Das MietRÄndG 2013 hat zu einer Entkoppelung der Duldungspflicht von der Mieterhöhung bei Modernisierungsmaßnahmen geführt (Derleder PiG 95 [2013], 1). Dazu wurde im BGB das Kap. 1 a "Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen" in den §§ 555 a – 555 f BGB neu eingeführt. Der Mieter kann sich jetzt nicht mehr gegenüber dem Duldungsanspruch auf wirtschaftliche Härtegründe berufen. Dieser Einwand ist jetzt nur noch gegenüber der anschließenden Mieterhöhung möglich. Er muss aber grds. bereits vor Beginn der Maßnahme erhoben werden. Nach § 559 Abs. 4 S. 1 BGB ist eine Mieterhöhung ausgeschlossen, soweit sie für den Mieter eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Hierzu ist eine umfassende Einzelfallprüfung erforderlich. Wie diese im Einzelnen zu erfolgen hat, hat der BGH (NZM 2019, 928 = NJW 2020, 835 =GE 2019, 1497 = MDR 2019, 1499 = WuM 2019, 706 m. Anm Börstinghaus, LMK 2019, 422549) nun in einem Fall entschieden, in dem ein Mieter seit seiner Kindheit im Jahre 1962 durchgehend in einer ca. 86 qm großen Wohnung wohnt und hierfür 574,34 EUR zzgl. Heizkostenvorauszahlung von 90 EUR zahlt. Der Kläger lebt inzwischen alleine dort. Er bezieht ALG II und erhält dabei zur Deckung der Wohnungsmiete 463,10 EUR.
Diese finanzielle Situation stellt nach Ansicht des Senats eine wirtschaftliche Härte dar. § 559 Abs. 4 BGB mache das Vorliegen einer unzumutbaren Härte nicht davon abhängig, dass der Mieter von vornherein eine für seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse angemessene Wohnung angemietet hat. Zwar sei der Umstand, dass der Mieter gemessen an seinen wirtschaftlichen Verhältnissen und seinen Bedürfnissen eine viel zu große Wohnung nutzt, zu seinen Lasten in die Abwägung der beiderseitigen Interessen einzubeziehen, ein solcher Sachverhalt liege jedoch nicht bereits dann vor, wenn der Mieter eine Wohnung nutzt, die gemessen an den Ausführungsvorschriften zur Gewährung von staatlichen Transferleistungen zu groß ist. Diese Vorschriften bestimmten nur, welche staatlichen Unterstützungen ein Mieter zur Deckung seiner Wohnkosten erhalten kann. Mietrechtlich sei abzuwägen, ob der Mieter, der sich einer von ihm nicht beeinflussbaren Entscheidung des Vermieters ausgesetzt sieht, Modernisierungsmaßnahmen an der von ihm angemieteten Wohnung durchzuführen, trotz des Refinanzierungsinteresses des Vermieters seinen bisherigen Lebensmittelpunkt beibehalten darf. Es komme darauf an, ob die vom Mieter genutzte Wohnung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls für seine Bedürfnisse deutlich zu groß ist. Dabei können auch die Verwurzelung des Mieters in der Wohnung und seine gesundheitliche Verfassung sowie weitere im Einzelfall gegebene Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Für den Senat bedeutsam war dabei, dass der Kläger schon seit seinem fünften Lebensjahr und damit seit 1962 in der Wohnung lebt. Dem Kläger sei nicht vorzuwerfen, schon seit Beginn des Mietverhältnisses über seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu wohnen.
Nach § 559 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 BGB findet keine Härteabwägung statt, wenn der Vermieter mit der Modernisierung die Mietsache nur in einen Zustand versetzt, der allgemein üblich ist. Das ist der Fall, wenn mindestens 2/3 aller vergleichbaren Gebäude gleichen Alters unter vergleichbaren Verhältnissen in der Region den fraglichen Zustand aufweisen. Der Senat verlangt hier die Auswertung aller zugänglichen statistischen Daten oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Ebenfalls ausgeschlossen ist der Ausschlusstatbestand bei Modernisierungsmaßnahmen, die aufgrund von Umständen durchgeführt wurden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat. Hierunter fallen solche Modernisierungen, zu deren Durchführung der Vermieter rechtlich verpflichtet ist.
Hinweis:
Eine Verpflichtung besteht bei Modernisierungsmaßnahmen, die der Erfüllung sog. Nachrüstpflichten nach der Energieeinsparverordnung (EnEV), insb. nach § 10 EnEV, dienen. Hierbei handelt es sich um durch öffentlich-rechtliche Vorschriften zwingend vorgeschriebene Maßnahmen, denen sich der Vermieter nicht entziehen kann.
Davon zu unterscheiden sind die sog. bedingten Anforderungen. Diese schreiben die Einhaltung bestimmter Wärmedurchgangskoeffizienten vor, wenn der Vermieter sich entscheidet, Arbeiten an der Fassade durchzuführen. Hier besteht zunächst kein Zwang zur Durchführung der Arbeiten.
Die beiden Gruppen sind dann wieder gleich zu behandeln, wenn die Durchführung der Arbeiten für den Vermieter unausweichlich geworden ist. Dies ist z.B. bei Arbeiten an der Fassade dann anzunehmen, wenn
- die Putzfassade aufgrund altersbedingten Verschleißes ersetzt werden muss und außerdem
- die Mieter den Vermieter berechtigterweise auf Instandsetzung des Putzes in Anspruch nehmen oder eine (bestandskräftige) behördliche Anordnung zur Behebung der Schäden vorliegt. Gleiches gilt, wenn die Beseitigung von Schäden dringend aus Sicherheitsgründen geboten ist.
Nur wenn die zwingend zu sanierende F...