Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Begriff des Vertretenmüssens ist im Sinne der allgemeinen Vorschriften der §§ 276, 278 BGB zu verstehen (Blank, in: Blank/Börstinghaus, a.a.O., § 556 BGB Rn 205). Danach hat ein Schuldner, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Ein Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen hat er wie eigenes Verschulden zu vertreten.

Ob der Vermieter die verspätete Abrechnung zu vertreten hat, ist eine Frage des Einzelfalls:

  • Der BGH (Urt. v. 5.7.2006 – VIII ZR 220/05, WuM 2006, 516 = GE 2006, 1160 = NZM 2006, 740 = ZMR 2006, 847 = NJW 2006, 3350 = DWW 2006, 419 = MDR 2007, 204) weist darauf hin, dass der Vermieter eine verspätete Abrechnung (§ 556 Abs. 3 S. 2 BGB) dann zu vertreten hat, wenn sie zunächst unverschuldet ist, er sich anschließend aber nach Wegfall des Hindernisses mehr als drei Monate Zeit für die Abrechnung lässt. In dem zu entscheidenden Sachverhalt hatte der Vermieter die nachberechnete Grundsteuer erst neun Monate nach Zugang des Bescheids abgerechnet.
  • Nicht zu vertreten hat der Vermieter eine Verspätung der Abrechnung oder ihre nachfolgende Ergänzung, wenn der Grundsteuerbescheid erst nach Ablauf der Frist beim Vermieter eintrifft (Grundmann NJW 2001, 2497, 2500). In diesem Fall kann die Abrechnung also nicht nur generell berichtigt und ergänzt werden, sondern auch erst nach Ablauf der Ausschlussfrist erstellt werden.
  • Ob der Vermieter die verspätete Abrechnung in sonstigen Fällen zu vertreten hat, wird unterschiedlich beurteilt: So kommt das LG Hannover (Beschl. v. 3.5.2007 – 13 S 21/07, WuM 2007, 629) zu einem Vertretenmüssen des Vermieters, wenn er die rechtzeitige Mitteilung der Abrechnung nach vertragsgemäßem Auszug des Mieters wegen Unkenntnis der neuen Anschrift des früheren Mieters nicht wahrt, die Anschrift aber unmittelbar bei Auszug hätte erfragen oder danach beim Einwohnermeldeamt hätte einholen können. Dagegen geht das AG Bad Neuenahr (Urt. v. 23.5.2007 – 3 C 177/07, NJW-RR 2008, 244) von einer eigenen Pflicht des ausgezogenen Mieters aus, dem Vermieter zur Abwicklung des Mietverhältnisses die neue Anschrift mitzuteilen. Verletzt der Mieter diese Pflicht, so kann er sich gegenüber einer Betriebskostennachforderung eines ehemaligen Vermieters nicht auf den Ablauf der Jahresfrist berufen.
  • Bestreitet der Mieter den Zugang der Abrechnung innerhalb der Ausschlussfrist, so ist von einem Vertretenmüssen des Vermieters des verspäteten Zugangs der Abrechnung auszugehen (AG Meißen, Urt. v. 24.8.2007 – 3 C 0257/07, WM 2007, 628; LG Düsseldorf, Urt. v. 7.2.2007 – 23 S 108/06).

Nach Langenberg/Zehelein (a.a.O., G. II. 2. Rn 53) sind Fälle entschuldigter Verspätung:

  • Verzögerungen des Abrechnungsdienstes,
  • Streitigkeiten mit Lieferanten über die von ihnen ausgestellten Rechnungen,
  • längerer Ausfall der EDV-Anlage oder
  • extrem hoher Krankenstand in der Verwaltung.

Dagegen hat der Vermieter nach Ansicht von Beuermann/Blümmel (Das neue Mietrecht 2001, § 556 BGB, S. 117) Verzögerungen aus seinem eigenen Rechtskreis immer zu vertreten. In diesem Sinne ist Blank (in: Blank/Börstinghaus, a.a.O., § 556 BGB Rn 205) der Ansicht, dass er auch für Verspätungen der Abrechnungsdienste einzustehen hat. Er haftet jedoch nicht für die verzögerte Abrechnung von Lieferanten von Wasser und Wärme. Bei der Vermietung einer Eigentumswohnung muss sich der Eigentümer und Vermieter bemühen, vom Verwalter die Wohngeldabrechnung zu erhalten, die die Grundlage seiner Abrechnung mit dem Mieter bildet. Nur ist ihm die Verspätung nicht zuzurechnen (Eisenschmid, in: Börstinghaus/Eisenschmid, Arbeitskommentar neues Mietrecht, § 556 BGB, S. 208).

 

Hinweis:

Schwierigkeiten bei der rechtlichen Beurteilung treten bei Großvermietern auf, die noch kurz vor Ablauf der Jahresfrist eine Vielzahl von Betriebskostenabrechnungen zu erstellen haben. Hier stellt sich die Frage, ob sie organisatorische Vorkehrungen zu treffen haben, die einen abrechnungslosen Fristablauf vermeiden (so: Hinz/Ormanschick/Riecke/Scheff, Das neue Mietrecht, 2001, Rn 28).

Mit Rücksicht auf einen eventuellen Zahlungsanspruch des Mieters besteht für den Vermieter auch noch nach Ablauf der Ausschlussfrist eine Abrechnungspflicht. Er selbst kann in diesem Stadium keine Nachforderungen mehr stellen. Tut er dies trotzdem und werden sie vom Mieter in Verkennung der Rechtslage bezahlt, so kann der Mieter sie gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückverlangen. Sein Bereicherungsanspruch ist nicht analog § 214 Abs. 2 S. 1 BGB ausgeschlossen (BGH, Urt. v. 18.1.2006 – VIII ZR 94/05, GE 2006, 246 = WuM 2006, 150 = NJW 2006, 903 = NZM 2006, 222 = DWW 2006, 113 = ZMR 2006, 268 = MDR 2006, 1038).

Auf die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 S. 2, 3 BGB ist § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht entsprechend anwendbar (BGH, Urt. v. 19.11.2008 – VIII ZR 30/08, NJW 2009, 283 = WuM 2009, 42 = NZM 200...

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