Die befristete Beschwerde der Antragstellerin ist gem. den §§ 58 ff FamFG zulässig. Die nach dem Sterbefall am 5. Februar 2009 eingeleitete Erbenermittlung nach § 41 LFGG BW ist eine Verrichtung von Amts wegen. Die Erteilung eines Erbscheins setzt dagegen einen entsprechenden Antrag (§ 2353 BGB) voraus. Das Erteilungsverfahren darf nicht von Amts wegen eingeleitet werden.
Der entsprechende Antrag wurde unter Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 2356 Abs. 2 BGB am 30. Oktober 2009 beim Notariat – Nachlassgericht – Leutkirch im Allgäu I gestellt, mithin nach dem Inkrafttreten des FamFG am 1. September 2009 (Art. 112 FGGRG). Nachdem es sich nicht um ein Amtsverfahren, sondern um ein ausschließliches Antragsverfahren handelt, ist nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGGRG das neue Recht anwendbar (Engelhardt in Keidel, FamFG, 16. Aufl. 2009, Art. 111 FGGRG Rn 4).
Das Nachlassgericht hat den Antrag durch Beschluss gem. § 38 FamFG zurückgewiesen. Hiergegen ist die Beschwerde gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthaft (Meyer-Holz in Keidel, aaO, § 58 FamFG Rn 43 und 48). Die Antragstellerin ist gem. § 59 Abs. 2 FamFG beschwerdeberechtigt. Der Beschwerdewert ist gem. § 61 Abs. 1 FamFG erreicht und das Rechtsmittel wurde innerhalb der gesetzlichen Frist des § 63 Abs. 1 FamFG in der vorgeschriebenen Form (§ 64 Abs. 2 FamFG) beim Notariat (§ 64 Abs. 1 FamFG) eingelegt.
Nach neuem Recht ergibt sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts als Beschwerdegericht aus § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG nF iVm § 23 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 GVG nF, § 38 LFGG.
(...) Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb durch Beschluss (§ 69 FamFG) zurückzuweisen. (...) Der Antragstellerin steht als nichtehelicher Tochter des vorverstorbenen Bruders der Erblasserin kein Erbrecht zu. Dies folgt aus Art. 12 I § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder (NEhelG), nachdem sie vor dem 1. Juli 1949 geboren wurde.
Die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung wurde vom BVerfG wiederholt bestätigt mit der Grundsatzentscheidung vom 8. Dezember 1976 (NJW 1977, 1677), der Entscheidung vom 3. Juli 1996 (Az. BvR 563/96) nach der deutschen Wiedervereinigung und im Nichtannahmebeschluss vom 20. November 2003 (FamRZ 2004, 433), dem die Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 29. September 2003 (OLGR 2003, 448) vorausging, die wiederum der Individualbeschwerde Nr. 3545/04 gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte 5. Sektion (EGMR) zugrunde lagen. Die Beschwerde wurde von diesem am 28. Mai 2009 (FamRZ 2009, 1293) dahin entschieden, dass die in Art. 12 I § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG enthaltene Regelung, nach der die vor dem 1. Juli 1949 geborenen nichtehelichen Kinder von der gesetzlichen Erbfolge nach ihrem Vater ausgeschlossen sind, gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 14 iVm Art. 8 EMRK verstößt.
Hierauf stützt die Antragstellerin ihre Beschwerde und verweist im Übrigen auf den "Görgülü-Beschluss" des BVerfG vom 14. Oktober 2004 (NJW 2004, 3407). Danach erstreckt sich die Bindungswirkung einer Entscheidung des EGMR gem. Art. 59 Abs. 2 iVm Art. 19 Abs. 4 GG auf alle staatlichen Organe und Gerichte. Diese sind grundsätzlich verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit sowie unter Beachtung der Bindung an Gesetz und Recht i. S. von Art. 20 Abs. 3 GG einen fortdauernden Verstoß gegen die MRK zu beenden und einen konventionsgemäßen Zustand herzustellen. Hat der EGMR einen Konventionsverstoß festgestellt und dauert dieser an, so müssen sich die zuständigen Behörden oder Fachgerichte bei ihrer Verhältnismäßigkeitsprüfung mit den Abwägungsergebnissen der Entscheidung erkennbar auseinandersetzen und gegebenenfalls nachvollziehbar begründen, warum sie der völkerrechtlichen Rechtsauffassung gleichwohl nicht folgen. Hat der EGMR danach eine innerstaatliche Vorschrift für konventionswidrig erklärt, so kann diese entweder völkerrechtskonform ausgelegt werden oder der Gesetzgeber hat die Möglichkeit, sie zu ändern. Solange im Rahmen geltender methodischer Standards Auslegungs- und Abwägungsspielräume eröffnet sind, trifft deutsche Gerichte die Pflicht, der konventionsgemäßen Auslegung den Vorrang zu geben. Die Konventionsbestimmung ist in der Auslegung des EGMR jedenfalls in die Entscheidungsfindung einzubeziehen, das Gericht muss sich zumindest gebührend mit ihr auseinandersetzen (BVerfG NJW 2004, 3407).
Das BVerfG hat in dem Nichtannahmebeschluss vom 20. November 2003 (FamRZ 2004, 433) festgestellt, dass das Vertrauen des Erblassers auf die Fortgeltung des bisherigen Rechtszustands die Beeinträchtigung der Grundrechte aus Art. 6 Abs. 5, 3 Abs. 1 GG durch Art. 12 I § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG rechtfertigt – selbst unter Berücksichtigung der seit der Grundsatzentscheidung vom 8. Dezember 1976 (BVerfG NJW 1977, 1677) eingetretenen tatsächlichen und rechtlichen Änderung der Verhältnisse. Vielmehr habe der Aspekt des Vertrauensschutzes durch diese Entscheidung noch an Bedeutung gewonnen, da aufgrund ihrer die Erb...