Auf der dritten Ebene der Ermittlung der Steuerbelastung hat die Reform die bereits ausgiebig diskutierte erhebliche Verschärfung der Tarife für die Angehörigen der Steuerklasse II, die Neuregelung der Entlastung nach § 19 a ErbStG, einen zusätzlichen Stundungstatbestand sowie insbesondere die Neufassung der Nachsteuer gebracht.
Die Reduzierung der Doppelbelastung mit Erbschaft- und Ertragsteuern wurde mit § 35 b EStG versucht, der entweder sprachlich verunglückt oder deutlich hinter der notwendigen Zielsetzung zurückgeblieben ist.
1. Entlastungsbetrag
Der Entlastungsbetrag nach § 19 a ErbStG für natürliche Personen, die der Steuerklasse II der III angehören, gilt für den nicht unter § 13 b Abs. 4 ErbStG fallenden Teil des Vermögens im Sinne des § 13 b Abs. 1 ErbStG (§ 19 a Abs. 2 ErbStG). Durch diese Verweisungstechnik wird zunächst erreicht, dass der Entlastungsbetrag nur in den Fällen eines unschädlichen Anteils des Verwaltungsvermögens von nicht mehr als 50 % gewährt wird. Weiterhin ergibt sich daraus, dass ein Entlastungsbetrag bei Wahl der Optionslösung natürlich nicht in Betracht kommt.
In den Genuss des Entlastungsbetrages kommen nur Erwerber, die nicht aufgrund von Teilungsanordnungen Abtretungs- oder Einziehungsklauseln oder im Rahmen der Erbauseinandersetzung Vermögen im Sinne des § 13 b Abs. 1 ErbStG übertragen müssen oder freiwillig übertragen (§ 19 a Abs. 2 Satz 2 ErbStG).
Die Berechnung des Entlastungsbetrages erfolgt wie bisher, wobei nicht nur 88 % des Unterschiedsbetrages nach § 19 a Abs. 4 ErbStG, sondern (wieder) 100 % des Unterschiedsbetrages in Ansatz zu bringen sind. Als Grund für den Wegfall des Entlastungsbetrages nennt § 19 a Abs. 5 ErbStG nur den Verstoß gegen die Behaltensregelungen des § 13 a ErbStG innerhalb von 7 bzw. 10 Jahren. Die Unterschreitung der Ausgangslohnsumme wird durch § 13 a Abs. 1 Satz 5 ErbStG erfasst. Da sich der nicht unter § 13 b Abs. 4 ErbStG fallende Teil des Vermögens im Sinne des § 13 b Abs. 1 ErbStG durch die Verminderung des Verschonungsabschlags erhöht, müsste nach dem Wortlaut von § 19 a Abs. 2 Satz 1 ErbStG eine Anhebung des Entlastungsbetrages erfolgen, was aber kaum gewollt sein dürfte.
2. Zusätzliche Stundungstatbestände
Für Immobilien, die nicht Gegenstand dieses Beitrags sind, wurden in § 28 Abs. 3 ErbStG zusätzliche Stundungstatbestände eingeführt. Nahe gelegen hätte es aber, bei dieser Gelegenheit auch für den Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften Stundungsmöglichkeiten vorzusehen.
3. Nachsteuer
a) Mindestlohnsumme
§ 13 a Abs. 6 ErbStG verpflichtet den Erwerber, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Ablauf der Lohnsummenfrist (§ 13 a Abs. 1 Satz 2 ErbStG 7 Jahre; § 13 a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG 10 Jahre) das Unterschreiten der Lohnsummengrenze im Sinne von § 13 a Abs. 1 Satz 2 ErbStG anzuzeigen. Unterschreitet die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen die Mindestlohnsumme, vermindert sich der nach § 13 a Abs. 1 Satz 1 ErbStG zu gewährende Verschonungsabschlag mit Wirkung für die Vergangenheit in demselben prozentualen Umfang, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wurde.
Der Bericht des Finanzausschusses vom 26.11.2008 enthält hierzu folgendes Beispiel:
Zitat
"Die Summe der jährlichen Lohnsummen in den 7 Jahre erreicht 585 % der Ausgangslohnsumme und liegt damit 65 % unter der Mindestlohnsumme von 650 %, das entspricht 1/10. Der Verschonungsabschlag verringert sich um 1/10 von 85 % auf 76,5 %. "
Beträgt der gemeine Wert eines Betriebs im Besteuerungszeitpunkt EUR 10 Mio., bleiben zunächst EUR 8,5 Mio. steuerfrei und EUR 1,5 Mio. sind zu versteuern. Wegen des Verstoßes gegen die Lohnsummenregelung bleiben dann nur noch EUR 7,65 Mio. steuerfrei und EUR 2,35 Mio. sind zu versteuern. Die zunächst gezahlte Steuer wird verrechnet.“
Das Beispiel zeigt, dass – dem Wortlaut von § 13 a Abs. 1 ErbStG entsprechend – sich die Mindestlohnsumme in Höhe von 650 % der Ausgangslohnsumme auf den 7-Jahres-Zeitraum bezieht. Das bedeutet, dass im Durchschnitt in jedem Jahr der Weiterführung 92,85 % (650 % : 7) erreicht werden müssen, um eine Nachsteuer wegen Unterschreitung der Mindestlohnsumme zu vermeiden.
Im Vergleich hierzu bedeutet das Optionsmodell – sofern es aufgrund des Anteils des Verwaltungsvermögens eröffnet ist – keine signifikante Verschärfung. Hier müssen im Durchschnitt 100 % der Ausgangslohnsumme gehalten werden, wobei sich nicht wenige Mandanten – das Ziel der Nullversteuerung ihres Unternehmens fest im Auge – sagen werden, sie hätten schließlich 3 Jahre länger Zeit, den erforderlichen Durchschnitt der Lohnsumme zu erreichen. Diese Intention wird dadurch bestärkt, dass die unwiderrufliche Erklärung der Option nach § 13 a Abs. 8 ErbStG bis zur (formellen) Bestandskraft der Steuerfestsetzung abgegeben werden kann.
Die Ermittlung der Lohnsumme wurde auf den EU-/EWR-Raum begrenzt mit der Folge, dass die Verlagerung von Arbeitsplätzen in Drittstaaten zulasten der maßgeblichen Lohnsumme geht. Interesse...