In der gerichtlichen Praxis hatte in den vergangenen Jahren besonders die Frage eine Rolle gespielt, ob die jeweilige Landesverordnung formell wirksam war. Dazu verlangt der eindeutige Gesetzeswortlaut, dass die Landesregierung die entsprechende Verordnung gem. Abs. 2 S. 4 begründen muss. Auf diese Weise soll die Entscheidung der Landesregierung nachvollziehbar gemacht werden. Die Begründungspflicht des § 556d Abs. 2 S. 5, 6 BGB dient dem Grundrechtsschutz. Denn diese Pflicht, die die Entscheidungen der Landesregierungen insb. im Hinblick darauf, aufgrund welcher Tatsachen die Gebiete bestimmt wurden, nachvollziehbar machen soll, steht in funktionalem Zusammenhang mit der den Inhalt des Eigentums der Vermieter ausgestaltenden Regelung des § 556 d Abs. 1 BGB. Die Bestimmung und Abgrenzung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten bedarf einer sorgsamen Überprüfung der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme, um auf diese Weise den verfassungsrechtlichen Maßgaben des Eigentumsschutzes Rechnung zu tragen. Aus der Begründung muss sich ergeben, aufgrund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt. Eine Begründung verlangt nachprüfbare Tatsachen, warum die jeweilige Gemeinde oder auch ein Gemeindeteil aufgenommen wurde. Die Bundesländer haben ganz unterschiedliche Wege der Begründung und ihrer Veröffentlichung gewählt (s. die Aufstellung bei Börstinghaus/Thiede NZM 2016, 489 [496 ff.] und die Liste der Verordnungen mit allen Gemeinden bei C. Börstinghaus ZAP 2019 F. 4 S. 1827).
Der BGH (GE 2019, 1029 = MDR 2019, 1051 = NJW 2019, 2844; dazu Beuermann, GE 2019, 1004; Börstinghaus, LMK 2019, 419557; Monschau, MietRB 2019, 257; Börstinghaus, NJW 2019, 2848; Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 19/2019, Anm. 1; Drasdo, NJW-Spezial 2019, 610) hat sich mit den damit zusammenhängenden Fragen anhand der hessischen Verordnung befasst. Der Verordnungstext der Hessischen Mietenbegrenzungsverordnung ist im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen 2015, Nr. 26, S. 397 veröffentlicht. Mit oder nach Erlass der Verordnung wurde lediglich ein Entwurf der Begründung irgendwie öffentlich bekannt. Dass es sich um einen Entwurf handelt, sei dadurch deutlich geworden, dass jede Seite quer dick mit dem Wort "Entwurf" gekennzeichnet gewesen sei. In der Folgezeit weigerte sich die hessische Landesregierung auf Nachfrage, eine Begründung herauszugeben. Irgendwann nach Erlass der ersten Entscheidungen zur Unwirksamkeit anderer Landesverordnungen wegen fehlender Veröffentlichung einer Begründung hat das Ministerium dann eine Begründung auf seiner Internetseite veröffentlicht, wobei der Zeitpunkt nicht genau feststellbar ist.
Das LG Frankfurt hatte deshalb entschieden, dass zumindest im Mai 2016 keine wirksame Verordnung vorgelegen hat. Das hat der BGH genauso gesehen. Eine im maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Rechtsverordnung lediglich im Entwurfsstadium verbliebene Begründung werde weder dem Wortlaut des § 556b Abs. 2 S. 5 bis 7 BGB noch dem Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses gerecht. Der Zielrichtung des Begründungserfordernisses genüge es ebenfalls nicht, wenn der Verordnungsgeber die dem Begründungsgebot innewohnende Verpflichtung, die Verordnungsbegründung in zumutbarer Weise an allgemein zugänglicher Stelle amtlich bekannt zu machen, erst nach dem Inkrafttreten der Rechtsverordnung erfüllt werde. Eine irgendwann erfolgte nachträgliche Veröffentlichung der Verordnungsbegründung heile diese Mängel zumindest nicht rückwirkend.
Hinweis:
Der Senat hat damit die zahlreichen Instanzurteile zur Wirksamkeit anderer Landesverordnungen bestätigt. Auch wenn zivilrechtliche Urteile – anders als verwaltungsgerichtliche Normenkontrollentscheidungen – grds. die Verordnung nicht allgemein für nichtig erklären, sondern nur eine Bedeutung für den konkreten Rechtsstreit zwischen den beiden Parteien haben, wird i.d.R. kein anderes Zivilgericht von dem Verdikt des BGH abweichen (a.A. wohl 67. ZK LG Berlin GE 2019, 1507 m. abl. Anm. Börstinghaus, jurisPR-MietR 24/2019 Anm. 1). Insofern ist die Verordnung nicht nur für Frankfurt a.M., sondern auch für ganz Hessen als unwirksam anzusehen.
Inzwischen haben das AG Mainz (Urt. v. 26.7.2019 – 79 C 302/18 m. Anm. Börstinghaus, jurisPR-MietR 22/2019 Anm. 3) die Verordnung für Rheinland-Pfalz und das AG Köln (Urt. v. 15.2.2019 – 208 C 188/18 m. Anm. Börstinghaus, jurisPR-MietR 12/2019 Anm. 1) aus dem gleichen Grund für unwirksam erklärt.
Hinweise:
Offengelassen hat der BGH die Frage, ob bereits der Verordnungstext – etwa in Form einer Bezugnahme – deutlich machen muss, dass es eine entsprechende Begründung der Landesregierung gibt und wo diese zu finden ist. Möglich sei neben der Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt auch die Veröffentlichung an anderer amtlicher Stelle, wenn gewährleistet ist, dass die Verordnungsbegründung leicht zugänglich ist.
Nach Ansicht der 67. ZK des LG Berlin (Urt. v. 10.10.2019 – 67 S 80/19) ist...