Liegt eine Zuwiderhandlung vor, wird das Verschulden des Schuldners vermutet, er muss sich dann entlasten (Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 12 Rn 1.223). Im Übrigen wird häufig auch bei Einschaltung von Hilfspersonen daneben noch ein eigenes Verschulden des Schuldners in Betracht kommen. Zur Unterbindung von weiteren Rechtsverletzungen gehört es zu den Aufgaben des Schuldners, Mitarbeiter und Beauftragte genau zu belehren und zu instruieren, damit sie die Bedeutung weiterer Verstöße verstehen und entsprechend handeln können. Ferner muss der Schuldner die Einhaltung der fremden Tätigkeiten auch überwachen. Ein Organisationsverschulden des Schuldners liegt also z.B. vor, wenn er lediglich eine telefonische Anweisung erteilt, dass eine bestimmte Werbung zu entfernen ist, oder er die in einer Abmahnung erwähnten Internetportale nicht dahingehend überprüft, ob die Verstöße tatsächlich beseitigt wurden (Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 12 Rn 1.223).
An einem vom LG Münster (Urt. v. 19.1.2018 – 022 O 85/17) entschiedenen Vertragsstrafenklagefall wird der Umfang der Prüfungspflichen des Schuldners gut erkennbar. Die dortige Beklagte hatte sich verpflichtet, "es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte am Hotelbetrieb, in gedruckten Werbeunterlagen oder sonst werblich mit Hinweisen auf eine Sterneklassifizierung zu werben, sofern dem keine aktuell gültige Zertifizierung nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung zugrunde liegt (...)."
Einige Monate nach der Abgabe der Unterlassungserklärung führte eine Google-Suche unter dem Stichwort "hotel restaurant ..." zu einer an zweiter Stelle der Trefferliste geführten Kurzbeschreibung des Betriebs der Beklagten durch das Hotel-Buchungsportal hrs.de, in der es u.a. hieß: "3-Sterne-Hotel N in P günstig bei HRS buchen (...)". Über eine Sterne-Zertifizierung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) oder einer anderen, nicht aufgrund eigener Provisionsansprüche am Umsatz des Hotelbetriebs interessierten Zertifizierungsstelle verfügte der Betrieb der Beklagten auch zu diesem Zeitpunkt nicht.
Die Beklagte verteidigte sich gegen die i.H.v. 4.000 EUR geltend gemachte Vertragsstrafe damit, sie habe die mit ihr zusammenarbeitenden Buchungsportale hrs.de und booking.com unmittelbar nach Erhalt der Abmahnung des Klägers aufgefordert, sämtliche Hinweise auf eine Dehoga-Zertifizierung ihres Betriebs zu beseitigen. Darüber hinaus habe sie auch den Internetanbieter Google aufgefordert, in sämtlichen Veröffentlichungen, auf die über Google zugegriffen werden kann, Hinweise auf eine Dehoga-Zertifizierung zu entfernen. Sie vertrat die Ansicht, damit habe sie alles getan, um zu verhindern, dass die unzulässige Werbung als 3-Sterne-Hotel erscheint.
Das war dem LG Münster zu wenig. Das Gericht ging von einer Kontrollpflichtverletzung der Beklagten im Hinblick auf die übernommene Unterlassungsverpflichtung aus. Die Beklagte hätte zur Vermeidung wettbewerbswidriger Werbung auf gängigen Buchungsportalen, deren Handeln ihr wirtschaftlich zugutekommt, nach unzulässiger Werbung selbstständig recherchieren und auf diese Portale so einwirken müssen, dass eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Sternewerbung nicht mehr erscheint (dazu BGH, Urt. v. 13.11.2013 – I ZR 77/12). Um dieser Obliegenheit zu genügen, reicht es nicht aus, dass die Beklagte das Unternehmen hrs.de und auch den Suchanbieter Google nach Zugang der Abmahnung aufgefordert haben will, sämtliche Hinweise auf eine Dehoga-Zertifizierung zu beseitigen. Vielmehr hat die Beklagte die Reichweite ihrer Recherche- und Kontrollpflichten verkannt und diese dadurch verletzt, dass sie nach einer eigenen Recherche nicht auch auf eine Entfernung des hier gerügten Sternehinweises von hrs.de hingewirkt hat, ggf. durch Androhung rechtlicher bzw. gerichtlicher Schritte.