Nach der Pause formulierte die Vorsitzende Richterin am OLG Hamm Dorothea Elisabeth Brumberg ihre Erwartungen an die Erbrechtswissenschaft. Brumberg sah eine bisher nicht ausreichend geklärte Problematik in der Bestimmung des Pflichtenkreises des Testamentsvollstreckers, insbesondere in der Haftung bei Abgabe der Steuererklärung. Außerdem fühle sich die Richterschaft bei der Behandlung des Höferechts von der Wissenschaft weitgehend alleine gelassen.
Dr. Andreas Frieser, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein, sprach im Sinne der Devise "Probleme miteinander diskutieren" den Praktikern Mut zu, ihre eigenen "im Verborgenen schlummernden Fälle" auf Veranstaltungen wie dieser zu präsentieren. Des Weiteren wünsche er sich eine vertiefte Diskussion über das "Große Nachlassgericht" analog dem Großen Familiengericht.
Eberhard Rott, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge e. V. (AGT), sah Erbrechtswissenschaft und Erbrechtspraxis dazu aufgefordert, das erbrechtliche Grundprinzip, das in der weitgehenden Freiheit vor staatlicher Einflussnahme liege, gemeinsam hochzuhalten. Konkret bedeute das für ihn zurzeit die Verhinderung einer Sittenwidrigkeitskontrolle von Testamenten und die Bewahrung der Unabhängigkeit des Testamentsvollstreckers. Weiterhin durfte Rott im Rahmen der AGT ankündigen, für den Testamentsvollstreckertag am 24.11.2010 in Bonn werde die Auslobung eines AGT-Preises für hervorragende wissenschaftliche Leistung im Gebiet des Testamentsvollstreckungsrechts vorbereitet.
Michael Rudolf, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (DVEV), wies darauf hin, dass der Anteil der Erbrechtswissenschaftler im Vergleich zur gesellschaftlich stark zunehmenden Bedeutung des Erbrechts immer noch unterdurchschnittlich sei. Sein Appell führe dahin, die juristische Ausbildung im Erbrecht durch die Wissenschaft für alle Beteiligten zu stärken.
Zum Schluss der Veranstaltung bedankte sich Prof. Muscheler bei allen Referenten. Die Vorträge, die von den Referenten unentgeltlich vorbereitet wurden, erscheinen in einem Tagungsband im Frühjahr 2011. Weiterhin kündigte Prof. Muscheler an, dass das Bochumer Erbrechtssymposium künftig jährlich, im nächsten Jahr am 16. September 2011, an der Ruhr-Universität stattfinden werde. Zu diesem Zweck sei kürzlich der Verein "Hereditare – Wissenschaftliche Gesellschaft für Erbrecht e. V." als Schwesterorganisation zu "Fundare e. V." gegründet worden. Alle Erbrechtspraktiker und Erbrechtswissenschaftler seien herzlich eingeladen, Hereditare e.V. beizutreten. Ein Mitgliedsantrag stehe auf der Lehrstuhlhomepage zum Download bereit.
Prof. Muscheler kündigte an, seine wissenschaftliche Arbeit in den nächsten Jahren verstärkt an der Entwicklung gemeinsamer rechtlicher Grundstrukturen uneigennützigen Verhaltens auszurichten. Selbstloses Handeln in den drei Formen der Gründung einer Stiftung (fundare), des generationenübergreifenden Vererbens (hereditare) und des lebzeitigen Schenkens (donare) werde für die Gesellschaft zunehmend wichtiger. Die dritte Variante – das "Donare" – solle deswegen in den beiden bestehenden Vereinigungen mitbehandelt werden.