1. Ausgangslage
Werden nicht anhängige Gegenstände in einen Vergleich mit einbezogen, so ergibt sich daraus grundsätzlich die Notwendigkeit einer zusätzlichen Wertfestsetzung für die gerichtliche Vergleichsgebühr. Allzu häufig wird dabei aber der Wert des Gesamtvergleichs festgesetzt. Auch dies ist unzutreffend.
Beispiel: Streitwertfestsetzung bei Mehrvergleich über nicht anhängige Gegenstände
Eingeklagt sind 30.000 EUR. Die Parteien schließen in der mündlichen Verhandlung einen Vergleich über die 30.000 EUR und weitere nicht anhängige 50.000 EUR.
Das Gericht setzt den Wert des Verfahrens auf 30.000 EUR fest und den Wert des Vergleichs auf 80.000 EUR.
2. Vergleichswert
Zu stellen ist hier wieder die Grundfrage: Warum setzt das Gericht einen Vergleichswert fest? Antwort: Weil daraus Gerichtsgebühren erhoben werden. Es fragt sich: Welche Gerichtsgebühr wird für einen Vergleich erhoben? Die Lösung liegt in Nr. 1900 GKG-KostVerz.
1900 |
Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs: Soweit ein Vergleich über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird ........................... |
0,25 |
Danach wird die Gerichtsgebühr aber nicht für den Vergleich als solchen erhoben, sondern für einen Vergleich, soweit er Gegenstände betrifft, die nicht anhängig sind. Das bedeutet, dass das Gericht als Vergleichswert auch nur den „Mehrwert” festsetzen darf, also den Wert der nicht anhängigen Gegenstände.
Soweit der Vergleich auch über anhängige Gegenstände geschlossen wird, hat eine Wertfestsetzung für den Vergleichswert zu unterbleiben, weil daraus keine Gerichtsgebühr erhoben wird. Insoweit ist die Tätigkeit des Gerichts nämlich mit der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen abgegolten.
Die richtige Wertfestsetzung hätte also wie folgt lauten müssen:
- Streitwert des Verfahrens
|
30.000 EUR |
|
- (Mehr-)Wert des Vergleichs
|
50.000 EUR |
|
Fehlerhafte Wertfestsetzungen wie im Beispiel führen dazu, dass der Kostenbeamte die Vergleichsgebühr nach einem zu hohen Wert ansetzt, da er ja grundsätzlich davon ausgehen darf, dass das Gericht zutreffend festsetzt und mit dem Wert des Vergleichs tatsächlich auch der Wert gemeint ist, nach dem die Vergleichsgebühr zu erheben ist.
In der Praxis verhält es sich allerdings häufig so, dass die Kostenbeamten die fehlerhafte Wertfestsetzung des Gerichts erkennen und ignorieren. Das ist aber nur in den Fällen möglich, in denen offensichtlich ist, dass das Gericht den Wert der Klageforderung beim Vergleichswert (doppelt) berücksichtigt hat. In vielen Fällen ist dies aber auch gar nicht zu erkennen, insbesondere dann, wenn es im Laufe des Verfahrens zu Teilrücknahmen oder -erledigungen gekommen ist. Dann kann man den Wert der Vergleichsgebühr nicht durch einfache Subtraktion (Vergleichswert - Verfahrenswert) ermitteln.
3. Anwaltsgebühren
Auch für die Anwaltsgebühren hat dies Bedeutung. So würde man im Beispiel bei wörtlicher Anwendung der Wertfestsetzung eine anwaltliche Verfahrensgebühr zu 1,3 aus 30.000 EUR annehmen und unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 3 RVG eine 0,8 Verfahrensdifferenzgebühr aus 80.000 EUR. Die Terminsgebühr würde sich aus 110.000 EUR berechnen. Bei der Einigungsgebühr wäre bei wörtlicher Anwendung eine 1,0 Gebühr aus 30.000 EUR zu erheben und wiederum unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 3 RVG eine 1,5 Gebühr aus 80.000 EUR.
4. Praxistipp
Bei der Festsetzung des Vergleichswerts ist darauf zu achten, dass auch tatsächlich nur der Wert der nicht anhängigen Gegenstände berücksichtigt wird. Anderenfalls ist wiederum Streitwertbeschwerde oder Gegenvorstellung zu erheben, um das Gericht zu veranlassen, den Vergleichswert zutreffend festzusetzen.