Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 ff. SGB XII) umfasst u.a. die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§§ 42 Nr. 4, 42a SGB XII). Durch das Bundesteilhabegesetz v. 23.12.2016 (BGBl I S. 3234) wurden die Regelungen zur Übernahme der Unterkunfts- und Heizungskosten in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung m.W.v. 1.1.2020 weitgehend verändert. Dies war erforderlich, weil seit der Verlagerung der Eingliederungshilfe von den §§ 53 ff. SGB XII in die §§ 90 ff. SGB IX in aller Regel die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Eingliederungshilfe mitumfasst sind. Seit dem 1.1.2020 sind bei den Unterkunfts- und Heizungskosten folgende Fallkonstellationen zu unterscheiden: Aufenthalt in einer stationären Einrichtung (§ 42 Nr. 4 Buchst. b SGB XII), Wohnen in einem Mehrpersonenhaushalt mit bestimmten Familienangehörigen ohne mietvertragliche Verpflichtung zur Zahlung von Unterkunfts- und Heizungskosten (§ 42a Abs. 3 SGB XII), Wohnen in einer Wohngemeinschaft oder in einem Familienhaushalt mit Verpflichtung zur Zahlung von Unterkunfts- und Heizungskosten (§ 42a Abs. 4 SGB XII), Wohnen in einer besonderen Wohnform (persönlicher Wohnraum mit zusätzlichen Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung) (§ 42a Abs. 5 SGB XII), Wohnen in einer sonstigen Unterkunft, z.B. in einer Pension (§ 42a Abs. 7 SGB XII) und Wohnen außerhalb von stationären Einrichtungen, die nicht § 42a Abs. 3–7 SGB XII unterfallen (§ 42a Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 35 SGB XII). In seiner Entscheidung v. 23.3.2021 (B 8 SO 14/19 R; hierzu Schmidt NZS 2021, 936) musste das BSG entscheiden, ob nach § 42a Abs. 3 SGB-XII-Leistungen für Unterkunft und Heizung an Leistungsberechtigte in einem Familienhaushalt ohne mietvertragliche Vereinbarungen auch dann zu gewähren sind, wenn keine Kosten für Unterkunft und Heizung anfallen.
Der Kläger, bei dem eine autistische Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wurde, wohnte im Dachgeschoss des abbezahlten Hauses seiner Eltern. Sein Wohnbereich umfasste Schlaf- und Wohnraum und ein weiteres Zimmer, das überwiegend als Abstellfläche genutzt wurde und in dem auch (Rest)-Teile einer Küche untergebracht waren. Die ihm zugewiesenen Räume hatten eine Fläche von 30 qm. Ein Mietvertrag wurde zwischen dem Kläger und seinen Eltern nicht geschlossen. Es wurde ein Grad der Behinderung von 100 und das Merkzeichen "B" anerkannt. Die Beklagte bewilligte ab dem 1.7.2017 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, in der u.a. für Unterkunfts- und Heizungskosten 19,40 EUR und für Nebenkosten 12 EUR berücksichtigt waren. Hiergegen klagte der Kläger. Das Sozialgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 109,93 EUR für Unterkunft und Heizung. Mit der Sprungrevision rügt die Beklagte die Verletzung von § 42a Abs. 3 S. 2 und 3 SGB XII. Das BSG hat die Revision zurückgewiesen.
Rechtsgrundlage für die Übernahme der Unterkunfts- und Heizungskosten ist im entschiedenen Fall § 42a Abs. 3 SGB XII, der als lex specialis Vorrang gegenüber § 35 SGB XII hat, nach dem Leistungen nur für tatsächlich anfallende Unterkunftskosten zu erbringen sind.
Hinweis:
Nach § 42a Abs. 3 SGB XII werden bei leistungsberechtigten Personen, die mit mind. einem Elternteil, mind. einem volljährigen Geschwisterkind oder einem volljährigen Kind in einer Wohnung leben, die Unterkunftskosten i.d.R. in Höhe der Differenz der angemessenen Unterkunftskosten entsprechend der Personenzahl des betroffenen Haushalts und der angemessenen Unterkunftskosten eines Haushalts mit einer Person weniger gezahlt.
Betragen also z.B. die angemessenen Unterkunftskosten für einen Dreipersonenhaushalt 600 EUR und für einen Zweipersonenhaushalt 500 EUR werden für die Unterkunftskosten pauschal 100 EUR gezahlt.
Ergänzend enthält § 133b SGB XII eine im entschiedenen Fall aber nicht einschlägige Übergangsregelung, mit der der Besitzstand gewahrt werden soll.
§ 42a Abs. 3 SGB XII unterfallen nur Leistungsberechtigte, die in einer Wohnung leben. Nach der Legaldefinition in § 42a Abs. 2 S. 2 SGB XII ist dies "eine Zusammenfassung mehrerer Räume, die von anderen Wohnungen und Wohnräumen baulich getrennt sind und die in ihrer Gesamtheit alle für die Führung eines Haushalts notwendigen Einrichtungen, Ausstattungen und Räumlichkeiten umfassen." Diese Anforderungen erfüllt auch ein selbstgenutztes Eigenheim wie im entschiedenen Fall.
Voraussetzung nach § 42a Abs. 3 SGB XII ist weiter, dass es sich um einen Mehrpersonenhaushalt mit in dieser Vorschrift aufgezählten Familienangehörigen handelt. Mit diesen muss die leistungsberechtigte Person in einem gemeinsamen Haushalt leben. Dies bejahte das BSG im entschiedenen Fall. Da der Kläger keinen eigenen Haushalt führte, war es unschädlich, dass er einen weiteren Wohnbereich mit Abstellfläche mit (Rest-)Teilen einer Küche nutzte (Rn 14 der Urteilsgründe).
Fraglich war insb., ob – wie bei § 35 SGB XII – tatsächliche nachweisbare Aufwendungen für Unterkunft und Heizung anfallen müssen. Das BSG verneinte dies. Ande...