Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) ist § 136 Abs. 1 Nr. 1 SGB III i.V.m. § 137 ff. SGB III. Dies setzt Arbeitslosigkeit, eine – persönlich zu erbringende – Arbeitslosmeldung (§ 141 SGB III) und die Erfüllung der Anwartschaftszeit (§ 142 SGB III) voraus, § 137 Abs. 1 SGB III. Arbeitslos sind Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer nach § 138 Abs. 1 SGB III, wenn sie
- nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen (Beschäftigungslosigkeit),
- sich bemühen, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und
- den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen.
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (s. bereits Urt. v. 28.9.1993 – 11 RAr 69/92, zuletzt Urt. v. 30.8.2018 – B 11 AL 15/17 R, hierzu Sartorius ZAP F. 18, 1634 f.) ist der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses kontextabhängig und funktionsdifferent auszulegen, wobei unterschieden wird zwischen dem Begriff der Beschäftigung im versicherungsrechtlichen, im leistungsrechtlichen Sinne und hinsichtlich der bemessungsrechtlichen Beurteilung (zu letzterer s.o. BSG 30.8.2018, a.a.O.).
Im leistungsrechtlichen Sinne hat die Anspruchsvoraussetzung des Fortbestehens bzw. der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses die Funktion, das durch Leistungen der Arbeitslosenversicherung erfasste Risiko zu bestimmen. Arbeitnehmer stehen – unbesehen des Fortbestehens eines Arbeitsverhältnisses – regelmäßig nicht mehr in einem leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis, wenn die Beschäftigung faktisch ein Ende gefunden hat, wenn also die das Beschäftigungsverhältnis prägende persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten, die sich in der faktischen Verfügungsgewalt (Direktionsrecht) des Arbeitgebers und der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers ausdrückt, entfällt. Dies ist nach einer Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen. Hierbei haben Erklärungen des Arbeitgebers zu seiner weiterhin bestehenden Verfügungsbefugnis und seinem Verfügungswillen sowie der Arbeitnehmer zu einer fortbestehenden Dienstbereitschaft als Anzeichen einer faktischen Gebundenheit Bedeutung.
In dem vom BSG am 12.9.2019 – B 11 AL 20/18 R – entschiedenen Fall hatte die Arbeitgeberin dem Kläger im Februar 2016 fristgerecht zum 30.9.2016 gekündigt und ihn widerruflich von der Erfüllung seiner Arbeitspflicht unter Anrechnung seiner Urlaubsansprüche freigestellt. Der Kläger bot am 30.5.2016 seine Arbeitsleistung ab 1.6.2016 erneut an und gab unter Vorlage entsprechender medizinischer Befundberichte an, dass er unter näher mitgeteilten qualitativen Einschränkungen leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig ausüben könne. Die Arbeitgeberin lehnte seiner Arbeitsleistung ab, weil kein leidensgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Der Kläger meldete sich zum 1.6.2016 arbeitslos und beantragte bis zum 20.6.2016 Alg. Am 21. Juni nahm er seine Arbeit auf einem anderen Arbeitsplatz, der seiner gesundheitlichen Situation entsprach, erneut auf.
Die Klage des Klägers blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Das BSG hat die von ihm zugelassene Revision zurückgewiesen. Es billigt die Tatsachenfeststellungen des LSG, wonach in dem maßgeblichen Zeitraum für den Kläger jederzeit ein Arbeitsplatz hätte frei werden können und die Arbeitgeberin entsprechend dem Inhalt der nur widerruflichen Freistellung auch nach den tatsächlichen Umständen nicht auf ihr Direktionsrecht verzichtet hat. Das BSG teilt auch die Wertung des Berufungsgerichts, das Beschäftigungsverhältnis habe nicht wegen eines Wegfalls der Dienstbereitschaft des Klägers geendet, weil dieser sich durchgehend um eine Wiederaufnahme der bisherigen Tätigkeit bemüht habe.
Hinweis:
Beschäftigungslosigkeit i.S.v. § 138 Abs. 1 Nr. 1 SGB III als eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg scheidet zwar nicht zwingend schon dann aus, wenn der Arbeitgeber erklärt hat, einen Arbeitnehmer nur widerruflich von seiner Arbeitsleistung freizustellen, sondern bestimmt sich auch dann nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls.