a) Abrechnung nach Abgabenordnung
Bei jeder Beendigung eines Mandates besteht aufgrund des § 23 Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA), welche seit dem 1.6.2023 neu gefasst wurde, die Pflicht, die geleistete Tätigkeit gegenüber dem Mandanten bzw. Dritten, wie etwa einer Rechtsschutzversicherung, unverzüglich abzurechnen. Unter einer Abrechnung hat man dabei eine nach der Abgabenordnung ordnungsgemäße Rechnungslegung zu verstehen. Diese Rechnung muss daher mindestens eine Rechnungsnummer, einen Abrechnungszeitraum sowie die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Rechtsanwaltes enthalten. Außerdem ist der Rechtsanwalt grds. verpflichtet, eine schriftliche Abrechnung mit Originalunterschrift zu erteilen. Auf die inhaltliche Richtigkeit der Rechnung kommt es dabei i.S.d. § 23 BORA nicht an.
Außerdem hat die Abrechnung unverzüglich zu erfolgen. Der Begriff der Unverzüglichkeit ist an dieser Stelle wohl weiter zu fassen als etwa die Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung von Fremdgeldern. Bei Letzteren geht die berufsrechtliche Rechtsprechung regelmäßig von einer sehr kurzen Frist von bis zu drei Tagen aus. Vorliegend kann die unverzügliche Abrechnungspflicht eher als Abrechnung „ohne schuldhaftes Zögern” begriffen werden. Gerade bei komplizierten Mandatsverhältnissen mit vielen Einzelverfahren – wie etwa im Familienrecht oder bei einer Mehrheit von Mandanten/Dritten – wird man dem Rechtsanwalt für eine ordnungsgemäße Abrechnung mehr Zeit lassen müssen. Tatsächlich haben sich in der Vergangenheit Berufsrechtverstöße daher auch meist nur bei solchen Konstellationen ergeben, wo bei gleichzeitiger Zahlung hoher Vorschüsse nach Mandatsende keinerlei Abrechnung auch noch nach Monaten erfolgt ist. Wurde dann auf Intervention des Mandanten oder der Rechtsanwaltskammer abgerechnet, ergaben sich häufig hohe Rückzahlungsverpflichtungen des betroffenen Rechtsanwaltes wegen vereinnahmter Gebührenüberschüsse.
Eine solch verspätete Abrechnung kann nicht nur berufsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, sondern ist durchaus auch strafrechtlich relevant. Zu denken ist hier etwa an den Tatbestand der (versuchten) Untreue oder auch des (versuchten) Betruges. Darüber hinaus existiert der Tatbestand der Gebührenüberhebung, dessen Anwendung aber meist auf die Fälle beschränkt ist, bei denen Gebührentatbestände schlicht erfunden wurden.
b) Aufrechnung mit Fremdgeldern
Ist formal durch den Rechtsanwalt ordnungsgemäß abgerechnet worden, kann dieser seinen offenen Gebührenanspruch auch mit bestehenden Fremdgeldern aufrechnen. Eine Aufrechnung ist allerdings nur mit Fremdgeldern, die dem Mandanten zustehen gem. § 4 Abs. 2 BORA möglich. Insoweit gilt der Grundsatz: Erst abrechnen, dann aufrechnen.
c) Amtliche Verwahrung von Vermögenswerten und Fremdgeldern
Gehen Vermögenswerte und Gelder nach Beendigung des Mandates bei dem Rechtsanwalt ein, sind diese, genau wie während des bestehenden Mandates, sorgfältig zu behandeln. Insbesondere sind Fremdgelder nach wie vor unverzüglich an den Berechtigten weiterzuleiten, soweit es sich tatsächlich um Fremdgelder handelt, § 43a Abs. 7 BRAO, § 4 Abs. 1 S. 1 BORA. Ist eine Weiterleitung nicht möglich, etwa weil eine Kontaktaufnahme mit dem früheren Mandanten scheitert, wird der Rechtsanwalt die Gelder in amtliche Verwahrung geben müssen. Keinesfalls kann er sie auf eigenen Konten „verwahren”. Auch die Verwahrung auf einem Fremdgeldkonto dürfte problematisch sein, da völlig offen ist, wann dieses Geld weitergeleitet werden kann.
d) Abtretung der Honoraransprüche
Hat der Rechtsanwalt im Vorfeld des Mandates seine Honoraransprüche nach § 49b Abs. 4 S. 1 BRAO an andere „Rechtsanwälte oder eine Berufsausübungsgesellschaft” abgetreten, dürfte ihn eine eigene Abrechnungsverpflichtung nicht mehr bei Mandatsende treffen. Allerdings ist eine solche Abtretung nur mit ausdrücklicher schriftlicher Einwilligung des Mandanten möglich, § 43b Abs. 4 S. 2 Hs. 2 BRAO. Zudem muss der Mandant über die Informationspflichten des abtretenden Rechtsanwaltes an den neuen Gläubiger vor der Erteilung der Einwilligung durch den Rechtsanwalt aufgeklärt werden. Immerhin ist nämlich eine sinnvolle Verfolgung des Honoraranspruches seitens des neuen Gläubigers nur dann möglich, wenn dieser den Inhalt des Mandates genau kennt. Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht ist daher gegenüber diesen Rechtsanwälten durch den abtretenden Rechtsanwalt nicht mehr einzuhalten. Wird gegen die Hinweispflichten verstoßen, ist die Abtretung i.d.R. unwirksam.
Möglicherweise kommen in diesem Fall Schadenersatzansprüche der die Abtretung annehmenden Kanzlei in Betracht. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass bei einer unwirksamen Abtretung möglicherweise bereits relevante Informationen über das Mandat formal an Dritte weitergegeben wurden. Neben dem berufsrechtlichen Überhang, der zu einem Berufsrechtsverfahren führen dürfte, sind hier strafrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Der Verstoß gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung stellt den Tatbestand des Geheimnisverrates zum Nachteil des Mandanten dar und führt im schlimmsten Fall sogar zu einem Verlust der Rechtsanwaltszulassung.