Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte unterliegen bei ihrer Tätigkeit der Verschwiegenheit. Entsprechende Vorschriften finden sich in § 43a Abs. 2 S. 1-3 BRAO sowie in § 2 Abs. 1 S. 2 BORA.
Die Verschwiegenheitsverpflichtung des Rechtsanwaltes ist während des bestehenden Mandats allgemein den Berufsträgern bestens bekannt. Schwieriger gestaltet sich die Frage der Verschwiegenheit jedoch, wenn das Mandat endet und der Rechtsanwalt sich über die Fortdauer der Verschwiegenheitsverpflichtung aus konkretem Anlass Gedanken machen muss.
Dabei sind verschiedene Fallkonstellationen nach Mandatsende zu unterscheiden.
a) Abrechnung gegenüber Rechtsschutzversicherung
Im Falle der Abrechnung des Mandates gegenüber einer Rechtsschutzversicherung ist inzwischen wohl allgemeine Meinung, dass den Rechtsanwalt gegenüber der Rechtsschutzversicherung keine Verschwiegenheitsverpflichtung trifft. Vielmehr ist sogar von einer konkludenten Entbindung von der Schweigepflicht durch den Mandanten auszugehen, wenn dieser zum Zwecke der Abrechnung dem Rechtsanwalt seine Rechtsschutzversicherungsdaten übermittelt. Insoweit liegt keinerlei Berufsrechtsverstoß vor.
b) Gerichtliche Durchsetzung des Gebührenanspruchs
Erfolgt die Abrechnung des Mandats gegenüber dem Mandanten und zahlt dieser nicht, wird der Rechtsanwalt seinen Gebührenanspruch gerichtlich durchsetzen müssen. Auch insoweit wird er sich in die Lage versetzt sehen, den Inhalt des Mandates, etwa zur Erläuterung der Kriterien nach § 14 Abs. 1 RVG, gegenüber dem Gericht offen legen zu müssen. Ein Berufsrechtsverstoß wird hier nur vermieden, wenn der Rechtsanwalt in seiner Klageschrift zunächst ausschließlich darlegt, dass eine anwaltliche Dienstleistung Gegenstand der Forderung ist und in welcher Höhe diese geltend gemacht wird. Verteidigt sich der Mandant sodann im Folgenden gegen den Gebührenanspruch des Rechtsanwaltes, anstatt ihn schlicht anzuerkennen, darf der Rechtsanwalt im nächsten Schriftsatz dann die Einzelheiten des Mandates in aller Ausführlichkeit zur Begründung der geltend gemachten Forderung schildern. Insofern geht das Berufsrecht nämlich davon aus, dass in der Verteidigungshaltung des früheren Mandanten gegen den Gebührenanspruch seines Rechtsanwaltes jedenfalls zumindest eine konkludente Einwilligung in die Entbindung von der anwaltlichen Schweigepflicht zu erblicken ist. Auch hier drohen weder Verfahren wegen Verstoßes gegen das Berufsrecht noch Schadenersatzansprüche des Mandanten.
c) Strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Rechtsanwalt
Kommt es nach Beendigung des Mandates und mit diesem in Zusammenhang stehend einmal zu einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Rechtsanwalt, ist dieser ebenfalls nicht an seine anwaltliche Schweigepflicht gebunden. Dies folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip, da sich jeder, auch ein Rechtsanwalt, gegen einen strafrechtlichen Vorwurf vollumfänglich verteidigen können muss. Dies gilt selbst dann, wenn der Mandant selbst in keiner Weise Anlass für die strafrechtliche Verfolgung des Rechtsanwaltes gegeben hat.
d) Auskunftswunsch Dritter
Problematisch ist des Weiteren der Fall, wenn Dritte nach Beendigung des Mandates Auskunft über dasselbe wünschen. Das Problem des auskunftssuchenden Insolvenzverwalters ist zuvor bezüglich der Herausgabe der Handakte bereits angesprochen worden. Denkbar sind aber auch etwa Erben, die Auskunft über das frühere Mandat wünschen. Hier wird der Rechtsanwalt den mutmaßlichen Willen seines früheren Mandanten erforschen müssen und dann selbst entscheiden, ob er einem solchen Auskunftsverlagen entspricht. Ein einklagbarer Auskunftsanspruch ist abzulehnen. Allerdings könnte sich der Rechtsanwalt dem Versuch ausgesetzt sehen, im Falle seines Schweigens bei geeigneten Fällen auf Schadenersatz verklagt zu werden.