Leitsatz
1. Der Pflichtteilsanspruch ist eine vermögensrechtliche Forderung, die für die Prozesskosten gem. § 115 III ZPO iVm § 90 SGB XII grundsätzlich einzusetzen ist.
2. Der Einsatz eines Pflichtteilsanspruchs gem. § 115 III ZPO scheidet allerdings aus, wenn die Geltendmachung dem Prozesskostenhilfe begehrenden Antragsteller nicht zumutbar ist, etwa weil der Erbe gezwungen wäre, das Familienheim zu veräußern, wenn er den Pflichtteilberechtigten auszahlen müsste.
OLG Bremen, Beschluss vom 17. April 2008 – 5 WF 13/08
Aus den Gründen
Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567, 569 ZPO statthafte und auch im Übrigen in zulässiger Weise, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers, der das FamG nicht abgeholfen hat, hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Antragsteller hat nicht hinreichend substanziiert dargetan, prozesskostenhilfebedürftig iSv §§ 114, 115 ZPO zu sein.
I. Der Senat folgt der Auffassung des FamG, wonach es dem Antragsteller ausnahmsweise zuzumuten ist, im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit, bei der er in umfangreicher Weise am Geschäfts- und Wirtschaftsleben teilnimmt und im Rahmen des üblichen Geschäftsgangs erhebliche Verbindlichkeiten eingeht, die Prozesskosten im Wege eines Kredits zu finanzieren. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Begründung des FamG in dem Nichtabhilfebeschluss vom 12.2.2008.
II. Daneben ist es dem Antragsteller auch zuzumuten, seinen gegenüber seiner Mutter bestehenden Pflichtteilsanspruch für die Prozesskosten einzusetzen.
Sein Vater ist nach dem unstreitigen Vortrag am 20.1.2008 gestorben. Die Eltern hatten dem Vortrag des Antragstellers zufolge ein gemeinschaftliches Testaments errichtet, wonach der Elternteil, der den anderen überlebt, Erbe wird; der Antragsteller ist als Schlusserbe eingesetzt. Damit hat der Antragsteller – was er selbst auch einräumt – einen Pflichtteilsanspruch gegen seine Mutter erworben. Denn der von der Erbfolge nach dem Erstverstorbenen ausgeschlossene Schlusserbe kann als Abkömmling des erstverstorbenen Erblassers vom Überlebenden seinen Pflichtteil fordern (Palandt/Edenhofer, BGB, 67. Aufl., § 2269 Rn 11).
Es handelt sich bei dem Pflichtteilsanspruch um eine vermögensrechtliche Forderung, die für die Prozesskosten gem. § 115 Abs. 3 ZPO iVm § 90 SGB XII grundsätzlich einzusetzen ist (BFH, BFH/NV 1991, 181).
Zwar scheidet der Einsatz eines Pflichtteilsanspruchs gem. § 115 Abs. 3 ZPO dann aus, wenn die Geltendmachung dem Prozesskostenhilfe begehrenden Antragsteller nicht zumutbar ist. Dass der Einsatz des Pflichtteilsanspruchs vorliegend unzumutbar ist (etwa weil der Erbe gezwungen wäre, das Familienheim zu veräußern, wenn er den Pflichtteilberechtigten auszahlen müsste), hat der Antragsteller indes nicht dargelegt. Allein sein pauschaler Hinweis, es verbiete sich für ihn, "finanzielle Forderungen gegenüber seiner Mutter in dieser Hinsicht zu stellen", reicht nicht aus. Zutreffend hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass die Prozessfinanzierung in solchen Fällen nicht auf die Allgemeinheit überbürdet werden kann.
Für den Antragsteller führt die Geltendmachung des Pflichtteils auch zu keinem materiellen Nachteil. Weder liegt in ihr ein Verzicht auf die Schlusserbschaft noch eine Ausschlagung derselben; eine Sanktion ist nur möglich, wenn die Erblasser eine solche geregelt haben (Palandt/Edenhofer, aaO), was nach dem vom Antragsteller vorgelegten Testament indes nicht der Fall ist.
Dass der Pflichtteil nicht ausreicht, hiervon die Prozesskosten zu zahlen, hat der Antragsteller nicht dargetan. Ebenso wenig hat er vorgetragen, dass er den Pflichtteilsanspruch nicht realisieren könne.