Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht der Anspruch auf Krg, "solange die AU der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der AU erfolgt". Da der Gesetzestext auf den Beginn abstellt, könnte man annehmen, betroffen sei nur die Meldung der Erst-Feststellung. Jedoch ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG regelmäßig auch bei ununterbrochenem Bestehen von AU für jede erneute Inanspruchnahme von Krg die fristgerechte Mitteilung erforderlich (s. etwa BSG, Urt. v. 10.5.2012 – B 1 KR 20/11 R).
In einem der vom BSG am 8.8.2019 entschiedenen Fälle (B 3 KR 6/18 R, mit Anm. Knispel, NZS 2020, 141 ff.) hatte die KK dem Hausarzt des Klägers zur Übersendung von Ausfertigungen der AU-Bescheinigungen Freiumschläge übermittelt, die dieser regelmäßig verwendete. Diese Vorgehensweise war dem Kläger bekannt, er erhielt demnach bei der Feststellung von AU am 4.8.2015 das für die beklagte KK bestimmte Exemplar der Bescheinigung nicht ausgehändigt. Am 20.8.2015 stellte sich bei einer Vorsprache des Klägers in einer Dienststelle der Beklagten heraus, dass ein Zugang der AU-Bescheinigung bisher nicht nachgewiesen werden konnte. Die Beklagte entschied daraufhin, der Krg-Anspruch des Klägers ruhe vom 5.8. bis 19.8.2015. Die dagegen gerichtete Klage hatte in allen drei Instanzen Erfolg.
In dem am gleichen Tag entschiedenen Verfahren mit dem Az. B 3 KR 18/18 R waren dem Arzt des Klägers nicht von seiner KK, aber von einer anderen KK (der AOK) für die Versendung von AU-Bescheinigungen Freiumschläge zur Verfügung gestellt worden. Diese verwendete die Arztpraxis des Klägers über mehrere Jahre hinweg auch für die AU-Bescheinigungen, die für dessen KK bestimmt waren und dem Kläger folgerichtig nicht ausgehändigt wurden. Diese Bescheinigungen wurden dann von der AOK an die Beklagte weitergeleitet. Hinsichtlich des streitigen KK-Zeitraums ging die zunächst an die AOK versandte Bescheinigung bei der Beklagten verspätet ein. Die Revision des Klägers gegen das die Klage abweisende Berufungsurteil war erfolgreich.
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist die AU-Meldung an die KK eine Tatsachenmitteilung, die nicht an die Einhaltung einer bestimmten Form gebunden ist und die den Versicherten als Obliegenheit trifft. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitig erfolgten Meldung sind grds. von den Versicherten zu tragen. Die Mitteilung kann auch durch einen Vertreter übermittelt werden. Die AU muss der KK vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krg angezeigt werden, d.h. auch dann, wenn die AU seit Beginn ununterbrochen bestanden hat und wegen der Befristung der bisherigen ärztlichen AU-Feststellung über die Weitergewährung von Krg neu zu befinden ist. Die erforderliche AU-Meldung bezweckt, der KK die zeitnahe Nachprüfung der Anspruchsvoraussetzungen zu ermöglichen. Die Wochenfrist ist eine Ausschlussfrist.
Erfolgt ist die AU-Meldung entsprechend § 130 Abs. 1 und 3 BGB erst dann, wenn sie der KK zugegangen ist. Bei verspäteter Meldung ist die Gewährung von Krg selbst dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind. Das BSG hat wiederholt betont, zu einem Ruhen des Anspruchs komme es auch dann, wenn die Versicherten kein Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft. Auch eine vom Versicherten rechtzeitig zur Post gegebene, aber auf dem Postweg verloren gegangene AU-Bescheinigung kann den Eintritt der Ruhenswirkung selbst dann nicht verhindern, wenn die Meldung unverzüglich nachgeholt wird (s. etwa BSG, Urt. v. 25.10.2018 – B 3 KR 23/17 R).
Allerdings bestehen Ausnahmen von diesem Ergebnis in Sonderfällen: Das BSG hat zunächst entschieden, dass ein Ruhen dann nicht eintritt, wenn die ärztliche Feststellung oder die rechtzeitige Meldung der AU durch Umstände verhindert oder verzögert worden ist, die dem Verantwortungsbereich der KKn zuzurechnen sind und nicht demjenigen der Versicherten. Solche Umstände sind etwa der verspätete Zugang der Meldung infolge von seitens der KK selbst zu vertretenden Organisationsmängeln, die irrtümliche Verneinung der AU aufgrund medizinischer Fehlbeurteilung oder die Verneinung der AU aufgrund eines herangezogenen fehlerhaften Maßstabs für die Beurteilung der AU (s. etwa BSG, Urt. v. 16.12.2014 – B 1 KR 37/14 R, Rn 28 m.w.N.).
Das BSG hat ferner entschieden, dass unter engen Voraussetzungen nicht nur medizinische, sondern auch nichtmedizinische Fehleinschätzungen von Ärzten einen Ausnahmefall begründen können (Urt. v. 11.5.2017 – B 3 KR 22/15 R, s. ZAP F. 18, S. 1564 ff.).
Der 3. Senat des BSG entwickelt die zu den beschriebenen Ausnahmen ergangene Rechtsprechung fort. Die Erwägungen, die zu dem Fall herangezogen wurden, dass es trotz eines rechtzeitigen Arzt-Patienten-Kontakts nicht zu einer ärztlichen Feststellung der AU kam, müssten erst recht gelten, wenn die AU – wie in den vorliegenden Verfahren – durch den Arzt sogar positiv festgestellt wurde, aber auf-grund von besondere...