1. Sachgrund i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG
Mit Urteil vom 19.1.2005 hat der für das Befristungsrecht zuständige Siebte Senat des BAG (7 AZR 115/04; im Anschluss an BAG, Urt. v. 4.12.2002 – 7 AZR 492/01; BAG, Urt. v. 5.6.2002 – 7 AZR 241/01) entschieden, dass der Wunsch eines Arbeitnehmers nach einer nur zeitlich begrenzten Beschäftigung einen Sachgrund i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses darstellen kann. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien nach Erreichen des Renteneintrittsalters des Arbeitnehmers die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, kann die Befristung sachlich gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht und die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses der Einarbeitung einer Nachwuchskraft dient (BAG, Urt. v. 11.2.2015 – 7 AZR 17/13, NJW 2015, 2682).
Sachverhalt: Der am 21.1.1945 geborene Kläger, der seit Vollendung seines 65. Lebensjahres gesetzliche Altersrente bezieht, war bei der Beklagten langjährig beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag sah keine Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters vor. Am 22.1.2010 vereinbarten die Parteien, dass das Arbeitsverhältnis am 31.12.2010 ende. Dieser Vertrag wurde zweimal verlängert, zuletzt vereinbarten die Parteien am 29.7.2011, dass der Arbeitsvertrag ab 1.8.2011 mit veränderten Konditionen weitergeführt werde und am 31.12.2011 ende. Der Vertrag enthält die Abrede, dass der Kläger eine noch einzustellende Ersatzkraft einarbeitet. Der Kläger hat die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristung am 31.12.2011 geendet hat.
Während die Vorinstanzen die Klage abwiesen, hatte die Revision des Klägers im Sinne der Zurückverweisung Erfolg. Der Bezug von gesetzlicher Altersrente allein rechtfertigt die Befristung des Arbeitsverhältnisses aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG) nicht. Erforderlich ist in diesem Fall vielmehr zusätzlich, dass die Befristung einer konkreten Nachwuchsplanung der Beklagten diente. Hierzu hat das LAG bislang keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, was es nun nachzuholen hat.
Hinweise:
- Allein der Bezug einer gesetzlichen Rente ohne eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag begründet keinen Befristungsgrund i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG. Wird eine gesetzliche Altersrente bezogen und besteht bei dem Arbeitgeber eine konkrete Nachwuchsplanung, kann ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG vorliegen.
- Nach ständiger BAG-Rechtsprechung kann zwar der Wunsch des Arbeitnehmers die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen (BAG, Urt. v. 19.1.2005 – 7 AZR 115/04; BAG, Urt. v. 4.12.2002 – 7 AZR 492/01; BAG, Urt. v. 5.6.2002 – 7 AZR 241/01). Der Abschluss des – ggf. günstigen – befristeten Vertrags selbst (vgl. BAG, Urt. v. 26.8.1998 – 7 AZR 349/97) lässt den Rückschluss auf den Wunsch des Arbeitnehmers nicht zu. Der Wunsch des Arbeitnehmers ist nur dann gesichert, wenn die Kontrollfrage bejaht wird: "Hätte der Arbeitnehmer auf das Angebot eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, dieses ausgeschlagen und nur ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart?" Der erforderliche Nachweis gelingt dem Arbeitgeber dann, wenn er ein konkretes Angebot vorweisen kann, welches der Arbeitnehmer ausgeschlagen hat (BAG, Urt. v. 19.1.2005 – 7 AZR 115/04; BAG, Urt. v. 4.12.2002 – 7 AZR 492/01).
- Ist die Befristungsvereinbarung unwirksam, ist weder mit dem vereinbarten Befristungsende noch mit dem 65. Lebensjahr Schluss, vielmehr liegt ein nach § 16 S. 1 TzBfG unbefristeter Vertrag vor, der nur durch Kündigung, Aufhebungsvereinbarung oder Tod endet.
2. Befristung zur Vertretung, § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG
Das BAG fasst in seinem Urteil vom 29.4.2015 (7 AZR 310/13, NZA 2015, 928) die bisherigen Grundsätze zur Vertretungsbefristung nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG zusammen: Der klagende Arbeitnehmer war in der Zeit von 1.11.1998 bis 31.8.2013 (rund 15 Jahre) aufgrund von zehn befristeten Arbeitsverträgen als stellvertretender Küchenleiter in der Küche eines städtischen Alten- und Pflegeheims mit insgesamt 5,2 Vollzeitarbeitskräften beschäftigt. Die Stadt betrieb nur eine Küche. Die Befristungen entsprachen nach Grund und Dauer jeweils den prognostizierten oder bewilligten Abwesenheitszeiten der stellvertretenden Küchenleiterin. Diese beruhten auf der Geburt von insgesamt drei Kindern, schwangerschaftsbedingten Erkrankungen, Mutterschutz, Erziehungsurlaub/Elternzeit und zuletzt Sonderurlaub nach § 28 TVöD zur Betreuung von Kindern im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren. Der Kläger wendet sich mit der fristgemäß erhobenen Entfristungsklage gegen die Letztbefristung wegen Sonderurlaubs. Eine Vertretungsbefristung sei unwirksam, jedenfalls rechtsmissbräuchlich.
Die Klage hatte in allen drei Instanzen keinen Erfolg, weil die Letztbefristung durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. S. 2 Nr. 3 TzBfG i.V.m. § 21 BEEG gerechtfertigt ist. Dabei wird der Sachg...