Das Vergleichswertverfahren ist für Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen (Wohnungseigentum) und Geschäftsobjekte im Teileigentum gesetzlich vorgeschrieben. Ein- und Zweifamilienhäuser sind Wohngrundstücke mit ein oder zwei Wohnungen. In § 181 Abs. 2 Satz 2 BewG ist gesetzlich der Wohnungsbegriff definiert. Eine Wohnung setzt eine Mindestfläche von 23 m2 voraus; es muss eine Küche, ein Bad und WC vorhanden sein. Die Wohneinheit muss gegenüber anderen Räumen/Wohnungen eine abgeschlossene Einheit mit eigenem Zugang bilden. Dabei werden die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs übernommen.[10] Eine Mitbenutzung für betriebliche (gewerbliche, freiberufliche oder land- und forstwirtschaftliche) oder öffentliche Zwecke ist unschädlich, wenn diese weniger als 50 %, berechnet nach der Wohn- oder Nutzfläche, beträgt und die Eigenart des Grundstücks als Ein- oder Zweifamilienhaus nicht beeinträchtigt.[11] Die Definition soll inhaltlich R 175 Abs. 2 ErbStR 2003 entsprechen. Wohnungs- und Teileigentum ergibt sich aus dem Zivilrecht.

Im Vergleichswertverfahren erfolgt die Bewertung des ganzen Grundstücks (Grund und Boden und Gebäude) in einem Arbeitsgang. Dabei wird der gemeine Wert regelmäßig aus tatsächlich realisierten Kaufpreisen von anderen Grundstücken abgeleitet, die hinreichend vergleichbar sind. Vorrangig ist auf die von den Gutachterausschüssen ermittelten Vergleichskaufpreise zurückzugreifen. Fehlen Vergleichskaufpreise, können Vergleichsfaktoren zur Bewertung herangezogen werden, z. B. der Quadratmeterpreis/Wohn-/Nutzfläche bei Eigentumswohnungen in der Lage X oder ein Ertragsfaktor (das x-Fache der des Jahresreinertrags), wenn diese von den Gutachterausschüssen der betreffenden Kommune ermittelt werden (§ 182 Abs. 2 Satz 3 BewG). Betreffen diese Vergleichsfaktoren nur das Gebäude, ist natürlich noch der Wert des Grund und Bodens dazuzurechnen. Bisher haben allerdings nur wenige Gutachterausschüsse solche Vergleichsfaktoren für bauliche Anlagen ermittelt und veröffentlicht.

Die steuerliche Bewertung funktioniert im Grunde genauso wie die übliche Kaufpreisbildung für derartige Immobilien. Insbesondere bei gewöhnlichen Eigentumswohnungen wird der Kaufpreis nach m2-Preis ge- und verkauft. Bei normalen Ein- und Zweifamilienhäuser gilt dies nur bedingt, z. B. für Reihenhäuser, Ein- und Zweifamilienhäuser in entsprechenden Wohngebieten. In vielen traditionellen Wohngebieten, in kleinen Gemeinden, in denen wenig Grundstücksverkehr stattfindet, oder in wenig besiedelten Gebieten und bei ungewöhnlichen Immobilien werden zeitnahe Vergleichskaufpreise schwer festzumachen sein. Hier bedarf es schon bewertungsrechtlicher Findigkeit und Kreativität. Außerhalb der Regelfälle dürften Steuerpflichtige ohne qualifizierte Beratung kaum einen zutreffenden Wert für die Anwendung des Vergleichswertverfahrens erklären und auch die Bewertungsstelle in den besonders gelagerten Fällen jedenfalls ohne verwaltungsaufwendige Ermittlungen keinen "zutreffenden" Wert feststellen können.

 
Praxis-Beispiel

Angenommen, der örtliche Gutachterausschuss hat für Eigentumswohnungen nach Lage, Alter, Ausstattung Vergleichpreise pro m2 Wohn-/Nutzfläche ermittelt, z. B. für den Stadtteil S-T bei einem Baualter von 20 Jahren und mittlerer Qualität einen Wert von 1.800 EUR bis 2.150 EUR. Dann wäre eine geschenkte etwa 20 Jahre alte Eigentumswohnung mittlerer Qualität in diesem Stadtteil bei einer Fläche von 100 m2 mit 180.000 bis 215.000 EUR zu bewerten.

Die gut beratenen Steuerpflichtigen werden im Zweifel den günstigeren Wert erreichen können.

Wertbeeinflussende Rechte und Belastungen (z. B. Belastungen privat- und öffentlich-rechtlicher Art) werden aus Vereinfachungsgründen bei der steuerlichen Bewertung nicht berücksichtigt. Ein deswegen niedrigerer Wert muss ggf. gem. § 198 BewG durch den Steuerpflichtigen nachgewiesen werden. Außerdem: Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs derartige Belastungen nach Maßgabe des § 10 Abs. 6 ErbStG zusätzlich bereicherungsmindernd abzusetzen, ausgenommen wiederum Belastungen mit Nießbrauch- oder Wohnrecht.

Versagt die Vergleichswertmethode für Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen/Teileigentum im Einzelfall, ist ersatzweise das Sachwertverfahren anzuwenden (§ 182 Abs. 4 Nr. 1 BewG).

[10] Flint, Der Wohnungsbegriff im Bewertungsrecht, DB 2008, 726–728.
[11] Hinweis: Für die Zuordnung zu einer Grundstücksart stellt das neue Recht nicht – wie etwa bei der Einheitsbewertung (§ 75 BewG) – auf das Verhältnis der Jahresrohmieten ab. Es kann also nicht immer auf die Grundstücksart lt. Einheitswertbescheid abgestellt werden.

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