Folgt man dem generell oder jedenfalls bei Kenntnis des Infizierten von seiner Infektion nicht, kommen die zuvor genannten Tatbestandsausschlüsse nicht in Betracht. Die objektive Zurechnung des Erfolgsunrechts zu einem Verhalten kann aber ausgeschlossen sein, wenn eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung des Verletzten vorliegt. Nicht strafbar macht sich, wer das zu einer Selbstverletzung führende eigenverantwortliche Handeln des Selbstschädigers vorsätzlich oder fahrlässig veranlasst, ermöglicht oder fördert, sofern er nicht kraft überlegenen Sachwissens das Risiko besser erfasst als der sich selbst Verletzende (BGHSt 32, 262). Maßgebliches Abgrenzungskriterium zwischen strafloser Beteiligung an einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung bzw. -schädigung und der grds. tatbestandsmäßigen Fremdschädigung eines anderen ist die Trennungslinie zwischen Täterschaft und Teilnahme. Liegt die Tatherrschaft über die Gefährdungs- bzw. Schädigungshandlung nicht allein beim Gefährdeten bzw. Geschädigten, bleibt die Zurechnung bestehen (zur Tötung des Beifahrers bei einem verabredeten Autorennen BGHSt 53, 55 = NJW 2009, 1155 = VRR 2009, 109 = StRR 2009, 228 [jew. Deutscher]). Das Vorliegen der Tatherrschaft ist in den hier relevanten Fällen fraglich. Einerseits geht die Tathandlung des Infizierens vom bereits Infizierten aus. Andererseits begibt sich der Verletzte bei Kenntnis der vorhandenen Infektion des anderen bewusst und freiwillig in eine Gefahrensituation, aus der er sich anders als der Beifahrer während eines laufenden Autorennens jederzeit wieder zurückziehen könnte, sei es im häuslich-familiären Bereich oder in der Öffentlichkeit. Zudem hat der BGH eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung beim ungeschützten Sexualverkehr mit einem HIV-Infizierten nur unter dem Gesichtspunkt ausgeschlossen, dass der Verletzte von der Infektion keine Kenntnis hatte (Virus BGHSt 36, 1 Rn 38 ff. = NJW 1989, 781; AG Hamburg NJW 1989, 2071). Nimmt man in den Blick, dass das bewusste Sich-Begeben in die Nähe einer mit SARS-CoV-2 infizierten Person ein von dem Verletzten gesteuertes und beherrschtes Verhalten ist, kann die objektive Zurechnung ausgeschlossen werden, sofern Infizierter und Verletzter sich hinsichtlich Wissen und Wollen auf gleicher Höhe befinden. Das gilt erst recht in den merkwürdig anmutenden Fällen der absichtlichen Selbstinfektion (sog. Pozzing, hierzu Brand/Lotz, JR 2011, 516). Bei Personen ohne die erforderliche Verstandesreife wie etwa kleinen Kindern oder Personen mit geistiger Behinderung ist das indessen problematisch. In den Fällen sog. Masern-Partys, bei denen Eltern ihr Kind zu anderen Kindern mit ansteckenden Kinderkrankheiten schicken, um eine körpereigene Abwehr gegen die durchgestandene Erkrankung zu bilden, wird allgemein die objektive Zurechnung bejaht (Ellbogen, medstra 2016, 273; Wedlich, ZJS 2013, 559). Dann kommt allenfalls eine Rechtfertigung wegen Einwilligung in eine Fremdgefährdung in Betracht möglich, wobei die Sperre des § 228 StGB zu beachten ist.