Der erste gesetzgeberische Grund betrifft Sachverhalte, in denen die Eigentumsverhältnisse keine Rolle spielen. Die Ehegatten haben vor der Schenkung einen Gegenstand gemeinschaftlich genutzt, der einem von ihnen gehört hat, und sie nutzen ihn nach der Schenkung an den anderen in gleicher Weise. Es wird sich dabei in erster Linie um gemeinsame Gebrauchsgegenstände handeln wie beispielsweise Hausrat, einen Pkw oder das Familienwohnheim.
Aber wie verhält es sich, wenn die Schenkung zum sofortigen Verbrauch bestimmt war oder ohne eine solche Bestimmung tatsächlich verbraucht worden ist? Standardbeispiel für die erste Variante ist die Kreuzfahrt um die Welt in mehr als 80 Tagen – oder als neuere Beispiele ein Wellnessurlaub in Los Cabos in Mexiko für 14 Tage zu 59.400 $ oder ein Shopping-Wochenende in London mit Aufenthalt in der Top-Suite des Dorchester-Hotels für 35.000 $ pro Tag. Die zweite Variante lässt sich am Beispiel der fehlgeschlagenen Existenzgründung erläutern: Ein Ehegatte will sich selbstständig machen, der andere finanziert das Vorhaben auf einem Weg, der am Ende nicht in die Selbstständigkeit führt, sondern ins finanzielle Nichts. Hierher gehören auch die Fälle, in denen der geschenkte Gegenstand, dessen Genuss beide Ehegatten hatten, veräußert und der Erlös von einem oder beiden verbraucht wurde.
Dann gibt es Gegenstände, bei denen es nicht um gemeinsamen Gebrauch geht, sondern um Nutzungen, so bei einem vermieteten Mehrfamilienhaus. Die Mieten stehen nach der Schenkung dem anderen Ehegatten zu, nur er kann über die Mieten und über das Hausgrundstück verfügen. Worin soll hier der fortdauernde Genuss des schenkenden Ehegatten bestehen? Darin, dass die Mieten weiterhin zum Familienunterhalt verwendet werden? Aber was, wenn sie der beschenkte Ehegatte nur für seine persönlichen Bedürfnisse verwendet?
Arglistiges Verhalten mit Blick auf den Pflichtteilsberechtigten kann einer Schenkung durchaus zugrunde liegen. Aber das ist nicht immer pflichtteilsrelevant. In der Noch-Normalfamilie sind Kinder mit beiden Elternteilen verwandt, sodass sich ihre Pflichtteilsansprüche durch Schenkungen zwischen den Eltern nur zeitlich hinausschieben oder vermindern lassen, aber nicht zur Gänze ausschließen. Denn was im Nachlass des einen Elternteils nach einer Schenkung fehlt, findet sich im Nachlass des andern wieder. Dass es bei Patchworkfamilien anders ist, mag sein. Aber sie hatten die Väter des BGB nicht vor Augen.
Somit lässt sich festhalten, dass die Fristlosigkeit für jede Ehegattenschenkung eine zu grobe Typisierung bedeutet. Eine Differenzierung nach der Art der Schenkung ist von der Sache her angezeigt.