO 1999, 185, 187; ders. in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., S. 1683 Rn 6 ff.). Aufgrund dessen bestand die Gefahr, dass dem Mandanten ein Verfahrensweg, den das Gericht unter Umständen als überflüssig oder unzureichend ansah, angeraten wurde. Die Neufassung des § 304 InsO schafft mehr Rechtsklarheit und -sicherheit. Nach dieser Bestimmung unterliegen Schuldner, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben (§ 304 Abs. 1 S. 1 InsO), ausschließlich den Regeln des Verbraucherinsolvenzverfahrens. Erfasst werden auch Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft. Die Geschäftsführung ist eine angestellte, berufliche, also keine selbstständige Tätigkeit (BGH NZI 2005, 676; OLG Brandenburg ZInsO 2002, 283).
Dagegen sind aktive Kleinunternehmer ohne Einschränkung dem Regelinsolvenzverfahren zuzuordnen. Übt der Schuldner eine Nebentätigkeit aus, ist diese als selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen, wenn sie im eigenen Namen, für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausgeübt wird. Maßgeblich ist jedoch, dass sie einen nennenswerten Umfang erreicht und sich organisatorisch verfestigt hat (BGH NZI 2011, 410). Abgrenzungsmerkmal zur Annahme einer nicht selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit ist die Bagatellgrenze des § 3 Nr. 26 EStG (so BGH NZI 2011, 410). Rechtssystematisch sind Gesellschafter nicht als selbstständig wirtschaftlich Tätige einzuordnen. Dies gilt aber nicht für persönlich haftende Gesellschafter einer Personengesellschaft, deren unbeschränkte persönliche Haftung ein wesentliches Merkmal eigenwirtschaftlicher Unternehmenstätigkeit ist und ihr Äquivalent im Unternehmergewinn findet (Sternal in: Uhlenbruck/Hirte/Vallender, a.a.O., § 304 Rn 15 m.w.N.). Auf diesen Personenkreis finden die Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens Anwendung. Dies gilt gleichermaßen für den Mitgesellschafter einer GbR (LG Göttingen ZInsO 2002, 244). Der geschäftsführende Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist wirtschaftlich wie bei einer Tätigkeit im eigenen Namen betroffen und damit als selbstständig wirtschaftlich Tätiger i.S.d. § 304 S. 1 InsO anzusehen (BGH NZI 2005, 676). Auch die Mehrheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft unterliegen den Bestimmungen des Regelinsolvenzverfahrens, weil sie dem Unternehmen so stark verbunden sind, dass sie es wirtschaftlich betrachtet als ihr eigenes ansehen können (vgl. BGH NZI 2009, 384).
Auf ehemals selbstständige Schuldner finden die Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens Anwendung, wenn noch Forderungen aus Arbeitsverhältnissen einschließlich Ansprüchen von Sozialversicherungsträgern und Steuerforderungen abzuwickeln sind oder die Zahl von 19 Gläubigern überschritten wird, § 304 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 InsO. Der Terminus "Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen" ist weit zu verstehen. Hierzu zählen nicht nur die Forderungen der (ehemaligen) Arbeitnehmer des Schuldners selbst, sondern auch rückständige Sozialversicherungsbeiträge (BGH NZI 2011, 202; a.A. LG Dresden ZVI 2004, 19; LG Köln NZI 2002, 505).
Hinweis:
Ein Wahlrecht zwischen den beiden Verfahrensarten steht dem Schuldner nicht zu.