a) Allgemeines
In der Ladung ist mindestens bekanntzugeben:
- die Art der Verfahrensbeteiligung als Angeklagter,
- der Verfahrensgegenstand,
- der Zeitpunkt der Verhandlung,
- das Gericht, vor dem die Verhandlung stattfindet und
- der Ort der Verhandlung (Anschrift, Sitzungssaal; wegen Warnung s.u. III.3.b).
Fehlt in der Ladung die Angabe der Terminsstunde (BayObLG, Beschl. v. 10.10.1985 – 1 Ob OWi 345/85) oder ist sie unzutreffend (KG, Beschl. v. 7.3.1997 – 2 Ss 49/97; 5 Ws [B] 148/97) bzw. widersprüchlich (OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.12.1995 – 3 Ws 781/95, NStZ-RR 1996, 75) angegeben, ist die Ladung unwirksam. Dies gilt auch bei einem fehlerhaften Hinweis auf den Sitzungssaal, in dem die Hauptverhandlung stattfindet, da der Angeklagte nicht verpflichtet ist, sich zum richtigen Sitzungssaal „durchzufragen” (BayObLG, Entsch. v. 13.6.1969 – RReg. 1b St 67/69, BayObLGSt 1969, 104).
b) Warnungen und Hinweise
Nach § 216 Abs. 1 S. 1 StPO wird der auf freiem Fuß befindliche Angeklagte unter der Warnung geladen, dass im Fall seines unentschuldigten Ausbleibens seine Verhaftung oder Vorführung erfolgen werde. Die Warnung ist auch in eine wiederholte Ladung aufzunehmen, der bloße Hinweis auf eine frühere Ladung genügt insoweit nicht (OLG Hamm, Beschl. v. 14.10.2008 – 3 Ws 357/08, NStZ-RR 2009, 89). Einem der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Angeklagten ist die Warnung zudem in eine ihm verständliche Sprache zu übersetzen (KG, Beschl. v. 9.10.2020 – 4 Ws 80/20, StV 2021, 630 [Ls.]; OLG Dresden, Beschl. v. 14.11.2007 – 1 Ws 288/07, StV 2009, 348; LG Berlin, Beschl. v. 17.1.2023 – 520 Qs 3/23; dazu in Zusammenhang mit der öffentlichen Zustellung OLG Nürnberg, Beschl. v. 10.8.2021 – Ws 684/21, StraFo 2021, 509 = NStZ-RR 2022, 24). Befindet sich der Angeklagte zum Zeitpunkt der Ladung in Haft, muss die ggf. unterbliebene Belehrung nach der Entlassung nachgeholt werden (OLG Köln, Beschl. v. 16.9.2013 – III-2 Ws 502/13, StV 2014, 205), anderenfalls ist er nicht ordnungsgemäß geladen.
Hinweis:
Ladungen eines ausländischen Angeklagten, denen eine Übersetzung nicht beigefügt ist, sind „unwirksam” (KG, 2020, a.a.O.; OLG Bremen, Beschl. v. 28.4.2005 – Ws 15/05 (BL 3/05), NStZ 2005, 527; OLG Dresden, 2007, a.a.O.; OLG Köln, Beschl. v. 14.11.2019 – 2 Ws 581/19, StV 2021, 183 [Ls.]; LG Bremen, Beschl. v. 22.11.2004 – 15 Qs 453/04, StraFo 2005, 29; a.A. OLG Hamm, Urt. v. 14.12.1984 – 7 U 110/83, MDR 1985, 593; OLG Hamm, Beschl. v. 25.10.2016 – 3 RVs 72/16; OLG Köln, Beschl. v. 9.12.2014 – III-1 RVs 167/14, NStZ-RR 2015, 317; Meyer-Goßner/Schmitt, § 184 GVG Rn 3), mit der Folge, dass z.B. ein Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO nicht erlassen werden kann (KG, 2020, a.a.O.; OLG Köln, Beschl. v. 9.12.2014 – III-1 RVs 167/14, NStZ-RR 2015, 317; LG Bremen, 2004, a.a.O.; s.u. V.2.b). Nr. 181 Abs. 2 RiStBV ist allerdings nur eine Empfehlung (BVerfG, Urt. v. 17.5.1983 – 2 BvR 731/80, NJW 1983, 2762); i.d.R. wird das Nichterscheinen des Beschuldigten aber als entschuldigt anzusehen sein und es wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den §§ 44, 45 StPO in Betracht kommen (BayObLG, Beschl. v. 13.12.1995 – 4 St RR 263/95, NJW 1996, 1836; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.1.2021 – 2 RV 35 Ss 670/21; OLG Köln, a.a.O.).
In der Rechtsprechung ist umstritten, ob die „Haft-Warnung” auch zulässig ist, wenn die Ladung des Angeklagten im Ausland bewirkt werden muss, weil der Angeklagte sich dort aufhält. Diese Frage wird in der OLG-Rechtsprechung (KG, Beschl. v. 15.4.2023 – (1) 3 StE 6/11 – 1 (3/11), StV 2014, 204, betreffend Mongolei; OLG Brandenburg, Beschl. v. 21.5.2007 – 1 Ws 92/07, StV 2009, 348 [Ls.]; OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.1.1998 – 1 Ws 189/97, NStZ-RR 1999, 18; OLG Köln, Beschl. v. 18.10.2005 – 2 Ws 488/05, NStZ-RR 2006, 22; OLG Oldenburg, Beschl. v. 21.2.2005 – 1 Ws 73/05, StV 2005, 432) unter Hinweis auf die Ausübung hoheitlicher Gewalt auf dem Gebiet eines fremden Staates verneint (s. auch KK-Gmel, § 216 Rn 5 m.w.N.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 216 Rn 4; a.A. OLG Rostock, Beschl. v. 29.2.2008 – I Ws 60/08, NStZ 2010, 412).
Hinweis:
Teilweise (KG, Beschl. v. 10.11.2010 – 3 Ws 459/10, NStZ 2011, 653; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.2003 – 1 Ws 235/03, StV 2004, 325; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.9.2014 – 2 Ws 334/14 2015, 346; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.4.2014 – 1 AK 27/14, NStZ-RR 2014, 387; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.9.2016 – 3 Ws 634/16; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 13.11.2009 – 1 Ws 207/09, NJW 2010, 547 [Ls.]; LG Freiburg, Beschl. v. 20.11.2013 – 2 Qs 145/13, StRR 2014, 197 m. Anm. Rinklin) wird die Frage – z.T. nur für den Schengen/EU-Raum – u.a. unter Hinweis auf den Grundgedanken des Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) – bejaht. Danach dürfen Zwangsmittel angedroht werden, wenn einschränkend darauf hingewiesen wird, dass diese nur im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland vollstreckt werden (KG, Beschl. v. 4.9.2023 – 2 Ws 93/23; Hinweis steht auch dem Erlass eines Europäischen Haftbefehls nicht entgegen; auch Graf/Ritscher, StPO, 4. Aufl. 2021, § 216 Rn 6).
Das ...