1. Ausgangslage
Eine vergleichbare Problematik ergibt sich, wenn ein Vergleich über anderweitig anhängige Gegenstände geschlossen wird.
Beispiel: Streitwertfestsetzung bei einem Vergleich über anderweitig anhängige Gegenstände
Anhängig ist ein Rechtsstreit vor dem LG Köln über eine Forderung i.H.v. 30.000 EUR. Des Weiteren ist ein Rechtsstreit zwischen denselben Parteien vor dem LG Düsseldorf anhängig (Streitwert: 50.000 EUR). Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG Köln wird ein Vergleich geschlossen, durch den auch das Düsseldorfer Verfahren erledigt wird:
Das LG Köln setzt den Streitwert des Verfahrens auf 30.000 EUR fest und den Mehrwert des Vergleichs auf 50.000 EUR.
Würde man diese Wertfestsetzung wörtlich nehmen, dann wäre in Köln eine 1,0 Gebühr nach Nr. 1210, 1211 GKG-KostVerz. aus 30.000 EUR zu erheben und eine 0,25 Vergleichsgebühr nach Nr. 1900 GKG-KostVerz. aus 50.000 EUR.
2. Zutreffende Wertfestsetzung
Auch hier ist wiederum zu fragen: Warum wird ein Streitwert für den Mehrwert des Vergleichs festgesetzt? Das richtet sich nach Nr. 1900 GKG-KostVerz.:
1900 |
Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs: Soweit ein Vergleich über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird ........................... |
0,25 |
Ausweislich des Wortlauts wird also eine Vergleichsgebühr für einen Vergleich über nicht anhängige Gegenstände erhoben. Hier ist aber ein Vergleich geschlossen worden über anhängige Gegenstände. Dass diese Gegenstände anderweitig anhängig waren, ist unerheblich. Dies ist seinerzeit durch die Neufassung des GKG ausdrücklich klargestellt worden. Hintergrund ist, dass das Gericht – ebenso wie der Anwalt – nicht doppelt abrechnen soll. Aus dem Wert von 50.000 EUR hat die Landeskasse bereits eine Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen in Düsseldorf erhoben. Die dort erhobene Gebühr deckt auch einen Vergleich über diesen Gegenstand ab, unabhängig davon, ob der Vergleich vor dem LG Düsseldorf geschlossen wird oder vor einem anderen Gericht.
Rechtsprechungshinweis:
LG Mannheim (Beschl. v. 30.7.2013 – 7 O 149/12, AGS 2014, 25 = NJW-Spezial 2014, 59): Die besondere Gebühr gem. Nr. 1900 GKG-KostVerz. für den Mehrwert eines gerichtlichen Vergleichs entsteht grundsätzlich nicht, wenn nur ein anderweitiges, vor einem deutschen Gericht anhängiges Verfahren, für welches nach den Kostengesetzen eine eigene, das dortige Verfahren insgesamt abgeltende Verfahrensgebühr angefallen ist, miterledigt wird.
Daraus folgt, dass hier keine Vergleichsgebühr erhoben werden darf. Darf aber keine Vergleichsgebühr erhoben werden, dann darf auch kein Wert festgesetzt werden. Die Wertfestsetzung hätte lauten müssen:
Zitat
Streitwert des Verfahrens 30.000 EUR. Der Vergleich hat keinen Mehrwert.
Bei dieser zutreffenden Wertfestsetzung wäre dann für den Kostenbeamten in Köln völlig eindeutig, dass er lediglich eine 1,0 Gebühr nach Nr. 1210, 1211 GKG-KostVerz. erheben darf und für den Düsseldorfer Kostenbeamten wäre dann ebenso klar, dass er nur eine 1,0 Gebühr aus 50.000 EUR erheben darf. Damit wäre die Landeskasse aus den vollen 80.000 EUR bezahlt.
3. Anwaltsgebühren
Soweit jetzt wiederum eingewandt wird, für die Anwaltsgebühren müsse doch ein Mehrwert festgesetzt werden, ist auch dies wiederum unzutreffend. Abgesehen davon, dass der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit nur auf Antrag festzusetzen ist (§ 33 RVG), bedarf es hier überhaupt keiner gesonderten Wertfestsetzung, weil bereits bindende Wertfestsetzungen nach § 32 Abs. 1 RVG vorliegen. Den Wert des Verfahrens hat das LG Köln, den Wert des Vergleichs hat das LG Düsseldorf festgesetzt. Für den Anwalt liegen also für sämtliche Gegenstände Wertfestsetzungen vor. Die Besonderheit ist lediglich, dass sich die Anwaltsgebühren z.T. aus den addierten Werten berechnen. Die Werte als solche sind für ihn jedoch dieselben.
Abgesehen davon hätte das LG Köln auch überhaupt keine Kompetenz, den Wert eines Verfahrens vor dem LG Düsseldorf festzusetzen. Welchen Wert das Düsseldorfer Verfahren hat, bestimmt allein das LG Düsseldorf bzw. auf Beschwerde das OLG Düsseldorf. Ein Gericht hat niemals die Kompetenz, Streitwerte für Verfahren vor anderen Gerichten festzusetzen. Dies könnte anderenfalls sogar zu widersprüchlichen Wertfestsetzungen führen, nämlich dann, wenn Köln eine andere Auffassung zur Bewertung vertritt als Düsseldorf.
Ist der Anwalt mit den festgesetzten Werten nicht einverstanden, muss er vor dem jeweiligen Gericht Streitwertbeschwerde erheben:
- Ist der Anwalt im Beispielsfall also der Auffassung, dass der Streitwert des Verfahrens zu gering sei, muss er vor dem LG Köln Streitwertbeschwerde erheben.
- Ist der Anwalt der Auffassung, dass der Streitwert des Düsseldorfer Verfahrens zu gering bemessen sei (und damit auch sein Vergleichsmehrwert in Köln), muss er in Düsseldorf Streitwertbeschwerde erheben. Die bestandskräftige Festsetzung im Düsseldorfer Verfahren bindet dann wiederum nach § 32 Abs. 1 RVG auch die Festsetzungsorgane vor dem LG Köln.
4. Praxistipp
Wird bei einem Vergleich über anderweitig anhängige Gegenstände ein Vergleichsmehrwert fes...