Die Durchführung eines gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens gem. § 306 ff. InsO erscheint nur sinnvoll, wenn tatsächlich eine Chance besteht, dieses Verfahren zum Erfolg zu bringen und zumindest mittels einer gerichtlichen Zustimmungsersetzung abzuschließen (Pape/Pape ZIP 2001, 1553, 1558). Da in vielen Verfahrenssituationen das Scheitern des Plans von vornherein feststeht (z.B. die Mehrheit der Hauptgläubiger hat den außergerichtlichen Vergleichsvorschlag abgelehnt, der Schuldner legt einen Null-Plan vor), eröffnet § 306 Abs. 1 S. 3 InsO (eingefügt durch das InsOÄG 2001) dem Insolvenzgericht die Möglichkeit, auf die Durchführung des Schuldenbereinigungsverfahren zu verzichten, wenn nach seiner freien Überzeugung der Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen wird.
Die Entscheidung darüber, ob das Schuldenbereinigungsverfahren durchgeführt werden soll oder nicht, trifft das Insolvenzgericht nach pflichtgemäßem Ermessen (krit. zur Entscheidungsbefugnis des Gerichts Grote ZInsO 1999, 383 ff.; ders. ZInsO 2001, 17, 19; Vallender DGVZ 2000, 97, 103; Pape/Pape ZIP 2000, 1553, 1558; Schmerbach/Stephan ZInsO 2000, 542; Goebel ZInsO 2000, 383, 385; Kohte VuR 2000, 446). Prüfungsmaßstab ist dabei nicht die Einschätzung des Schuldners, sondern die objektive Erfolgsaussicht des Schuldenbereinigungsplans. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs ist die Anhörung des Schuldners vor der Entscheidung des Gerichts, von der Durchführung des Schuldenbereinigungsverfahrens abzusehen, zwingend vorgeschrieben.
Hinweis:
Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn der Schuldner die Durchführung des Schuldenbereinigungsverfahrens für aussichtsreich hält und das Gericht dieser Einschätzung folgt. In der gerichtlichen Praxis verzichten die meisten Schuldner auf die Durchführung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens. Die Gerichte schließen sich ihrer Einschätzung regelmäßig an. Aus diesem Grunde finden gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren nur selten statt.
aa) Anordnung der Fortsetzung des Verfahrens
Sieht das Insolvenzgericht von der Durchführung des Schuldenbereinigungsverfahrens ab, hat es die Fortsetzung des Verfahrens über den Eröffnungsantrag anzuordnen. Diese Maßnahme ergeht in Gestalt eines unanfechtbaren Beschlusses (LG Berlin ZVI 2003, 77). Unverzüglich nach der Anordnung über die Fortsetzung des Verfahrens hat das Gericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entscheiden. Dabei hat es seine Entscheidung, ob der Verfahrensstand noch Anlass für Ermittlungen bietet, ohne Bindung an Behauptungen oder Anregungen Beteiligter zu treffen (HK-InsO/Kirchhof, a.a.O., § 5 Rn 8).
bb) Durchführung des Schuldenbereinigungsverfahrens
Hält das Insolvenzgericht dagegen die Durchführung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens für erfolgversprechend, hat es die Zustellung der in § 307 Abs. 1 S. 1 InsO genannten Unterlagen, von denen der Schuldner innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung durch das Gericht die erforderliche Zahl der Abschriften vorzulegen hat (§ 306 Abs. 2 2. 3 InsO), an alle vom Schuldner genannten Gläubiger zu veranlassen (Kohte/Ahrens/Grote, a.a.O., § 307 Rn 7).
Hinweis:
Der Schuldner hat darauf zu achten, dass die eingeforderten Unterlagen innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der gerichtlichen Aufforderung bei Gericht eingehen. Bei Fristversäumung gilt der Insolvenzantrag als zurückgenommen (§ 306 Abs. 2 S. 3 InsO i.V.m. § 305 Abs. 3 S. 2 InsO). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Fristversäumung ist ausgeschlossen, weil es sich bei der Monatsfrist um eine Notfrist handelt. Der Schuldner hat in diesem Fall lediglich die Möglichkeit, einen neuen Insolvenzantrag – allerdings mit einer Wartefrist von drei Jahren (BGH NZI 2014, 1017) – einzureichen. Diese Frist dürfte nicht für Verfahren gelten, die nach dem 1.7.2014 beantragt worden sind.
Ein Auswahlermessen steht dem Gericht angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 307 Abs. 1 S. 1 InsO nicht zu. Die förmliche Zustellung an alle Gläubiger hat die Funktion, möglichst schnell feststellen zu können, ob der Schuldenbereinigungsplan Grundlage für eine einvernehmliche Lösung sein kann (OLG Frankfurt NZI 2000, 536, 537 = ZInsO 2000, 565). Zugleich hat das Gericht die Gläubiger aufzufordern, zu den übersandten Unterlagen binnen einer Notfrist von einem Monat Stellung zu nehmen (§ 307 Abs. 1 S. 1 InsO). Ferner hat das Gericht die Aufforderung zur Ergänzung des Forderungsverzeichnisses nach Satz 2 der Vorschrift mit dem Hinweis darauf zu verbinden, dass ein Gläubiger, der eine Forderung oder Teilforderung nicht ergänzt, nach dem Zustandekommen des Schuldenbereinigungsplans insoweit nicht mehr Erfüllung verlangen kann (§ 308 Abs. 3 S. 2 InsO). Auf diese Weise sollen Gläubiger zur aktiven Mitwirkung an der Schuldenbereinigung angehalten werden. Diesem Ziel dient auch die in § 307 Abs. 2 InsO verhängte Sanktion, dass ein Schweigen des Gläubigers als Zustimmung gewertet wird. Nach Ablauf der Frist ist dem Schuldner wiederum Gelegenheit zu geben, den Schuldenbereinigungsplan binnen einer vom Gericht zu bestimmende...