Infolge einer gesellschaftsvertraglichen Fortsetzungsklausel kommt es zum Anwachsungserwerb der verbleibenden Gesellschafter. Dieser führt an und für sich noch zu keiner erbschaftsteuerlich relevanten Bereicherung. Denn grundsätzlich steht der Anwachsung eine gleichwertige Zahlungsverpflichtung gegenüber den Erben des verstorbenen Gesellschafters gegenüber. Da gem. § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB dieser Abfindungsanspruch der Erben dem Verkehrswert des Anteils des Ausscheidenden entspricht, kommt es – soweit keine Abfindungsbeschränkungen eingreifen – zu keiner steuerpflichtigen Vermögensmehrung auf Seiten der verbleibenden Gesellschafter.
Anders stellt sich die Situation aber dar, wenn der Abfindungsanspruch der Erben durch entsprechende gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen beschränkt ist. In diesen Fällen kann eine Steuerpflicht sowohl nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG als auch nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG eintreten.
(1) Steuerpflicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG
Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG unterliegt der Erwerb durch Anwachsung der Erbschaftsteuer, wenn es sich bei dem gesellschaftsvertraglich ausbedungenen Abfindungsverzicht des verstorbenen Gesellschafters um eine (ausdrückliche) Schenkung auf den Todesfall an seine Mitgesellschafter handelt.
Diese Frage ist mitunter nur sehr schwer zu beantworten, da es im Wesentlichen darauf ankommt, ob sich die diversen von den verschiedenen Gesellschaftern erbrachten Leistungen in einem Gleichwertigkeitsverhältnis gegenüberstehen. In allen Fällen, in denen die Gesellschafter zu gleichmäßigen Erfolgsbeiträgen verpflichtet sind und ihnen auch eine gleichberechtigte Teilhabe am Erfolg der Gesellschaft zusteht, können gesellschaftsvertragliche Leistungsabreden nicht die Grundlage unentgeltlicher Zuwendungen bilden. Aus diesem Grunde führen Abfindungsklauseln, die eine Gleichbehandlung aller Gesellschafter wahren, grundsätzlich nicht zu schenkungsteuerpflichtigen Tatbeständen. Vielmehr handelt es sich um die Regelung der Modalitäten der gesellschaftlichen Beitragspflicht.
Bei einer zivilrechtlich wirksamen abfindungsbeschränkenden Gesellschaftsvertragsklausel dürften diese Voraussetzungen regelmäßig vorliegen. Eine Steuerpflicht gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG ist daher nur in Ausnahmefällen gegeben.
(2) Steuerpflicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG
Der Gesetzgeber hat die oben dargestellte Konstellation ebenfalls erkannt und daher schon mit dem Erbschaftsteuergesetz 1974 die nach wie vor gültige Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG in das Gesetz aufgenommen. Hierbei handelt es sich um eine Sonderregelung für die Rechtsnachfolge in Gesellschaftsanteile (sowohl bei Personen- als auch bei Kapitalgesellschaften), bei der das Gesetz zwei Fiktionen aufstellt, nämlich zum einen, dass der Anteilserwerb durch Anwachsung unentgeltlich erfolge und zum anderen, dass der Umfang dieses Vermögenszuwachses in der Differenz zwischen dem steuerlich maßgeblichen Wert des Anteils im Todeszeitpunkt und dem Wert der tatsächlich zu begleichenden Abfindungsansprüche Dritter (insbesondere der Erben des verstorbenen Gesellschafters) bestehe. Eine sich in einer tatsächlichen Zahllast auswirkende Erbschaftsteuerpflicht entsteht also nur, wenn bzw. soweit der gem. § 12 Abs. 5 ErbStG iVm § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG festzustellende Anteilssteuerwert über dem Wert des Abfindungsanspruchs liegt.
Angesichts der bisherigen privilegierten erbschaftsteuerlichen Bewertung von Anteilen an Personengesellschaften (§§ 95 ff BewG aF) fielen diese Wertdifferenzen in der Praxis zumeist nur sehr gering aus, sodass auch die erbschaftsteuerpflichtigen Erwerbe vergleichsweise geringe Volumina hatten. Darüber hinaus standen den verbleibenden Gesellschaftern die Vergünstigungen der §§ 13 a bzw. 19 a ErbStG zu. Insgesamt waren daher die erbschaftsteuerlichen Belastungen der verbleibenden Gesellschafter als eher gering einzustufen.
Dieses bisherige Schattendasein des in § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG geregelten Erwerbstatbestandes hat aber nunmehr durch die Neuregelung des Bewertungsrechts und dem damit einhergehenden Ansatz auch des unternehmerischen Vermögens mit dem jeweiligen Verkehrswert sein Ende gefunden. Umso bedeutsamer ist daher die Frage, ob bzw. in welchem Umfang den Beteiligten die in § 13 a ErbStG vorgesehenen Verschonungen sowie ggf. der Entlastungsbetrag nach § 19 a ErbStG zugute kommen können.
(3) Anwendbarkeit der §§ 13 a, 19 a ErbStG
Da § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG den steuerpflichtigen Erwerb aufgrund des Eingreifens einer gesellschaftsvertraglichen Fortsetzungsklausel als Erwerb von Todes wegen definiert bzw. fingiert, ist der Anwendungsbereich der §§ 13 a, 13 b und 19 a ErbStG grundsätzlich eröffnet. Zum alten Recht hatte die Finanzverwaltung dies in R55 Abs. 2 Satz 5 ErbStR ausdrüc...