Eine interessante, nach Münch „begrüßenswerte”, Neuregelung ist die Möglichkeit einer Anordnung des Betreuungsgerichts gegenüber dem Bevollmächtigten, die Vollmacht nicht zu nutzen (das Wort „ausüben” scheint unglücklich, da sie keine Aufgabe ist – das ist der regelmäßig zugrunde liegende Auftrag) und die Urkunde vorübergehend abzuliefern, § 1820 Abs. 4 BGB. Bei unklaren Fällen und auch in der Zeit zwischen einem Widerruf und der Wirksamkeit der Genehmigung kann es zu einem unschönen Nebeneinander von der noch bevollmächtigten Person und dem Kontrollbetreuer kommen und unter Umständen zu Nachteilen für den Vollmachtgeber. Die Regelung verbessert die Situation in Fällen, in denen ein Missbrauchsverdacht besteht und schnell eine Absicherung erfolgen sollte, aber noch nicht gewiss ist, ob ein (endgültiger) Widerruf angezeigt ist.
Auch wenn der Begriff der „Suspendierung” naheliegt und griffig ist, trifft er nicht gänzlich zu, weshalb auch der des „Ausübungsverbotes” gebraucht wird. Eine vorübergehende Aufhebung der Vertretungsmacht ist nämlich gerade nicht möglich. Trotz der Anordnungen des Betreuungsgerichts bleibt diese Vertretungsmacht bestehen und der Bevollmächtigte könnte den Vollmachtgeber wirksam vertreten. Praktisch wird ihm das in vielen Fällen nicht mehr möglich sein, wenn er die Urkunde nicht mehr vorlegen kann, beispielsweise bei Grundstücksgeschäften.
a) Voraussetzungen
Für eine Suspendierungsanordnung gem. § 1820 Abs. 4 BGB muss der Bevollmächtigte die Person des Vollmachtgebers oder sein Vermögen erheblich gefährden (Nr. 1) oder den Betreuer in seiner Tätigkeit behindern (Nr. 2). Die Anforderungen sind recht hoch und sollten nach hiesiger Ansicht nicht zu streng gesehen werden. Schließlich handelt es sich nicht um einen unwiederbringlichen Widerruf, für den strenge Anforderungen sinnvoll sind. Es soll hier eine Situation gesichert werden, bei der noch vieles unklar ist und ggf. Umstände wie eine dringende Gefahr noch sehr schwer darzulegen, ggf. einige nur zu vermuten sind. Bei einer strengen Auslegung könnte die Suspendierung im Ergebnis mit einem Widerruf einhergehen, was sie sinnlos werden lassen würde.
b) Rechtsfolgen
Die Herausgabe wird gem. § 285 FamFG durch Beschluss angeordnet, der nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 FamFG vollstreckbar ist. Eine Möglichkeit zur Sanktionierung von Zuwiderhandlungen des Bevollmächtigten konnte der Autor nicht entdecken. Auch eine strafrechtliche Verfolgung etwa wegen Untreue „nur” bei einem Verstoß gegen die gerichtliche Anordnung ist fraglich, da der Bevollmächtigte ja immer noch im Rahmen seiner – weiter bestehenden – Vertretungsmacht handeln würde.
Insofern wird sich zeigen, ob diese Norm im Ernstfall zahnlos ist: Bei der Innenvollmacht kann der andere Teil bei nicht formbedürftigen Geschäften weiter auf den Bestand der Vollmacht vertrauen, wenn er die Anordnung nicht kennt, denn sie ist nicht widerrufen, § 171 BGB. Wenn der Bevollmächtigte entgegen der Anordnung des Gerichts als Außenvollmachten erteilte Vorsorgevollmachten (also regelmäßig Ausfertigungen) nicht herausverlangt und an das Gericht herausgibt, kann der Teil, dem die Urkunde vorliegt, ebenfalls auf den Bestand vertrauen, wenn ihm die Anordnung unbekannt ist, §§ 171 f. BGB.
Trotz Schwächen in der Umsetzung ist diese Suspendierungsmöglichkeit ein neues und sinnvolles Mittel, welches nach hiesiger Ansicht genutzt werden sollte, um Schaden für den Vollmachtgeber abzuwenden. Hat der Bevollmächtigte nämlich einen solchen Beschluss erhalten, kann er sich kaum auf Unkenntnis berufen, also darauf, dass er meint, noch handeln zu dürfen. In vielen Fällen wird also auch faktisch oder psychologisch einem unlauter handelnden Bevollmächtigten Einhalt geboten werden können.