Die Tatbestände der Verstöße gegen die Behaltensregelungen wurden im Vergleich zu dem bis zum 31.12.2008 geltenden Recht entschärft. So hat sich der Betrag der schädlichen Überentnahme nach § 13 a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG von EUR 52.000,– auf EUR 150.000,– erhöht. Positiv hervorzuheben ist insbesondere, dass der Gesetzgeber die Kritik der Literatur an der Umwandlungssperre des § 13 a Abs. 5 Nr. 4, letzter HS ErbStG aufgegriffen und diese Sperre beseitigt hat.
(1) Insolvenz
Klärungsbedürftig bleiben weiterhin die Fälle der Insolvenz. Bei Gewerbebetrieben bedeutet die Insolvenz formal die Aufgabe des Gewerbebetriebs mit der Folge, dass gegen die Behaltensregelung des § 13 a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG verstoßen wird. Die in § 13 a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG als behaltensschädlich eingestufte Auflösung der Kapitalgesellschaft erfolgt unter anderem durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG; § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG). In einem Verfahren auf einstweilige Anordnung hat der BFH ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Erbschaftsteuerbescheides insoweit geäußert, als die Steuerbegünstigung des § 13 a ErbStG aF nachträglich für das im Konkurs der KG verlorene Vermögen entzogen worden war. Zu § 13 Abs. 2 a Satz 3 ErbStG 1994/1995 vertrat der BFH – unter Aufgabe der teleologischen Reduktion – die Auffassung, dass der Wegfall der Steuerbefreiung unabhängig davon eintritt, aus welchen Gründen das begünstigt erworbene Betriebsvermögen veräußert oder der Betrieb aufgegeben wurde; eine teleologische Reduktion des Nachversteuerungstatbestandes komme insoweit nicht in Betracht.
Die teleologische Reduktion wurde vom BFH unter anderem mit der Bewertung des Betriebsvermögens durch den Ansatz der Steuerbilanzwerte versagt, wobei er sich zur näheren Begründung auf seine Vorlageentscheidung vom 22.5.2001 bezog. Nachdem sich nun der durch die Vorlageentscheidung eröffnete Kreis mit der Reform zumindest auf der Bewertungsebene in völliger Übereinstimmung mit der in der Vorlageentscheidung geäußerten Auffassung des BFH geschlossen hat, stellt zumindest diese Erwägung kein Argument gegen die Versagung der teleologischen Reduktion dar.
Die unbefriedigende Situation, dass ein Erwerber begünstigten Vermögens wegen der Insolvenz zur Nachsteuer herangezogen wird, was durchaus seine Privatinsolvenz zur Folge haben kann, lässt sich auch durch die Anwendung der im Gesetzgebungsverfahren erweiterten Reinvestitionsklausel des § 13 a Abs. 2 Satz 3 ErbStG vermeiden. Hiernach ist in den Fällen von § 13 a Abs. 5 Nr. 1, 2 und 4 ErbStG von der Nachversteuerung abzusehen, wenn der Veräußerungserlös innerhalb der nach § 13 b Abs. 1 ErbStG begünstigten Vermögensart verbleibt. Der Wortlaut verlangt nur ein Verbleiben, keine Reinvestition. Die Tilgung betrieblicher Schulden wird vom Finanzausschuss ausdrücklich als ausreichend genannt. Ziel des Insolvenzverfahrens ist aber gerade die Schuldentilgung (§ 1 Satz 1 InsO).
Werden die Insolvenzfälle – sei es aufgrund teleologischer Reduktion, sei es in Anwendung von § 13 a Abs. 2 Satz 3 ErbStG – nicht als Verstoß gegen die Behaltensregelungen gesehen, ist mE auch die Erhebung der Nachsteuer wegen Unterschreitung der Mindestlohnsumme gesperrt, da die Behaltensregelungen vorrangig sind. Denn wenn etwa ein Gewerbebetrieb oder Anteile an einer Kapitalgesellschaft innerhalb der Behaltensfrist veräußert werden, ergibt sich der Nachsteuertatbestand aus dem Verstoß gegen die Behaltensregelungen unabhängig von der Einhaltung der Mindestlohnsumme.
(2) Beendigung des Pools
Neu geschaffen wurde der Nachsteuertatbestand der Aufhebung der Stimmrechtsbündelung (§ 13 a Abs. 5 Nr. 5 ErbStG). Stimmrechtpools sind BGB-Gesellschaften. Ihre Kündbarkeit aus wichtigem Grund kann als Ausdruck eines seit der Schuldrechtsreform in § 314 BGB kodifizierten allgemeinen Rechtsgrundsatzes nicht abbedungen werden. Ein Verschulden des Gesellschafters auf dessen Person sich der für den wichtigen Grund in Betracht kommende Umstand bezieht, ist nicht erforderlich. Der Kündigungsgrund kann deshalb auch in schwerer körperlicher oder geistiger Krankheit oder in hohem Alter des Gesellschafters liegen, wenn diese Umstände für die Mitgesellschafter die Fortsetzung der Zusammenarbeit in der Gesellschaft unzumutbar machen. Weitere denkbare unverschuldete Gründe bilden etwa der finanzielle Zusammenbruch eines Gesellschafters. Faktisch lässt sich das Risiko der Verwirklichung dieses Nachsteuertatbestandes dadurc...