Den Zugang zum gerichtlichen Verfahren findet nur der Schuldner, der zuvor eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht hat (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Nähere Bestimmungen zum Ablauf dieses Schuldenbereinigungsversuchs enthält die Insolvenzordnung nicht. Der Begründung zum Gesetz ist zu entnehmen, dass der außergerichtliche Einigungsversuch ernsthaft unternommen werden muss. Durch die Neufassung des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO aufgrund des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte ("auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners") wurde für Verfahren, die nach dem 1.7.2014 beantragt wurden, eine Erhöhung der Anforderungen an die Bescheinigung erreicht, so dass im Regelfall eine persönliche Beratung des Schuldners durch den Aussteller der Bescheinigung unumgänglich ist. Dieser kann sich zwar der Hilfe Dritter bedienen, um etwa ein Gläubigerverzeichnis erstellen zu lassen. Die Beratung darf er jedoch nicht delegieren und i.d.R. auch nicht bloß telefonisch durchführen. Um dies entsprechend überprüfen zu können, bewertet das AG Köln (NZI 2015, 863; zustimmend Schmerbach NZI 2015, 866) den Versuch der außergerichtlichen Einigung auf Planbasis und persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners durch eine geeignete Person oder Stelle als Zulässigkeitsvoraussetzung für das Verbraucherinsolvenzverfahren. Das Insolvenzgericht sei berechtigt, die Durchführung des außergerichtlichen Einigungsversuchs und die Richtigkeit der Angaben auf der Bescheinigung (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO) zu überprüfen. Sei eine außergerichtliche Einigung, die den Anforderungen des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO gerecht wird, nicht erfolgt, habe das Insolvenzgericht den Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Die Rücknahmefiktion gem. § 305 Abs. 3 S. 2 InsO greife nicht ein, wenn überhaupt eine Bescheinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorgelegt wird, möge diese auch inhaltlich fehlerhaft oder falsch sein (Anschluss an AG Potsdam ZInsO 2015, 599). Es sei nicht ausreichend, wenn die Beratung durch eine nicht als geeignet anerkannte Stelle durchgeführt wird und sodann von einer anerkannten Person (i.c. ein Rechtsanwalt) oder Stelle die Durchführung der Beratung bescheinigt wird. Denn dies umgehe das vom Gesetz zwingend vorgeschriebene Anerkennungsverfahren und die damit einhergehende behördliche Prüfung der Eignung und hebele es aus. Auch nach Auffassung des LG Düsseldorf (ZVI 2015, 335) führt eine fehlende persönliche Beratung des Insolvenzschuldners zur Unzulässigkeit des Insolvenzantrags sowie des Restschuldbefreiungs- und Stundungsantrags des Schuldners. Hain (jurisPR-InsR 20/2015 Anm. 3) begrüßt die Entscheidung des AG Köln, weil sie dazu beitrage, den bundesweit über das Internet agierenden professionellen Schuldenregulierern das Arbeiten zu erschweren. Diese täten sich in den meisten Fällen damit hervor, dass sie überschuldeten Verbrauchern für nutzlose Tätigkeiten überhöhte Gebühren in Rechnung stellen würden (FK-InsO/Grote, Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Aufl., § 305 Rn 21). In diesen Fällen, bei denen dann zumeist ein Rechtsanwalt eingeschaltet werde, der ebenfalls nicht am Wohnort des Schuldners, sondern in erheblicher räumlicher Distanz (zumeist am Sitz der Regulierungsunternehmen) tätig ist, komme es nie zu der nach neuer Rechtslage erforderlichen persönlichen Beratung.

 

Praxishinweis:

Rechtsanwälte sollten davon Abstand nehmen, nach Beratung des Schuldners durch eine nicht als geeignet anerkannte Stelle die Durchführung der Beratung zu bescheinigen. Zahlreiche Insolvenzgerichte weisen in einem solchen Fall den Insolvenzantrag als unzulässig zurück. Das Nachsehen hat der Mandant, weil ihm der Weg ins Verbraucherinsolvenzverfahren zunächst versperrt ist.

Der außergerichtliche Einigungsversuch setzt darüber hinaus zwingend die Ausarbeitung eines schriftlichen Schuldenbereinigungsplans voraus, in den alle dem Schuldner bekannten Gläubiger einzubeziehen sind. Tritt der Schuldner mit seinem Plan nur an einen oder wenige Gläubiger heran, erfüllt dies von vornherein nicht den Tatbestand des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO (str. so aber LG Düsseldorf ZVI 2013, 386; AG Nürnberg ZVI 2004, 185). Es stellt auch keinen ernsthaften außergerichtlichen Einigungsversuch dar, wenn der Schuldner seinen Gläubigern nicht nachvollziehbar und überprüfbar darlegt, welche Leistungen an die Gläubiger ihm möglich sind.

Der Schuldner muss im Zeitpunkt der Durchführung des außergerichtlichen Einigungsversuchs noch nicht zahlungsunfähig sein oder es in absehbarer Zeit werden. Auch wenn das außergerichtliche Einigungsverfahren quasi als Spiegelbild des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens anzusehen ist, dürfen insoweit nicht dieselben Anforderu...

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