1. Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete
Das Mieterhöhungsverfahren im frei finanzierten Wohnungsbau ist bekanntlich zweistufig ausgestaltet. Zunächst muss der Vermieter seinen Anspruch außergerichtlich geltend machen und vor allem gem. § 558a Abs. 1 BGB begründen. Hierzu kann er auf einen Mietspiegel Bezug nehmen. Nun gibt es – leider – nicht in allen Gemeinden einen (aktuellen) Mietspiegel. Deshalb musste der BGH sich in zwei Verfahren mit der Frage befassen, welche Mietspiegel vielleicht auch noch benutzt werden dürfen.
a) Zulässigkeit der Verwendung des Mietspiegels einer Nachbargemeinde
Nach Ansicht des BGH (NJW 2019, 3515 = WuM 2019, 650 = MietPrax-AK § 558a BGB Nr. 40 mit Anm. Börstinghaus; Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 22/2019 Anm 3; Börstinghaus, NZM 2019, 815; Drasdo NJW-Spezial 2019, 737) kann ein Mieterhöhungsverlangen für ein Anwesen in der Stadt Stein nicht mit dem Mietspiegel für die Stadt Fürth begründet werden. Ein Erhöhungsverlangen gem. § 558a BGB müsse in formeller Hinsicht Angaben über die Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet, und zwar in dem Umfang, wie der Mieter solche Angaben benötigt, um der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachgehen und diese zumindest ansatzweise überprüfen zu können. Daran fehle es bei der Bezugnahme auf den Mietspiegel der Nachbarstadt Fürth. Der Mietspiegel einer anderen Gemeinde ist gem. § 558a Abs. 4 S. 2 BGB nur dann ein taugliches Mittel zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens, wenn es sich um den Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde handelt. Dies sei bei den Städten Stein und Fürth nicht der Fall. Die Vergleichbarkeit sei anhand einer Gesamtbetrachtung aller Kriterien festzustellen. Der VIII. Senat folgt dabei ausdrücklich dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart (NJW 1982, 945) nicht, wonach es für die formelle Zulässigkeit des Erhöhungsverlangens bereits ausreiche, wenn die Auffassung des Vermieters, es handele sich um vergleichbare Gemeinden, nicht "offensichtlich unbegründet " ist. Denn mit einem solchen Maßstab könnte der Vermieter sein Mieterhöhungsverlangen auch mit dem Mietspiegel einer nicht vergleichbaren Gemeinde begründen, solange die fehlende Vergleichbarkeit nicht "offensichtlich" sei. Für eine dahingehende Absenkung der ohnehin nicht hohen Anforderungen an die Begründung eines Mieterhöhungsverlangens bestehe kein Anlass.
Objektiv liege auch keine Vergleichbarkeit vor. Die Stadt Fürth habe etwa 125.000 Einwohner, während die Stadt Stein nur circa 15.000 Einwohner habe. Auch stelle die Stadt Fürth ein sog. Oberzentrum i.S.d. bayerischen Landesentwicklungsprogramms dar, in dem über die zentralörtlichen Einrichtungen der Grundversorgung hinaus für die Einwohner ihres Nahbereichs auch weitere Einrichtungen des spezialisierten höheren Bedarfs vorgehalten werde. Demgegenüber handele es sich bei der Stadt Stein nicht um einen solchen zentralen Ort mit überörtlich relevanten Einrichtungen (etwa Theatern, Kinos, Krankenhäusern). Zudem befänden sich im Stadtgebiet von Stein im Gegensatz zu Fürth weder eine U-Bahn- noch eine S-Bahn-Haltestelle, was für die Erreichbarkeit der infrastrukturellen Angebote sowohl innerhalb der Stadt als auch in der Gesamtregion für die Einwohner von Bedeutung sei. Es reiche nicht aus, dass beide Gemeinden an der Stadtgrenze zu Nürnberg liegen und Nürnberg mit seinem vielfältigen kulturellen, infrastrukturellen und wirtschaftlichen Angebot von beiden Nachbar-Städten aus aufgrund des gemeinsamen Verkehrsverbunds gut zu erreichen sei. Auch die Tatsache, dass wegen dieser Nähe zu Nürnberg die Grundstückspreise in beiden Gemeinden ähnlich seien, führt nach Ansicht des Senats nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Entwicklung der Grundstückspreise lasse keine verlässlichen Rückschlüsse auf die ortsübliche Vergleichsmiete nicht zu.
b) Verwendung eines veralteten Mietspiegels
Mietspiegel geben die ortsübliche Vergleichsmiete zu einem bestimmten Stichtag wieder. Vor diesem Stichtag können sie deshalb als Begründungsmittel eines Mieterhöhungsverlangens nicht benutzt werden. Das Gesetz enthält keine Regelungen über das Ende der Mietspiegelgültigkeit. Vorgesehen ist lediglich die Fortschreibung von Mietspiegeln alle zwei Jahre, was aber nicht umgekehrt bedeutet, dass ein Mietspiegel nach Ablauf von zwei Jahren automatisch ungültig wird. Vielmehr ordnet das Gesetz in § 558a Abs. 4 S. 2 BGB gerade an, dass sogar ein veralteter Mietspiegel als Begründungsmittel benutzt werden kann. Selbst wenn in Mietspiegeln häufig im Textteil Laufzeiten vorgegeben werden, kann der Vermieter auch nach Ablauf der Laufzeit sein Erhöhungsverlangen mit diesem Mietspiegel begründen. Das gilt aber nicht schrankenlos. Ein 20 Jahre alter Mietspiegel ist mangels eines Informationsgehaltes für den Mieter zur Begründung eines Mieterhöhungsbegehrens ungeeignet. Ein auf diese Weise begründetes Mieterhöhungsverlangen ist deshalb aus formellen Gründen unwirksam (BGH NZM 2019, 852 = GE 2019, 1565 = MDR 2019, 1498 = WuM 2019, 703 m. Anm. Börstinghaus, MietRB 2019, 353; ders., jurisPR-BGHZivilR 25/2019 Anm. 2). Die Begründung des Erhöhungsverlangens soll...