a) Beteiligung von Fußgängern
Im Berichtszeitraum hat besonders häufig die Festlegung von Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen mit Fußgängern eine Rolle gespielt. Bei einem plötzlich auf die Fahrbahn tretenden Fußgänger kann dessen Verschulden die Betriebsgefahr des Kfz deutlich überwiegen (LG Mönchengladbach VRR 10/2017, 13 [Nugel]) oder ganz ausschließen (OLG Dresden NJW-RR 2017, 1303 = zfs 2017, 555). Das Laufen auf einer unbeleuchteten Straße zur Nachtzeit in dunkler Kleidung im Zustand der alkoholbedingten Verkehrsuntüchtigkeit stellt einen so groben Obliegenheitsverstoß dar, dass die Haftung des Halters/Fahrers entfällt, wenn die Betriebsgefahr des Fahrzeugs nicht erhöht war (OLG Jena NJW 2018, 77).
Hinweis:
Das bloße Tragen dunkler Kleidung genügt hingegen bei ordnungsgemäßem Verhalten nach den Vorgaben des § 25 Abs. 3 StVO nicht für die Annahme eines Mitverschuldens (OLG München VRR 12/2017, 9 [Burhoff]; zu Haftungsfragen bei § 25 Abs. 3 StVO Bohne NZV 2018, 127).
b) Beteiligung von Motorradfahrern
Einen entgegenkommenden Motorradfahrer trifft keine Mithaftung, wenn er spontan eine überzogene Schreckreaktion an den Tag legt und eine zu starke Bremsung durchführt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine den gesamten Umständen nach völlig verfehlte Reaktion vorliegt (LG Mönchengladbach VRR 2/2018, 9 [Nugel]). Ein Motorradfahrer muss sich nach dem gegenwärtigen Stand kein Mitverschulden anrechnen lassen, weil er bei dem Unfall statt Motorradstiefeln nur Turnschuhe trug (OLG München NJW 2017, 2838 m. Anm. Schroeder = zfs 2017, 673 m. Anm. Diehl = VRR 12/2017, 10 [Deutscher]).
c) Unfälle beim Rückwärtsfahren
Kommt es zwischen einem Pkw, der aus einer untergeordneten Straße nach rechts abbiegen will, und einem Transporter, der unmittelbar hinter der Einmündung der Vorfahrtsstraße vom Fahrbahnrand rückwärts anfährt, zu einer Kollision, ist eine Haftungsverteilung von 70:30 zulasten des Transporters gerechtfertigt, wenn sich der Pkw-Fahrer trotz Erkennens der Rückwärtsfahrt des anderen Kfz weiter in den Kreuzungsbereich vorgetastet und dadurch den Unfall mitverursacht hat (OLG Zweibrücken NZV 2017, 488 [Balke]). Bei der Kollision eines wartepflichtigen, in die Vorfahrtsstraße einbiegenden Pkw mit einem rückwärtsfahrenden Müllfahrzeug überwiegt der Pflichtverstoß des rückwärtsfahrenden Müllwerkers (LG Saarbrücken NJW-RR 2017, 87 = NZV 2017, 586 [Felz]).